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Mit Klient*innen verhandeln / Kontext Sozialhilfe / Beziehungsaufbau in der Sozialhilfe

  • Die Ziele für die Zusammenarbeit zwischen Sozialarbeiter*innen und Klient*innen und die Vorstellungen über die Vorgehensweise gehen bei den Beteiligten (Klient*innen, andere am Problem oder der Lösung Beteiligte, PSA aus deren professionellen Sichtweise, das offizielle Mandat, denen PSA verpflichtet sind) auseinander.
  • Mit Hilfe geeigneten Verhandlungstechniken schaffen PSA eine gemeinsame Ausgangslage, auf deren Hintergrund Vereinbarungen möglich sind.
  • PSA unterliegen dem Spannungsfeld des Tripelmandates und sind bestrebt allen Perspektiven gerecht zu werden.
  • Die/der PSA erklärt den Klient*innen die Rahmenbedingungen und zeigt Konsequenzen von Verhaltensweisen auf, so dass die Klient*innen diese berücksichtigen können.
  • Die Klient*innen benötigen beim Erschliessen von Ressourcen die Unterstützung der PSA.

Kontext

Damit  Anspruch auf Sozialhilfe erhoben werden kann, muss eine antragstellende Person ein Unterstützungsgesuch (UG) mit sämtlichen bedürftigkeitsrelevanten Unterlagen bei der Sozialhilfe einreichen. Diese Unterlagen werden von einem Team von kaufmännischen Mitarbeitenden (KSB) unter der Leitung eines Sozialarbeiters gesammelt, in Absprache und mit Unterstützung der antragsstellenden Personen ergänzt und zu einem möglichst aussagekräftigen Antrag verdichtet. Dieses Dossier wird danach einem Sozialarbeiter des “Intakes” zugeteilt, wo die Erstgespräche mit den antragstellenden Personen geführt werden.

In den Erstgesprächen geht es darum, die persönliche und finanzielle Situation der antragsstellenden Personen zu erfassen, Unklarheiten zu klären und darauf basierend das weitere Vorgehen zu entscheiden. Zur Abstützung dieses Entscheides kann auf weitere Teammitglieder, Teamleitung (TL), Abteilungsleitung (AL), Rechtsdienst (RD) und Sozialversicherungsspezialist*innen (FGS) zurückgegriffen werden, um bei Unsicherheiten eine Zweitmeinung bzw. fachspezifische Expertise hinzuzuziehen.

Nach maximal sechsmonatiger Unterstützungsdauer findet eine Fallübergabe vom Intake in die Sozialberatung statt. Je nach Fallkomplexität und Ablösewahrscheinlichkeit werden die Dossiers an PSA (komplexe Fälle, schwierige Klientel im Umgang, hohe Ablösewahrscheinlichkeit) oder an KSB (geringe Ablösewahrscheinlichkeit, “einfacher Umgang”, Klientel wollen keine sozialarbeiterische Unterstützung) mit Fallführung übergeben.

Der Fokus der Sozialberatung I & II (jeweils gleiches Tätigkeitsfeld aber in unterschiedliche Abteilungen aufgeteilt) richtet sich auf die Sozialberatung mit mittel- und langfristigem Charakter. Das bedeutet, dass man davon ausgeht, dass die Klientel aufgrund ihrer individuellen Aufstellung längerfristig durch die Sozialhilfe unterstützt werden.  In Sozialberatung der Sozialhilfe steht nicht primär eine rasche Ablösung von der Sozialhilfe im Vordergrund, sondern der Mensch mit seinen Ressourcen und seinen Problemfeldern. Die PSA in der Sozialberatung sind häufig eine erste Anlaufstelle für Menschen mit sozialen und gesundheitlichen Schwierigkeiten. Mithilfe der Beratungsgespräche wird gemeinsam mit den Klientinnen und Klienten angeschaut, welche Unterstützungsformen angezeigt wären und ob eine Triage an weitere Stellen (z.B. Suchtberatung, Psychiatrie, Opferhilfe, Familienberatung etc.) sinnvoll wäre. In der Sozialberatung I & II bleiben die regelmässigen Prüfungen und die Aktivierung von subsidiären Leistungsansprüchen bestehen. Der PSA versucht mit den KlientInnen nicht aktivierte subsidiäre Leistungsressourcen zu aktivieren (z.B. Anmeldung RAV, IV-Anmeldung, Familienzulagen etc.). Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit verschiedenen Professionen und Fachstellen hat dabei einen hohen Stellenwert.

Ausgangslage

Familie XY ist seit Juni 20XX bei der Sozialhilfe in Unterstützung. Die Familieneinheit besteht aus dem Ehemann bzw. Dossierträger (DT) 48J. , der Ehefrau (EF) 32J. und ihren fünf Kindern im Alter zwischen 3 und 12 Jahren. Die Familie war bereits zwischen 20XX und 20XX für ein Jahr in Unterstützung.

Die Familie meldete sich erneut bei der Sozialhilfe an, da der DT seine Arbeit verloren hatte. Zuvor hatte sich der DT bereits als ledige Person einmal im 20XX bei der Sozialhilfe angemeldet. Der PSA hat das Dossier von einer Kollegin übernommen, die gekündigt hatte.

Der DT und die EF werden von der Sozialhilfe als gesund und arbeitsfähig eingeschätzt. Der DT hat eine Verkäuferausbildung, die EF ist mit 31 Jahren in einem Alter, in dem sie aus Sicht der Sozialhilfe noch eine Ausbildung starten könnte. In den vergangenen Jahren ist das Ehepaar dadurch aufgefallen, dass sie in Bezug auf Arbeitssuche und dem Erscheinen zu Gesprächsterminen keiner Mitwirkung nachgekommen sind. Das heisst, sie haben weder Arbeitsbemühungen oder Arztzeugnisse eingereicht, noch haben sich dazu bereit gezeigt, an einer Arbeitsintegrativen Massnahme teilzunehmen. Aus diesem Grund kürzte die Vorgängerin des PSA den Grundbedarf der Klientel für 3 Monate um 10%. Eine Veränderung der Haltung hat bisher trotz der Sanktionierung nicht stattgefunden. Im September 20XX erschienen die Klienten nach mehreren erfolglosen Gesprächseinladungsversuchen zum Erstgespräch im Büro des PSA. Nach den ersten Formalien (Vorstellung, Erklärung weshalb es einen Zuständigkeitswechsel gab etc.), hat das Ehepaar dem PSA ziemlich bald ihre Haltung aufgezeigt, im Sinne von, dass von ihnen nicht viel zu erwarten sei. Der DT äusserte, dass er aufgrund der langen Arbeitslosigkeit zu demotiviert sei sich zu bewerben und dass er keinen Sinn dahinter sehe. Die EF äusserte, sie sei für die Kinderbetreuung zuständig und weigere sich, die Kinder in Fremdbetreuung zu geben, da es in Kitas und anderen ausserschulischen Institutionen sowieso nur Pädophile gäbe. Das Ehepaar äusserte, sie könnten sich nur vorstellen zu arbeiten, wenn ihnen die Sozialhilfe eine persönliche Nanny finanzieren würde. Die EF wolle voll und ganz für ihre Kinder da sein. Dass der DT die Kinderbetreuung übernimmt, damit sie eine Ausbildungsstelle suchen oder antreten könnte, können sie sich nicht vorstellen. Der PSA hat zwar Verständnis für die Haltung gezeigt, dass die EF ihre Kinder am liebsten selber betreuen möchte, hat aber gleichzeitig auch aufgezeigt, dass sie damit ihren Pflichten gegenüber der Sozialhilfe nicht nachkommen, zumal die Sozialhilfe viele der Tagesbetreuungseinrichtungen für Kinder finanziert. Daher beharrte der PSA auf das Einreichen von Arbeitsbemühungen. In den kommenden Monaten gehen, wie von den KlientInnen vorangekündigt, keine Arbeitsbemühungen ein.

Situation

Im Folgegespräch konfrontiert der PSA das Ehepaar erneut mit ihrem Verhalten. Der DT meint, er würde nur noch arbeiten, wenn man ihm eine Stelle anbieten würde, da Bewerbungen keinen Sinn ergeben würden. Zudem habe er von einem Programm gehört, bei dem er arbeiten könne und von der Sozialhilfe den Lohn mit Freibetrag erhalte. Der PSA erklärt ihm, dass es dieses Programm tatsächlich gäbe, es aber für Personen ab 55 Jahren vorenthalten sei. Er könnte aber trotzdem versuchen dort einen Platz für den DT zu erhalten. Da uns aber keinerlei Bemühungsversuche von dem DT in Bezug auf Arbeitssuche vorliegen und der PSA seine Motivation zu Arbeiten in Frage stellt, verfügt der PSA vorgängig, dass er für 10 Tage unentgeltlich an einem Arbeitsprogramm teilnimmt, bei welchem geschaut wird, ob der DT pünktlich und zuverlässig arbeiten kann. Die Ehefrau beharrt darauf, dass sie sich nicht um Arbeitsstelle oder einen Ausbildungsplatz bemühen wolle, da die Kinderbetreuung nicht von einer pädophilen Kita abgedeckt werden soll. Das Aufzeigen möglicher Sanktionen durch die Sozialhilfe scheint sie nicht zu beeindrucken. Der PSA zeigt den KlientInnen auf, dass diese eigenverantwortlich handeln und die daraus entstehenden Konsequenzen in Kauf nehmen müssen.

Erste Sequenz: Begrüssung und Joining

Der PSA begrüsst den DT und die EF in den Büroräumlichkeiten der Sozialhilfe. Nach der Begrüssung mit kurzem Joining, setzten sich alle Beteiligten hin und der PSA erläutert kurz den Ablauf des Gesprächs (Zeitlicher Rahmen und Themen).

Reflection in Action

  • Emotion EF: skeptisch und abweisend, die Begrüssung fällt wortkarg aus. Widerwillig und verschlossen, weiss nicht was ich hier zu suchen habe.
  • Emotion DT: Unsicher, teilnahmslos und widerwillig. Ich möchte nicht hier sein, ich bin aber verpflichtet dazu. Lustlos, da muss ich jetzt halt durch.
  • Emotion Professionelle/r: Positiv überrascht, dass beide da sind, weil dies nicht selbstverständlich ist. Ambitioniert und hoffnungsvoll; ich möchte etwas verändern und es schaffen etwas in Bewegung zu bringen. Perplex über das Auftreten der Klienten; so würde ich nie an einen offiziellen Termin gehen! Unsicher und angespannt. Die Zeit drängt und es gibt viele Themen zu besprechen und viel Klärungsbedarf. Unsicherheit hinsichtlich Gesprächsverlauf und Umgang mit der Situation und möglichen Verhalten der Klienten. Angst vor Weisungskaskaden angeführt durch Vorgesetzte die dann durch PSA vollzogen werden müssen.
  • Kognition Professionelle/r: Es ist mir wichtig, einen (zeitlichen) Rahmen für das Gespräch zu setzen, weil dies für beide Seiten Orientierung gibt. Ich möchte einen guten Einstieg in das Gespräch ermöglichen und begrüsse die Klienten herzlich und offen. Ich zeige meiner Anerkennung darüber, dass die Klienten heute zum Gespräch erschienen sind und zeige ihnen meine Wertschätzung dafür. Der zeitliche und institutionelle Druck macht mir zu schaffen, ich muss die Klienten in eine Richtung bewegen, möchte aber auch auf die Bedürfnisse der Klienten eingehen. Ich weiss, was passieren kann wenn die Klienten nicht kooperieren, darum muss ich eine umfassende Abklärung ermöglichen, um meine eigne Handlungsfreiheit im Fall erhalten zu können.

Zweite Sequenz: Konfrontation

Der PSA konfrontiert die KlientInnen mit ihrem Verhalten, dass die KlientInnen keine Arbeitsbemühungen eingereicht haben. Er nimmt dabei klar Stellung und benennt, welche Verhaltensweisen für die Zusammenarbeit problematisch sind. Der PSA zeigt auf, dass die Klienten ihrer Mitwirkungspflicht und der Schadensminderungspflicht nicht nachkommen.

Reflection in Action

  • Emotion EF: verschlossen und abwehrend, ich möchte dass das Gespräch bald vorbei ist. Orientierungslos, was habe ich hier zu suchen?
  • Emotion DT: Teilnahmslos, ablehnend, ich habe keine Lust mir das anzuhören. Unverstanden, missachtet – ich bin hier noch nie verstanden worden. Ratlos, mutlos, es läuft hier ja immer gleich ab.
  • Emotion PSA: Ambivalente Gefühle, gewisse lustlosigkeit und resignation, es haben schon so viele vor mir probiert etwas zu verändern, habe keine Lust das Gespräch zu führen und diese Kontrollfunktion inne zu haben. Herausgefordert (positiv) und elektrisiert, wie kann ich mit dieser Situation umzugehen? Kann ich etwas verändern? Das Unbekannte gefällt mir auch.
  • Kognition PSA: Ich gehe routiniert und mit wenig Emotionen an das Gespräch heran. Ich erkläre die Argumente nachvollziehbar für das Klientel und welche Rahmenbedingung herrschen. Die Haltung der Organisation möchte ich dabei klar kommunizieren, ich will Klarheit schaffen ohne bereits Druck zu machen. Ich möchte aufzeigen was bisher schon geschehen ist, um einen Bezug zur aktuellen Situation herzustellen. Der Beziehungsaufbau ist mir wichtig, ich beziehe mich auf die Fallgeschichte und zeige dadurch mein Wissen und Interesse an der Geschichte und aktuellen Situation der Klienten. Ich zeige Verständnis für die unangenehme Situation der Klienten.

Dritte Sequenz: Stellungnahme Klientel

Der PSA gibt den KlientInnen Raum, um zu seinen Äusserungen ihrerseits Stellung zu beziehen. Er hört den KlientInnen aufmerksam zu und nimmt deren Aussagen vorerst kommentarlos zur Kenntnis. Die KlientInnen wollen auf keinen Fall eine Fremdbetreuung in Form einer Kita oder ähnlichem für die Kinder in Anspruch nehmen, damit sie sich um die Arbeitsintegration kümmern können. Dabei ist die EF die Wortführerin und wehrt sich vehement gegen eine Fremdbetreuung der Kinder, da dort nur Pädophile arbeiten würden. Der DT stimmt dem zu, verhält sich aber eher passiv. Gemäss Aussage des DT, reiche deren Lohneinkommen sowieso nicht, um sich von der Sozialhilfe abzulösen. Die KlientInnen sind sich in ihren Äusserungen sehr einig und widersprechen sich nicht.

Reflection in Action

  • Emotion EF: unbeeindruckt, widerwillig, ich leiste schon sehr viel, wiso sollte ich mich um Arbeit oder einen Ausbildungsplatz bemühen?!Empört und bestimmt, ich schicke meine Kinder doch nicht in die Kita, ich habe kein Vertrauen in die Mitarbeiter dort. Dort arbeiten doch nur Pädophile!
  • Emotion DT: Resigniert, es ist ja immer wie bisher, ich frage ein bisschen rum und schaue was sich ergibt. Widerwillig, verbittert, es bringt doch eh nichts, ich bekomme nur Absagen und der Lohn reicht sowiso nicht um meine Familie zu versorgen. Verschlossen, widerstrebend, ich weiss nicht was noch von mir erwartet wird, ich bekomme ja doch keine Stelle und die Sozialhilfe hat mir auch noch nie geholfen.
  • Emotion PSA: Offen und interessiert, ich bin aufmerksam und offen für die Perspektive der Klienten. Ich verspüre aber auch Druck bei der Vorstellung, wie ich die Klienten dazu bewegen soll den Anforderungen der SH Folge zu leisten.
  • Kognition PSA: Ich öffne die Situation bewusst, um den Klienten die Möglichkeiten zur geben, ihre Perspektive einzubringen. Ich möchte dadurch das Machgefälle abbauen und die Klienten zur Mitwirkung anregen. Ich möchte es den Klienten ermöglichen, sich Gehör zu verschaffen und ihre Situation darzulegen. Ich höre aktiv zu und nehme die das Gehörte kommentarlos zur Kenntnis. Ich will in der Situation professionell auftreten und dabei neutral bleiben.

Vierte Sequenz: Verhandeln mit Klientel

Die EF zeigt sich wenig beeindruckt von den Aussagen des PSA. Der DT möchte, dass die Sozialhilfe einen Job anbietet. Er hat davon gehört, dass die Sozialhilfe Stellen auf dem zweiten Arbeitsmarkt anbietet bei welchem er einen Lohnfreibetrag von CHF 400.00 erhalten würde. Der PSA erklärt, dass diese Arbeitsplätze eigentlich SozialhilfebezügerInnen ab dem Alter 55 vorbehalten sind und von Seite des DT bisher keine Motivation zur Arbeit ersichtlich sind. Daher muss der DT zuerst unentgeltliche Arbeitseinsätze leisten, um abzuklären, ob der DT motiviert ist zu arbeiten. Der DT zeigt sich mit dem Vorgehen einverstanden.

Reflection in Action

  • Emotion Klient/in: EF: gleichgültig, teilnahmslos, was geht mich das an? Ich habe ja meine Aufgabe und habe meine Meinung gesagt.
  • Emotion DT: Ambivalent, ich möchte ja arbeiten, weiss aber nicht wie ich eine Arbeit bekommen soll. Unsicher, phlegmatisch, das Angebot und Unterstützung der Sozialhilfe hat mir noch nie weitergeholfen. Fordern, bestimmt, die Sozialhilfe soll mir einen Platz in diesem Programm besorgen. Akzeptierend, ich kann die Bedingungen so annehmen.
  • Emotion PSA: Genervt, innere Wut gegenüber Klientel, empfindet das Verhalten als unverschämt und ist innerlich”geladen”. Unverständnis und Ärger, findet es frech, was der DT von ihm fordert und selber so nichts dafür macht. Die Äusserungen von DT sind doch eine Ausrede, er hat einfach keine Lust selber was zu machen! Ich bin gefordert meine Emotionen zu regulieren und professionell zu agieren. (Trigger)
  • Kognition PSA: Ich bin wütend und muss mit meinen Emotionen in dieser Situation bewusst umgehen. Das Aufzeigen von Konsequenzen dient mir dabei auch als Schutzschild, ich kann momentan kein Verständnis zeigen und nehme eine inneren Konflikt zwischen meiner persönlichen und professionellen Haltung wahr. Ich möchte mich nicht von meinen Emotionen leiten lassen. Ich will den Klienten Chancen ermöglichen, möchte aber auch Eigenverantwortung einfordern.

Fünfte Sequenz: Wiederholtes Aufzeigen von Konsequenzen und Rahmenbedingungen

Auf das Verhalten der EF, zeigt der PSA wiederholt auf, welche Rahmenbedingungen vorherrschen und was die Konsequenzen von Seite der Sozialhilfe sind, wenn die Pflichten und Vorgaben nicht eingehalten werden von den KlientInnen. Der PSA zeigt auch auf, welche weiterführende Konsequenzen eine Kürzungskaskade mit sich bringen kann (z.B. zwingende Gefährdungsmeldung ab Kürzungshöhe von 30% des Grundbedarfes). Der PSA pocht auf die Eigenverantwortung der EF.

Reflection in Action

  • Emotion EF: Passiv, unbeeindruckt, bis jetzt hat die Sozialhilfe ihre Drohungen auch nicht wahr gemacht.
  • Emotion DT: Hilflos, welche Rolle habe ich als Versorger der Familie? Unsicher, was wird passieren wenn es mit dem Job nicht klappt? Widerwillig, ich werde hier nicht verstanden.
  • Emotion PSA: Routiniert und abgeklärt, ich muss jetzt Klartext reden und Konsequenzen nochmal verdeutlichen. Innere Zerrissenheit, ich bin gefordert wenn die KESB ins Spiel kommt wegen den Kindern und der persönlichen Situation der Klienten als Familie.
  • Kognition PSA: Ich möchte meinen Selbstschutz aufrecht erhalten und das “verwalterische” Verhalten unterstützt mich dabei, nicht zu emotional zu reagieren. Ich möchte damit auch an die Selbstverantwortung der Klienten appellieren und etwas in Bewegung bringen.

5.1 Erklärungswissen – Warum handeln die Personen in der Situation so?

  • Welche Gründe gibt es für das ablehnende Verhalten der EF?
  • Was sind die Gründe für das antriebslose Verhalten des DT?
  • Warum gelingt es dem PSA nicht, eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung aufzubauen?

Relationierung Stigmatisierungstheorie

Welche Gründe gibt es für das ablehnende Verhalten der EF?

Was sind die Gründe für das antriebslose Verhalten des DT?

Warum gelingt es dem PSA nicht, eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung aufzubauen?

Menschen nehmen in ihrem Leben unterschiedliche Rollen ein. Obwohl stigmatisierte Personen sich in bestimmten Lebensbereichen diskreditiert fühlen oder wahrnehmen, können sie in anderen Lebensbereichen und Rollen sehr wichtige und geschätzte Rollen mit einer hohen sozialen Position ausfüllen, in denen sie sich als selbstwirksam und erfolgreich erleben. Diese Rollen können für stigmatisierte Personen eine Balance darstellen und sind wichtig für das Selbstkonzept. Die Mutterrolle entspricht in unserer Gesellschaft einer normativen, traditionellen Geschlechterrolle. Diese traditionelle Vorstellung von Familie ist in grossen Teilen der Gesellschaft in der Schweiz noch immer weit verbreitet und wird unter anderem auch durch politische Entscheide weiterhin aufrechterhalten.

Die EF ist in hat als Mutter eine gesellschaftlich anerkannte Rolle inne. Sie erfüllt damit die bestimmte normative Erwartungen der Gesellschaft, die an Frauen gestellt werden. In ihrer Rolle als Mutter erfährt die EF Anerkennung und Wertschätzung. Die Forderungen des PSA, sich um eine Ausbildung zu bemühen gefährdet und bedroht diese Rolle. Durch die Forderung des PSA wird die EF von einer diskreditierbaren Person zu einer diskreditierten Person. Ihr aggressives und ablehnendes Verhalten stellt eine Bewältigungsstrategie dar, um ihre soziale Identität und ihr Selbstkonzept zu schützen. Sie schützt ihre Rolle und auch den Lebensbereich, indem sie sich als kompetent erlebt und sicher fühlt. Eine Ausbildung zu absolvieren würde für die EF bedeuten, sich auf eine neue und unbekannte Rolle einzulassen, was die EF verunsichert und bedrohlich auf sie wirkt.

Langzeitarbeitslose und Sozialhilfebezüger sind für die meisten Unternehmen im freien Arbeitsmarkt nicht mehr attraktiv. Die Sozialhilfe übt durch ihre Forderungen grossen Druck auf Sozialhilfebezüger aus, unter diesem sich bedürftige Personen diskriminierenden Bewerbungsverfahren und auch schlechten Arbeitsbedingungen (niedriger Lohn, befristete Arbeitsverträge) aussetzen (müssen) die ihre soziale Identität weiter beschädigen (vgl. Wyss 2007:14). Das antizipierte Stigma führt beim DT zu der Erwartungshaltung im sozialen Kontext stigmatisiert zu werden. Der DT fühlt sich durch seine Erfahrungen unsicher und gestresst, denn die Furcht vor der Stigmatisierung im Bewerbungsprozess bedroht seine soziale Identität und macht ihn vulnerabel. Dies führt zu einer Zurücknahme des persönlichen Engagements und macht darum auf den PSA einen passiven Eindruck. Indem er sich nicht mehr bewirbt auf dem freien Arbeitsmarkt versucht der DT sein Selbstwert zu schützen. Durch seinen Vorschlag in einem Programm der SH unterzukommen, versucht er weiteren diskreditierenden Situationen im Bewerbungsprozedere zu entgehen und schützt damit sein Selbstkonzept.

Für den PSA stellt das Gespräch mit den KlientInnen eine gemischte soziale Situation dar, in der er gefordert ist mit den KlientInnen in Interaktion zu treten. Die Situation ist auch seitens des PSA von Anspannung geprägt. Er hat die KlientInnen bereits kennengelernt und hat sich auf der Grundlage der bestehenden Fallunterlagen ein Bild von den KlientInnen gemacht. Diese antizipierte Stigmatisierung bzw. das Einordnen in eine bestimmte Kategorie der KlientInnen und die gemischte soziale Interaktion führen beim PSA zu einer Verunsicherung, was von den KlientInnen wahrgenommen wird und bei den KlientInnen ebenfalls zu einer Verunsicherung führt. Der Beziehungsaufbau wird dadurch erschwert, es entsteht der besagte Teufelskreis.

Konzept der Selbstwirksamkeit nach Bandura

Die sozialkognitive Lerntheorie (oder auch Lernen am Modell, soziales Lernen) bezeichnet eine kognitivistische Lerntheorie, welche von Albert Bandura entwickelt wurde. Die Theorie geht davon aus, dass Lernen auf der Grundlage von Beobachtungen des Verhaltens von menschlichen Vorbildern beruht. Der Mensch wird dabei als aktiv Lernender betrachtet, der sich in bewusster Weise mit seiner Umwelt auseinandersetzt. Dabei findet eine Wechselwirkung zwischen der Person und seiner Umwelt statt, was als soziale Komponente bezeichnet wird. Als kognitive Komponente wird die Fähigkeit des Menschen bezeichnet, seine Handlungen zu reflektieren und sich zu motivieren. Dabei wird das Verhalten des Menschen, im Gegensatz zum behavioralen Paradigma, nicht nur als Reaktion auf einen vorangegangenen Umweltreiz gesehen, sondern es wird auch der Prozess des Wahrnehmens, Verarbeitens und der Bewertung des Reizes wird dabei miteinbezogen (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialkognitive_Lerntheorie#Grundannahmen). Der Begriff und das Konzept der Selbstwirksamkeit oder der Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) wurde aus der sozialkognitiven Lerntheorie durch Bandura entwickelt und geprägt (vgl.ebd.).Die Selbstwirksamkeitstheorie von Bandura geht davon aus, dass psychische und auf das Verhalten bezogene Veränderungen durch eine veränderte Einschätzung persönlicher Kompetenzen und auch durch die Erwartung zukünftiger persönlicher Wirksamkeit vermittelt werden (vgl.ebd.:11). Dabei initiieren selbstbezogene Kognitionen motivationale, kognitive und affektive Prozesse, welche die Umsetzung von Wissen und Fähigkeiten in Handlungen steuern. Zusammen mit der Handlungs-Ergebnis-Erwartung üben diese Kognitionen eine zentrale Funktion bei der Selbstregulation aus und werden als Selbstwirksamkeitserwartungen oder kurz als Selbstwirksamkeit bezeichnet. Sie führen dazu, dass Menschen die Initiative ergreifen, wenn sie davon überzeugt sind, dass sie die notwendigen Handlungen ausführen können und die Handlungen zu den angestrebten Ergebnissen führen (vgl.ebd.:12). Die Selbstwirksamkeit ist nach Bandura eine wichtige Voraussetzung zur Verhaltensänderung. Mit dem wiederholten Ausführen von Aufgaben soll schrittweise das Bewusstsein gestärkt werden, damit das eigene Wirken zu einem positiven Effekt führt (vgl. Hurrelmann 2002: 66). In einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung zeigt sich die optimistische Überzeugung einer Person über die nötigen personalen Ressourcen zur Bewältigung von schwierigen Aufgaben zu verfügen. Dabei stehen nicht die objektiven Ressourcen im Vordergrund, sondern der Glaube an diese Fähigkeiten und bestimmten somit über Motivation, Emotion und Verhalten (vgl. Satow 2000:12).  Studien haben gezeigt, dass selbstwirksame Menschen ihre Erfolgschancen höher einschätzen als weniger selbstwirksame Personen und länger und intensiver an der Lösung von schwierigen und neuen Aufgaben arbeiten. Die Frustration bei Misserfolgen ist bei selbstwirksamen Menschen zudem weniger ausgeprägt. Dabei stehen nicht nur die Fähigkeiten an sich im Zentrum, sondern vor allem die optimistische Gewissheit, die Fähigkeiten sinnvoll einsetzen zu können (vgl.ebd.:12). Selbstwirksamkeitserwartungen sind Teil des organisierten Wissens einer Person über sich selbst. Bandura spricht dabei vom Selbstsystem oder vom System selbstbezogener Überzeugungen. Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartungen stellen wichtige persönliche Ressourcen bei der Bewältigung von Lebenskrisen dar, wie die Bewältigung von Arbeitslosigkeit oder die Eingliederung in eine neue Gesellschaft (vgl.ebd:13). Dieses System der selbstbezogenen Überzeugungen bildet dabei ein differenziertes und dynamisches System. Sie sind nach der sozial-kognitiven Theorie nicht Ausdruck einer Persönlichkeitseigenschaft, sondern ein Zeichen für ein funktionierendes Selbstsystem (vgl.ebd.:13). Wenn also Leistungen als eigene Kompetenz wahrgenommen werden, dann wird die Selbstwirksamkeit stimuliert. Werden Leistungen und Ziele hingegen äusseren Umständen zugeschrieben, werden Selbstwirksamkeit und Leistungsfähigkeit behindert (vgl. Schwarzer/Jerusalem 2002:29).

Positive Erwartungshaltungen

Positive Erwartungshaltungen schützen vor negativen Emotionen und wirken einer pessimistischen und resignativen Einschätzung von anforderungsreichen Situationen entgegen. Positive Erwartungshaltungen unterstützen zudem aktive und problemorientierte Bewältigungsstrategien und haben eine stressreduktive Wirkung (vgl.ebd.:29). So unterstützen positive Erwartungshaltungen etwa die Motivation zur Erreichung von Zielen, die Ausdauer und haben auch einen Einfluss auf den Grad der Anstrengung. Sie tragen dazu bei, dass sich Menschen auf Aufgaben aktiv vorbereiten und kooperativ mit Anderen zusammenarbeiten. Bei der Bewertung eigener Anstrengungen führen positive Erwartungshaltungen zu selbstdienlichen und motivationsfördernden Attributionen; Erfolge werden dabei den eigenen Kompetenzen zugeschrieben und Misserfolge eher äusseren Umständen. Diese selbstdienliche Attribuierungsasymmetrien wirken längerfristig motivationserhaltend und fördern ein dauerhaftes, aktiv-problemorientiertes Umgehen mit Anforderungen und Lebenskrisen (vgl.ebd.:30).

Personen mit niedriger Selbstwirksamkeit sind besonders in Stresssituationen, bei der Bewältigung von herausfordernden Situationen und Aufgaben besonders vulnerabel. Schon zu Beginn der Aufgabenbewältigung lässt sich ein höheres Stressniveau feststellen, welches sich immer weiter verschlechtert und sich in Zustände der Bedrohung und Kontrollverlust wandeln kann. Personen mit niedriger Selbstwirksamkeit reagieren auf Misserfolge mit selbstschädlichen Interpretationen; für Fehlschläge wird die eigene Inkompetenz und Unfähigkeit verantwortlich gemacht (vgl.ebd.:38).

Selbstregulation

Selbstwirksamkeit ist der Schlüssel zu einer wirksamen Selbstregulation. Eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung hat einen grossen Einfluss auf die Motivation bei Zielerreichungsprozessen. Selbstwirksamere Personen setzten sich höhere Ziele als weniger selbstwirksame Personen und können ihre Motivation in der Umsetzungsphase auch besser aufrechterhalten und sich gegen Ablenkungen und kurzfristig attraktivere Handlungsalternativen schützen (vgl.ebd.:37). Dafür braucht es kompetente Strategien in der Umsetzung der gesetzten Ziele, aber auch um sich vor Rückfällen zu schützen oder falls es zu einem Rückfall kommt, sich wieder davon zu erholen. Die Selbstwirksamkeit steht mit der Selbstregulation in unmittelbarem Zusammenhang, indem sie Denken, Fühlen und Handeln einer Person und somit Anstrengung und Ausdauer bei der Erreichung von Zielen beeinflusst bzw. reguliert. Kompetente Selbstregulation auf der Grundlage von Selbstwirksamkeit ist für eine erfolgreiche Lebensbewältigung von grosser Bedeutung. Studien zufolge gehen selbstwirksamere Menschen auch mit sehr herausfordernden Lebenssituationen aktiver um und sind beispielsweise weniger lange auf Unterstützung angewiesen als Menschen mit einer niedrigeren Selbstwirksamkeit (vgl.ebd.:38).

Relationierung Konzept der Selbstwirksamkeit nach Bandura

-Was sind die Gründe für das antriebslose Verhalten des DT?

Der DT empfindet sich in seiner Situation nicht als selbstwirksam. Sein Verhalten und die spürbare Resignation sind Anzeichen dafür, dass der DT die Motivation verloren hat, sich weiterhin dem Bewerbungsprozess zu stellen, da er dort mit wiederholten Misserfolgen konfrontiert war. Die Selbstwirksamkeitstheorie geht von der Annahme aus, dass weniger die vorhandenen Kompetenzen und Fähigkeiten, sondern vielmehr die positive Erwartungshaltung und Zuversicht die Grundlage einer stabilen Selbstwirksamkeit bilden.

Die Erfahrungen des DT in den letzten Jahren hatten einen Einfluss auf seine Handlungs-Ergebnis-Erwartung. Da der DT sich aktuell als wenig selbstwirksam empfindet, arbeitet er auch weniger lange und intensiv an der Lösung seiner Probleme.  Auch die Selbstregulation wird durch eine niedrige Selbstwirksamkeit beeinflusst. Der DT verhält sich in seiner aktuellen Lebenssituation eher passiv oder wählt den Weg mit dem geringeren Widerstand und höheren Erfolgschancen, in dem er die Teilnahme an einem Integrationsprogramm vorschlägt. Die Perspektive einer geringen Ablösewahrscheinlichkeit von der SH setzt ein sehr hohes Ziel, was für den DT schwer erreichbar und als unrealistisch eingestuft wird. Er hat in Bezug auf dieses Ziel wenig optimistische Überzeugung, über die nötigen Ressourcen zu verfügen, um diese Aufgabe zu bewältigen. Diese niedrige Erwartungshaltung was die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen angeht, stehen in direktem Zusammenhang mit den negativen Emotionen und der pessimistischen Einschätzung des DT, was die Stellensuche betrifft. Personen mit niedriger Selbstwirksamkeit reagieren auf Misserfolge mit selbstschädlichen Interpretationen, indem sie Fehlschläge der eigenen Inkompetenz und Unfähigkeit zuschreiben. Diese für ihn sehr anforderungsreiche Aufgabe würde aber eine hohe Motivation und eine positive Erwartungshaltung voraussetzen, um problemorientiert und aktiv an die Aufgabe heranzugehen. Durch die niedrige Erwartungshaltung was die eigene Selbstwirksamkeit betrifft, ist der DT allgemein einem höheren Stressniveau ausgesetzt und er ist dadurch vulnerabel. Die Motivation oder überhaupt die Möglichkeit sich der Bewältigung der Aufgabe durch ein aktives Mitwirken zu stellen, wird dadurch in einem hohen Masse beeinträchtigt.

5.2 Interventionswissen – Wie kann ich als professionelle Fachperson handeln?

Fragestellungen zum Interventionswissen

  • Wie gelingt es, eine tragfähige und vertrauensvolle Arbeitsbeziehung zum Klientel aufzubauen?
  • Wie können PSA mit den KlientInnen Rahmenbedingungen aushandeln und Ziele vereinbaren, die sie auch mittragen können bzw. durch die sie sich nicht “ungerecht” behandelt fühlen?
  • Wie kann der PSA mit dem vermeintlichen “Spannungsfeld”, dem Umgang mit eigenen Emotionen und dem Anspruch an seine professionelle Haltung konkret umgehen?

Relationierung Aufbau Arbeitsbeziehung in der Beratung

Wie gelingt es, eine tragfähige und vertrauensvolle Arbeitsbeziehung zum Klientel aufzubauen?

Wie können PSA mit den KlientInnen Rahmenbedingungen aushandeln und Ziele vereinbaren, die sie auch mittragen können bzw. durch die sie sich nicht “ungerecht” behandelt fühlen?

  • Dialog ermöglichen und dadurch Misstrauen abbauen und Vertrauen aufbauen

Verständigungsorientiert beraten, Verhandeln und Beziehungsaufbau ist als wechselseitiges Geschehen zu verstehen. In der Situation würde es nun konkret darum gehen, zuerst Vertrauen aufzubauen durch das Herstellen einer angstfreien Atmosphäre und das Vermitteln von Sicherheit. Der PSA ist gefordert, seine Anliegen und die geltenden Rahmendbedingungen den Klienten in einer klaren und verständlichen Sprache zu vermitteln und dabei wertschätzend und respektvoll zu bleiben.

Offene Fragen können in dieser Situation hilfreich sein und regen zum Verstehen der KlientInnen an und dass diese sich ernst genommen fühlen. Das interessierte Nachfragen bei Unklarkeiten kann unterstützend dabei sein, ein Thema hinter dem Thema zu erkennen. Beispielsweise könnten die Schilderungen des DT, bezüglich seinen Erfahrungen in Bewerbungsprozess, Hinweise für Ängste, Unsicherheiten und einen geringen Selbstwert sein.

  • Individuelle Ziele vereinbaren

Durch diese Verständigungsorientierte Beratungshaltung werden wichtige Aushandlungsprozesse ermöglicht, um Ressourcen, Motivationen und Probleme von KlientInnen zu erschliessen. Nur mit dieser Orientierung an der individuellen Lebenslage der KlientInnen kann auch dem Individualisierungsprinzip Rechnung getragen werden. Dieser verständnisorientierte und dialogische Prozess kann dazu beitragen, dass sich die KlientInnen nicht ungerecht behandelt fühlen, sondern sich selber auch mit ihren individuellen Ressourcen in ihrer individuellen Lebenslage besser wahrnehmen können.

Der PSA kann dadurch mit den KlientInnen Ziele aushandeln, die für sie realistisch, tragbar und umsetzbar sind. Wenn Zielvereinbarungen scheitern, wie in der vorliegenden Situation, dann muss konkret hinterfragt werden, welche Gründe es dafür gibt und ob in der Situationserfassung und Analyse, Diagnose etwas übersehen wurde. Der PSA ist in der Situation gefordert, eine fachliche Reflexion und Evaluation vorzunehmen, um herausfinden zu können, ob Themen übersehen wurden, die für die Zielvereinbarung und Interventionsplanung bedeutsam sind.

Konzept der Selbstwirksamkeit nach Bandura; Quellen für den Erwerb von Selbstwirksamkeit und Interventionsmöglichkeiten

Unterschiede zwischen hoch und niedrig selbstwirksamen Personen werden vermutlich durch die Informationsverarbeitung moderiert. Hohe Selbstwirksamkeit wird möglicherweise durch einen positiven Informationsverarbeitungsstil begünstigt, der nach potentiellen Erfolgschancen Ausschau hält und so Neugierde und Exploration stimuliert. Niedrige Selbstwirksamkeit wird wahrscheinlich durch einen negativen Verarbeitungsstil beeinflusst, wo ungünstige Fremdbewertung und stärkere Beachtung findet (vgl. Schwarzer/Jerusalem 2002:39).

Selbstwirksamkeit ist eine wichtige Voraussetzung für eine kompetente Selbst- und Handlungsregulation. Nach Bandura gibt es vier Quellen für den Erwerb von Selbstwirksamkeitserwartungen, wobei die Stärke ihres Einflusses mit grösserer Zahl abnimmt (vgl.ebd.:42).

  • Eigene Erfahrungen

Erfolgserfahrungen sind das einflussreichste Mittel, um Selbstwirksamkeitserwartungen aufzubauen. Menschen müssen bei der Bewältigung von Aufgaben die Erfolge ihren eigenen Anstrengungen und Fähigkeiten zuordnen können.  Erfolge stärken die Selbstwirksamkeit, Misserfolge schwächen sie. Wenn eine stabile Selbstwirksamkeit aufgebaut ist, dann haben Misserfolge keinen grossen Einfluss mehr auf die Wahrnehmung der eigenen Selbstwirksamkeit. Es ist darum sinnvoll, mit Nahzielen zu arbeiten und mit dem Unterstützen von Bewältigungsstrategien. (vgl.ebd.:42).

  • Beobachtung und Nachahmung von Modellen

Bei der Beobachtung und Imitation kommt es darauf an, wie eigene Ressourcen wahrgenommen werden, auf eine optimistische Interpretation von Ereignissen sowie auf einen allgemeinen konstruktiven Umgang mit sich selber. Entscheidend für die Entwicklung von Selbstwirksamkeit ist auch die Identifikation mit dem Beobachtungsmodell. Je mehr Ähnlichkeiten zwischen Beobachter und beobachteter Person bestehen, desto mehr wächst beim Beobachter die Selbstwirksamkeit durch die Gewissheit, dieselbe Aufgabe ebenfalls erfolgreich meistern zu können (Vorbilder und Rollenübernahme). Darum ist es sinnvoll, Verhaltensmodelle «bereitzustellen», die den Lernenden ähnlich sind, wie es beispielsweise beim TutorInnen-System oder in der Peer-Education umgesetzt wird. Durch die Ähnlichkeit wird eine grössere Glaubwürdigkeit und Echtheit bei der Abwägung von Problemlagen hergestellt und gezielten Vorschlägen für adäquate Problemlösungen werden eher angenommen (vgl.ebd.:43).

  • Sprachliche Überzeugung (Fremdbewertung und Selbstinstruktion)

Die dritte Quelle um Selbstwirksamkeitserwartungen zu erwerben liegt in der sprachlichen Überzeugung oder auch Selbstüberzeugung. Dies kann durch eigenes gutes Zureden geschehen (Ich schaffe das!) oder auch durch eine externe Person, die durch Kommunikation und Beratung Motivation erzeugt. Am wirkungsvollsten ist diese Quelle inform eines professionellen Coachings. Wichtig bei der sprachlichen Überzeugung sind konkrete Rückmeldungen im Prozess, um die Selbstwahrnehmung zu fördern und so das Vertrauen aufzubauen und aufrecht zu erhalten (auch Selbstvertrauen) und Lernfortschritte zu fördern (vgl.ebd.:44).

  • Gefühlsmässige Erregung

Die gefühlsmässige Erregung ist die letzte und schwächste Informationsquelle zur Beeinflussung von Selbstwirksamkeit. Dabei kann der Erregungszustand (z.B. Angst, Aufgeregtheit) über die Beurteilung der Bewältigungskompetenz bestimmen bzw. hat einen Einfluss darauf, wie gewisse Situationen und die damit verbundenen Aufgaben und deren Bewältigung interpretiert werden. Es kann beispielsweise dazu führen, dass bei einer hohen Erregung eine geringere Problembewältigung von sich selber erwartet wird. Zur Reduktion von Erregungen wäre es darum sinnvoll, sich Strategien zur kognitiven Kontrolle schwieriger Situationen anzueignen (vgl.ebd.:45).

Beeinflussung von Selbstwirksamkeit in der Beratung

  • Nahziele vereinbaren

Nahziele (oder auch Feinziele) sind für Menschen motivierender als Fernziele oder Grobziele. Sie liefern direkte Anreize und können, in dem diese überschaubar und erstrebenswert gestaltet werden in einem gemeinsamen Aushandlungsprozess, Erfolgserlebnisse gewährleisten. Das Formulieren und Umsetzen von Nahzielen ist eine wirksame Strategie für die Entwicklung von Selbstwirksamkeit, da kleine Teilschritte Erfolgserlebnisse eher ermöglichen und dadurch Kompetenzüberzeugung aufgebaut werden kann (vgl.ebd.:47).

  • Förderung von Bewältigungsstrategien

Durch das Fördern von Bewältigungsstrategien werden Strategien gefördert, die die Bewältigung von Aufgaben und auch den Umgang mit sich selbst betreffen. Beim Umgang mit sich selbst ist vor allem die Bewertung der eigenen Leistungen von Bedeutung. Je weniger Strategien eine Person zur Verfügung hat, desto mehr Beratung und Förderung wird benötigt. Für die Entwicklung einer höheren Selbstwirksamkeit ist es wichtig auf Strategien zu setzen welche auf einen Zuwachs an Wissen und Fertigkeiten abzielen (Lernstrategien, Problemlösetechniken). Durch das eigene Erleben von Selbstwirksamkeit beim Umsetzen von Strategien kann die Motivation angeregt werden und die gelernten Strategien können mit der Zeit systematischer auch auf andere Problemstellungen angewendet werden. (vgl.ebd.:48).

Relationierung Konzept der Selbstwirksamkeit nach Bandura; Quellen für den Erwerb von Selbstwirksamkeit und Interventionsmöglichkeiten

Wie gelingt es, eine tragfähige und vertrauensvolle Arbeitsbeziehung zum Klientel aufzubauen?

Wie können PSA mit den KlientInnen Rahmenbedingungen aushandeln und Ziele vereinbaren, die sie auch mittragen können bzw. durch die sie sich nicht “ungerecht” behandelt fühlen?

Erfolgserfahrungen ermöglichen und Bewältigungsstrategien fördern

Eine positive Selbstwirksamkeitserwartung hat einen Einfluss auf die Zusammenarbeit mit dem PSA und kann dabei den Aufbau einer tragfähigen Arbeitsbeziehung unterstützen. Erfolgserfahrungen haben den grössten Einfluss auf den Aufbau von Selbstwirksamkeitserwartungen. Es ist dabei von Bedeutung, dass diese Erfahrungen den eigenen Kompetenzen zugeordnet werden können. Zielvereinbarungen in Form von Nahzielen ermöglichen solche Erfolgserlebnisse und somit den Aufbau der Selbstwirksamkeit.  Sie können dabei unterstützen, dass der DT sich wieder als kompetent erlebt. Diese Erfolgserlebnisse sind nötig für eine positive Erwartungshaltung in Bezug auf die eigenen Fähigkeiten und stehen auch in unmittelbaren Zusammenhang mit der Selbstregulation und Motivation. Es ist ebenfalls zentral, dass der DT dabei unterstützt wird eigene Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Lernstrategien und Problemlösetechniken sind dabei am nachhaltigsten. Das Interesse für ein Integrationsprogramm des DT kann dabei als Bewältigungsstrategie betrachtet werden, darum ist es wichtig dieses Anliegen ernst zu nehmen und als kompetente Problemlösestrategien zu würdigen und zu nutzen im weiteren Hilfeprozess. Dieses Vorgehen, bei dem die individuelle Situation und der individuelle Kontext des Klienten gewürdigt und einbezogen wird, kann unterstützend dabei sein, dass die KlietInnen sich nicht ungerecht behandelt fühlen. Aus diesem Grund ist es für den DT von grosser Bedeutung seine eigenen individuellen Kompetenzen kennenzulernen und sich somit selber, in seiner eigenen Individualität, besser wahrnehmen zu können. Dies wirkt dem Gefühl entgegen dass der DT sich “ungerecht” behandelt fühlt.

Umgang mit Ambivalenzen; Ambivalenzkonzept nach Kurt Lüscher und Kommunikationsmodelle nach Friedemann Schulz von Thun

Der Begriff der Ambivalenz wurde zum ersten Mal vom Psychiater Eugen Bleuler im Jahr 1910 formuliert und auch in den wissenschaftlichen Diskurs eingeführt. Nach Bleuler ist die affektive Ambivalenz das gleichzeitige Vorhandensein von positiven und negativen Gefühlen. Eine voluntäre Ambivalenz oder Ambitendenz bezeichnet den Zustand des Wollens und gleichzeitigem Nicht-wollens oder gar der Ablehnung. Die intellektuelle Ambivalenz meint, dass etwas gleichzeitig positiv und negativ gedeutet wird. Diese drei Formen der Ambivalenz lassen sich nach Bleuler nicht voneinander trennen, gehen ineinander über und kombinieren sich (vgl. http://www.kurtluescher.de/ambivalenz.html).

Der Begriff der Ambivalenz wurde zu Beginn von Bleuler verwendet, um ein pathologisches Phänomen zu erfassen und wurde in der Folge auch in der Psychoanalyse und in anderen psychologischen Theorien rezipiert und differenziert. Der Begriff wurde aber nicht nur auf psychiatrisch und psychotherapeutisch relevante Verhaltensweisen bezogen, sondern schon von Bleuler selbst für alltäglich beobachtbare Verhaltensweisen. In Bezug auf Ambivalenzen kann man nur über «krank machend» sprechen, wenn die Unfähigkeit besteht, mit Ambivalenzen in einer konstruktiven Weise umzugehen bzw. diese gar zu akzeptieren (vgl. Lüscher/Fischer 2014:85).

Eine erste soziologische Rezeption folgte in den 1960er Jahren und bezog sich vor allem auf Spannungsfelder, die sich aus professionellen Rollen ergeben und weitete sich später auf die Erforschung von Generationenbeziehungen aus (vgl.ebd.).

Das Konzept der Ambivalenz wird unterschiedlich genutzt, in allgemeiner Weise als  Deutungsmuster (Verwendung im Alltag) und auch in prägnanter Weise als Forschungskonstrukt. Wie und in welcher Form die Konzepte verwendet werden ist von der Anzahl der Bedingungen abhängig, in dem sich Ambivalenzen zeigen.

  • Das Vorhandensein von Gegensätzen, Polaritäten
  • Das gleichzeitige Bestehen von Gegensätzen. Die betroffenen Personen schwanken in ihrem Fühlen, Wollen und Denken zwischen diesen Gegensätzen hin und her, bzw. oszillieren.
  • Dieses Oszillieren besteht während kürzerer oder längerer Zeit in einer bestimmten Situation, bei der Erfüllung einer bestimmten Aufgabe oder steht in Bezug zu einer Entscheidung.
  • Es besteht durchgängig die implizite oder explizite Annahme, dass dieses Oszillieren bzw. diese Spannungsfelder für das Selbstbild und die Persönlichkeitsentwicklung (Identität) wichtig sind (vgl. http://www.kurtluescher.de/ambivalenz.html).

Kurt Lüscher schlägt für das Konzept der Ambivalenz folgende Definition vor:

«Von Ambivalenzen kann man sprechen, wenn Menschen auf der Suche nach der Bedeutung von Personen, sozialen Beziehungen und Tatsachen, die für Facetten ihrer Identität und dementsprechend für ihre Handlungsbefähigung wichtig sind, zwischen polaren Widersprüchen des Fühlens, Denkens, Wollens oder sozialer Strukturen oszillieren, die zeitweilig oder dauernd unlösbar scheinen. Dabei können persönliche Beeinflussung, Macht und Herrschaft von Belang sein.» (Lüscher et al. 2009)

Lüscher geht von der Annahme aus, dass alle Menschen Ambivalenzen erfahren, erkennen und verdrängen können und unterschiedlich mit Ambivalenzen umgehen. Dies beinhaltet auch die Möglichkeit und Notwendigkeit der dynamischen, kritischen Selbstreflexion, welche Ambivalenzerfahrungen und auch die Ambivalenz diesen gegenüber miteinschliessen (vgl. http://www.kurtluescher.de/ambivalenz.html).

Ambivalenzen sollten nach Lüscher nicht per se als negativ bewertet werden, sondern als Erfahrungen gesehen werden, die unterschiedlich bewertet werden können. Wenn Ambivalenzen allgemein nur als Belastung gesehen und somit problematisiert werden, dann besteht die Gefahr, dass eigene Ambivalenzen verdrängt werden. Ambivalenzen können auch Anstösse geben für neue Erkenntnisse und so, durch eine dynamische Offenheit, kreatives Handeln ermöglichen (vgl. ebd.). Wir können Ambivalenzen nicht nur erfahren, sondern können Ambivalenzen auch bewusst kreieren. (vgl. Lüscher/Fischer 2014:85).

Ambivalenzen können dem Konzept von Lüscher zufolge als eine Facette der für die menschliche Sozialität konstitutiven Prozesse personaler und kollektiver Identitätsentwicklung und Handlungsbefähigung aufgefasst werden (vgl. http://www.kurtluescher.de/ambivalenz.html).

Vom Erleben von Ambivalenzen hin zum aktiven Umgang mit Ambivalezerfahrungen

Die Erkenntnis, dass Ambivalenzerfahrungen aktiv geschaffen werden können, also ambivalentes Erleben auch aktiv ausgelöst werden kann ist wichtig für den Umgang mit Ambivalenzen und für ein unvoreingenommenes Verständnis deren. Das Konzept der Ambivalenz nach Lüscher ist nicht nur gekennzeichnet durch seinen hybriden Charakter, sondern beinhaltet aufgrund dessen auch die methodologische Maxime der Offenheit. Der Dynamik der Gegensätze mit einer offenen Sensibilität zu begegnen ist sehr unterstützend für die professionelle Selbstreflexion (vgl. Lüscher/Fischer 2014:85). Dieser offene Umgang mit Gegensätzlichkeiten ist auch bezeichnend für die Differenzen die sich daraus ergeben. Diese Differenz thematisiert Gegensätze zwischen Denken und Fühlen, welches gleichzeitig ein vergleichendes Hin und Her zwischen den beiden Polen beinhaltet. Der Umgang mit Differenzen betrifft nicht nur das Unterscheiden auf einer bestimmten Ebene des Betrachtens von diesen Differenzen, sondern es geht auch darum, welche Differenzen zwischen den jeweiligen Ebenen bestehen, wie dem Verhalten, Denken und Bewerten. Aus diesem Grund geht die Arbeit mit Ambivalenzen auch immer einher mit Prozessen der (Selbst-) Reflexion (vgl. ebd.:85). ****Das soziologische Konzept von Kurt Lüscher kann einen Anhaltspunkt geben, wie Fachpersonen in der alltäglichen Arbeit mit KlientInnen und den für die Soziale Arbeit konstitutiven Spannungsfeldern umgehen können. In Kombination mit Modellen der Kommunikationspsychologie wie dem Wertequadrat und dem Inneren Team, welche von Friedemann Schulz von Thun entwickelt wurden, kann eine gute Grundlage für eine fachliche und adäquate Selbstreflexion geschaffen werden.

Die innere Pluralität: das innere Team nach Schulz von Thun

Dass sich bei Entscheidungsprozessen verschiedene Stimmen in uns melden ist normal, je nach Thema melden sich innere Player und vertreten ihre Perspektive mehr oder weniger stark und versuchen dadurch, auf unsere Kommunikation und unser Handeln Einfluss zu nehmen. Die Herausforderung besteht darin, aus einem inneren «zerstrittenen Haufen» ein inneres Team zu machen, bei dem gemeinsame Synergien sinnvoll genutzt werden können für das professionelle Handeln. (vgl.Schulz von Thun et al. 2017:46)

Methodik; Innere Anteile erkunden / Alleine oder im Tandem

Beim Erkunden des inneren Teams geht es darum, innere Teamplayer kennenzulernen und bei jedem positive Anteile anzuerkennen. Auch wenn gewisse Mitglieder als störend oder unangenehm empfunden werden, haben sie ihre Berechtigung und ihren Grund, sich zu Wort zu melden. Ein inneres Team muss erarbeitet werden. Diese innere Teamentwicklung benötigt Zeit, Reflexionsfähigkeit und Akzeptanz gegenüber den inneren Anteilen, auch wenn diese als unangenehm empfunden werden. Es dient der Selbstklärung und zur Verbesserung der Aufstellung und des situativen Einsatzes der Player (vgl.ebd.:46).

  1. Player erkunden: Fragen stellen und passende Zeichen dazu skizzieren. Dafür eigenen sich auch Symbole und Farben.
  2. Wer meldet sich zu Wort? Jeder Player hat einen Namen und eine Nachricht
  3. Wer hat welchen Platz auf der inneren Bühne? Wen sehe und höre ich nicht gerne, möchte ich gerne verdrängen?
  4. Welche Player melden sich überhaupt zu Wort und wie stark oder laut sind die jeweiligen Stimmen?
  5. Nach der Aufstellung des inneren Teams geht es darum, das innere Team zu versöhnen durch ein inneres Klärungsgespräch. Wie stehen die Player zueinander? Was können sie voneinander lernen? Aus welchem Grund sind sie da? Hier ist es wichtig, dass alle Teammitglieder gewürdigt werden und ihre Berechtigung haben da zu sein.

Für das Klärungsgespräch (vor allem im Tandem) eignen sich besonders zirkuläre Fragen, auch wenn ein solches Vorgehen zu Beginn ungewohnt ist. Dieses Klärungsgespräch kann als Erkundung einer inneren Karte verstanden werden. Die Positionen der Player auf der inneren Bühne können sich im Laufe des Gesprächs verändern – es lohnt sich darum am Ende zu fragen:

  • Was hat sich verändert? Wer steht wem nun wie gegenüber und was können die Player voneinander lernen? Welche positiven Eigenschaften haben Player die zu Beginn als störend empfunden wurden?

Wertequadrat Das Wertequadrat beruht auf der Annahme, dass jeder Wert nur dann zu einer konstruktiven Wirkung gelangen kann, wenn er sich in Balance, in einem positiven Spannungsverhältnis zu einer “Schwestertugend” befindet. Ohne diese Balance verkommt der Wert zu seiner entwertenden Übertreibung. Es handelt sich dabei um eine dynamische Balance, die situativ hin und her pendelt. Mithilfe des Wertequadrats kann Beteiligten in einem Konflikt verdeutlicht werden, dass vermeintlich gegensätzliche Werte, für die sie jeweils stehen, zusammengehören. Das Werte- und Entwicklungsquadrat kann gut eingesetzt werden, um mit Widersprüchlichkeiten, einem Gegensatz oder einer Polarisierung konstruktiv umzugehen. Das Wertequadrat kann auch als ein Herausforderungsquadrat dargestellt werden. Die oberen Werte gehören dabei, genau wie im Wertequadrat, zusammen. Um diese vermeintlichen Gegensätze besser zusammenzubringen kann eine Visualisierung unterstützend sein (vgl. ebd.:51).

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Wertequadrat nach Schulz von Thun / Eigene Darstellung “Umgang mit Ambivalenzen”

Das Wertequadrat kann für die professionelle (Selbst-) Reflexion genutzt werden, um festzustellen in welchem Bereich in welcher Situation evtl. eine Polarisierung besteht. Eine Visualisierung kann unterstützend dabei sein, verschiedene Anteile seines Handelns weiterzuentwickeln, um ein positives Spannungsverhältnis herzustellen, in dem beide Werte in einer Balance sind. Das Wertequadrat kann so auch als Entwicklungsquadrat genutzt werden.

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Entwicklungsquadrat nach Schulz von Thun / Eigene Darstellung “Umgang mit Ambivalenzen”

Relationierung Umgang mit Ambivalenzen

  • Wie kann der PSA mit dem vermeintlichen “Spannungsfeld”, dem Umgang mit eigenen Emotionen und dem Anspruch an seine professionelle Haltung konkret umgehen?

Der PSA ist in der Situation hin und her gerissen. Einerseits steht er vor der Herausforderung ein Gespräch zu führen von dem er erwartet, dass es anstrengend und schwierig sein wird, er geht also mit einem unsicheren, negativen Gefühl in die Gesprächssituation hinein. Anderseits sind ihm seine Emotionen unangenehm und er möchte möglichst fachlich und neutral agieren. Emotionen geben Hinweise darauf, was in einer Situation als Herausforderung wahrgenommen wird und bilden mitunter die Grundlage für eine fachliche Selbstreflexion. Das Problematisieren der Ambivalenzen, die der PSA in dieser Situation erfährt, führt dazu, dass das positive Spannungsverhältnis zwischen einer kongruenten Haltung, welche die Wahrnehmung eigener (auch negativen) Emotionen beinhaltet und der professionellen Fachlichkeit und Distanz, aus dem Gleichgewicht gerät. Dieses Problematisieren kann als Schutzmechanismus verstanden werden. Ambivalenzen tangieren unsere Wertevorstellungen und stellen somit immer einen Angriff auf unsere Identität dar. Die Vorstellung des PSA von seiner professionellen Identität lässt sich in der Situation nicht mit seinen Emotionen vereinbaren. Der PSA ist darum gefordert, diese Ambivalenzen zu erkennen, zu benennen und als Grundlage und Werkzeug für eine professionelle Selbstreflexion gezielt zu nutzen. Das Entwicklungsquadrat kann durch seine visuelle Darstellung das Explizieren der Ambivalenzen und Emotionen unterstützen. Durch Visualisierungen können Werte und Emotionen und ihr Verhältnis zueinander verdeutlich werden. Es zeigt sich dadurch auch, dass die verschiedenen Pole nicht im Widerspruch zueinanderstehen, sondern einander benötigen, um eine Balance herstellen zu können. Wenn hier noch einen Schritt weitergegangen und versucht wird, Ambivalenzen gezielt zu nutzen für die Weiterentwicklung der eigenen professionellen Identität, dann werden Fragen aufgeworfen, welche für die professionelle Identität und das Handeln in der Praxis in einem hohen Masse relevant sind und somit auch zur Professionalisierung der Organisation beitragen können. Zusätzlich dazu kann das Erkunden der eigenen inneren Player als Selbstklärung genutzt werden, um die eigenen Emotionen miteinander in Einklang zu bringen. Diese können dann, im Sinne eines sich ergänzenden Teams, dazu genutzt werden das eigene situationsadäquate Handeln verbessern zu können und mehr Akzeptanz für eigene innere Anteile mit ihren verschiedenen Stimmen und Gefühlen schaffen.

5.3 Erfahrungswissen – Woran erinnere ich mich, was kenne ich aus ähnlichen Situationen?

  • Stigmatisierung der KlientInnen aufgrund von Fallübergaben durch PSA oder durch Aktenstudium. Der PSA kann sich bereits vor dem ersten Kontakt ein Bild von den Personen und Situation machen (eine Art asynchrone Situationserfassung). Dabei besteht die Gefahr, dass Informationen und Eindrücke zu KlientInnen von bisher im Fall involvierten PSA ungefiltert und unreflektiert übernommen werden, ohne dass die Wahrnehmung der KlientInnen oder die aktuelle (vielleicht mittlerweile veränderte) Sachlage der KlientInnen berücksichtigt werden. Dadurch kann der Beziehungsaufbau mit den KlientInnen von Beginn weg gestört werden.
  • In dem man bereits zu Beginn der Arbeitsbeziehung über die Aufgaben und Pflichten der Klientel wie auch der PSA spricht und deren Aufgabenverteilung klar vornimmt (wer muss was, wann wie bringen / erledigen), können Störungen der Arbeitsbeziehungen durch Missverständnisse bereits früh umgangen werden. Die aus dem Handeln oder auch Nichthandeln entstehenden positiven und negativen Konsequenzen können gleich zu Beginn aufgezeigt und diskutiert werden. Es gibt der Klientel aber auch die Möglichkeit bereits zu Beginn mitzuteilen, was aus ihrer Perspektive her umsetzbar ist und wo Barrieren vorliegen.
  • Der PSA hat die Erfahrung gemacht, dass es sich kontraproduktiv auf die Zusammenarbeit mit den KlientInnen auswirken kann, wenn der PSA bereits zu Beginn des Arbeitsbündnis Druck auf die KlientInnen ausübt.
  • Sanktionierungen in der Sozialhilfe stellten Einzelfälle dar. Der PSA hat die Erfahrung gemacht, dass, wenn einmal ein Fundament in der Beziehung zu den KlientInnen besteht, diese besser mit Drucksituationen oder Sanktionierungen von Seite der PSA umgehen können.
  • Der PSA erlebt immer wieder, dass die KlientInnen an ihrer Selbstwirksamkeit zweifeln und antriebslos wirken. Gerade langzeitarbeitslose KlientInnen fühlen sich ihrer Umwelt ausgeliefert. Ihre Hoffnung beruht auf dem Wunsch, dass der PSA die Situation der KlientInnen verbessert. Das kann u.a dazu führen, dass sie hohe Forderungen an den PSA stellen wie z.B.: “Der PSA muss mir eine Stelle anbieten.” Diese Forderungshaltung kann sich belastend auf die Beziehung auswirken. Gleichzeitig muss ausgehandelt werden, welche Aufgaben der PSA und welche die KlientInnen übernehmen können.
  • Der Widerstand gegenüber des PSA ist meistens eine Reaktion dafür, dass man sich der Macht von Behörden ausgeliefert fühlt.
  • Die KlientInnen wünschen sich oft, sich auf ihre Elternrolle fokussieren zu können. Dabei steht für sie oft im Zentrum für die Kinder da zu sein, meistens handelt es sich um Eltern mit Kindern im Baby- oder Kleinkindesalter. Dieses Bedürfnis kollidiert mit der Haltung der Sozialhilfe, sich aktiv um die Arbeitsintegration zu bemühen und die Kinder hierfür in Fremdbetreuung zu geben. Das Thema Arbeitsintegration führt Seitens der KlientInnen dann oft zu hoch emotionsgeladenen Aushandlungen.
  • Der PSA erlebt immer wieder das klassische Rollenverständnis bei den KlientInnen. Der Mann muss sich um Arbeit bemühen, die Frau kümmert sich um die Kinder. Dass die Frau möglicherweise bessere berufliche Qualifikationen oder Perspektiven mitbringt, wird oft ausser Acht gelassen. Verhandlungen darüber, dass sich der Mann um die Kinder kümmert und die Frau sich um eine Stelle bemüht sind oft konfliktbehaftet.
  • Der PSA erlebt immer wieder eigene Unstimmigkeiten im Umgang mit den verschiedenen Rollen und Aufträgen, die er als PSA in der Sozialberatung der Sozialhilfe inne hat (Tripelmandat).
  • Die PSA macht die Erfahrung, dass es in schwierigen und sehr herausfordernden Gesprächssituationen schnell passieren kann, dass man sich in seine fachliche Kompetenzen zurückzieht, weil keine Handlungsalternativen vorhanden sind (Überforderung).
  • Die PSA hat die Erfahrung gemacht, dass eine transparente und kongruente Kommunikation in herausfordernden und von gegenseitigem Unverständnis geprägten Gesprächssituationen unterstützend sein kann bzw. deeskalierend wirkt und den Beziehungsaufbau unterstützt.
  • Die PSA weiss aus eigener Erfahrung, das eine Familie ein System bildet in dem alle Mitglieder bestimmte Rollen einnehmen. Diese Rollenverteilung dient auch dem Aufrechterhalten des Systems, eine Veränderung dieser Struktur könnte viel in Bewegung bringen, also Veränderungen in vielen anderen Bereichen nach sich ziehen, was auf die Systemträger teilweise bedrohlich wirkt und darum abgelehnt wird.

Relationierung Erfahrungswissen Eigenes Wissen zu den Herausforderungen des Alltags, vor die Familien in der heutigen Gesellschaft gestellt sind, helfen dem PSA in der Situation transparent und kongruent zu kommunizieren. Die Situation wirkt auf die KlientInnen dadurch weniger bedrohlich, da sie den PSA nicht nur als Beamten wahrnehmen, sondern als ganzen Menschen, was den Vertrauens- und Beziehungsaufbau fördert. Durch das Ansprechen von Rahmenbedingungen und Aufgabenverteilung im Hilfeprozess werden frühzeitig Missverständnissen vorgebeugt und es hilft den KlientInnen bei der Orientierung, ohne dabei schon Druck ausüben zu müssen. Die Erfahrungen des PSA im Umgang mit KlientInnen der Sozialhilfe unterstützt den PSA dabei, Widerstände und ablehnende Reaktionen einordnen zu können und den KlientInnen mit Empathie, Wertschätzung und einer interessiert-nachfragenden Haltung zu begegnen, um auf dieser Basis gegenseitiges Verstehen zu ermöglichen.

5.4 Organisations- und Kontextwissen – Welche Rahmenbedingungen beeinflussen mein Handeln?

Relationierung Aktivierender Sozialstaat und Tripelmandat

Der PSA ist in der Situation gefordert, die individuellen Probleme der KlientInnen auch in ihrer gesellschaftlichen Kontextualisierung zu betrachten und dies in die Beurteilung der Situation einzubeziehen. ****Der PSA muss dem Druck der Organisation ein Stück weit standhalten, um fachlich und professionell beurteilen zu können, welches Vorgehen im Fall angezeigt ist und damit der Ermessensspielraum erkundet werden kann. Das Verhalten des DT ist nicht nur auf ein individuelles Problem zurückzuführen, sondern auch auf ein gesellschaftliches Problem. Unternehmen im freien Arbeitsmarkt zeigen wenig bis kein Interesse an Langzeitarbeitslosen Menschen und wenn diese wieder eine Erwerbsarbeit finden, dann müssen sie oft prekäre Anstellungsbedingungen in Kauf nehmen, wie niedrige Löhne und / oder befristete Arbeitsverträge und Arbeit auf Abruf. Diese Arbeitsbedingungen führen beim DT zu der geäusserten und gezeigten Resignation. Anstatt also den gleichen Druck auf die KlientInnen auszuüben, wie der aktivierende Sozialstaat vorgibt, gilt es in der Situation eine wissenschaftlich und ethisch fundierte Beurteilung vorzunehmen, welche dem Spannungsfeld Hilfe und Kontrolle gerecht wird. Auf dieser Grundlage kann der PSA auch begründen, warum es fachlich sinnvoll ist, den DT in ein Programm der SH zu integrieren, auch wenn dieser nicht der Zielgruppe des Programms entspricht.

5.5 Fähigkeiten – Was muss ich als professionelle Fachperson können?

Spezifische Fähigkeiten

  • Durch direktes Ansprechen und Fragenstellen durch den PSA werden der DT und die EF eingeladen, sich im Gespräch einzubringen und ihre individuelle Sichtweise darzulegen.
  • Bei Störungen nachfragen und Unklarheiten benennen
  • Wertschätzung vermitteln durch aktives Zuhören und interessiertem Nachfragen
  • Stellung beziehen und Rückmeldungen geben, um den KlientInnen eine Orientierung zu geben
  • Tragbare und realistische Ziele kooperativ entwickeln
  • Beziehungssensibel kommunizieren und Ängste hinter Verhaltensweisen erkennen können
  • Ein Bewusstsein dafür haben, dass Fallakten und Berichte von anderen PSA in der SH ein subjektives Bild der Familie konstruieren und darum ein sensibler und differenzierter Umgang mit Fallakten bedeutsam ist
  • Eigene Emotionen ernst nehmen und als Hinweis für eine Herausforderung in einer professionellen Situation fachlich reflektieren
  • Vertrauen aufbauen durch das übertragen von Verantwortung
  • Ambivalenzen wahrnehmen und gezielt nutzen für die Weiterentwicklung der eigenen professionellen Identität

5.6 Organisationale, infrastrukturelle, zeitliche, materielle Voraussetzungen – Womit kann ich handeln?

  • Zeitliche Ressourcen für Beratungsgespräche

Wird die Ablösewahrscheinlichkeit der KlientInnen als gering eingeschätzt, sinkt gemäss Vorgabe der Sozialhilfe der sozialarbeiterische Handlungsbedarf. Dabei sollte aus Sicht der Sozialhilfe nicht zu viel in den Fall “investiert” werden. Es ist grundsätzlich darauf zu achten, dass die nötigen Pflichten der KlientInnen eingehalten werden. Aktuell müssen die KL einmal im Jahr zur Vorsprache eingeladen werden. Aufgrund der hohen Fallzahl pro PSA, kann nicht immer in gleichen Umfang auf die KlientInnen und ihre Anliegen und Schwierigkeiten eingegangen werden.

  • Räumliche Gegebenheiten und Beratungssetting

Die Vorsprachen finden im Büro des PSA statt. Dabei ist es grundsätzlich eine Voraussetzung, dass beide Ehepartner am Gespräch teilnehmen müssen. Die Beratungssettings werden individuell von den PSA ausgewählt. Sämtliche Vorsprachen werden von den PSA im Hauptprotokoll der KlientInnen protokolliert.

  • Hierarchische Strukturen, Entscheidungsfreiheit, Ermessens- und Handlungsspielräume

Den PSA werden grundsätzlich grosse Handlungs- und Ermessensspielräume zugesprochen. Handlungen und Entscheide müssen jedoch immer sozialarbeiterisch begründet werden. Zur Handlungssicherheit trägt der interne Rechtsdienst bei, welcher jederzeit konsultiert werden kann. Es besteht dennoch ein internes Reglement, welches festlegt, in welchen Themenbereichen und in welchem finanziellen Rahmen die einzelnen Hierarchiestufen alleine entscheiden dürfen. Oftmals werden schwierige Sachverhalte im Rahmen von Fallbesprechungen mit der Teamleitung besprochen.

Relationierung organisationale, infrastrukturelle, zeitliche, materielle Voraussetzungen

Der PSA kann seinen Ermessens- und Handlungsspielraum ausloten, wenn es ihm angemessen erscheint. Er kann sich, wenn nötig, mehr Zeit für Gespräche nehmen, wenn er für den Einzelfall als wichtig beurteilt (Individualisierungsprinzip, Ermessens- Handlungsspielraum).

Der PSA kann Räume individuell wählen und das beste Setting für das Gespräch wählen. Da die räumlichen Gegebenheiten einen grossen Einfluss auf die Beziehungsgestaltung hat, bietet sich in der Situation ein ruhiger Raum an, wo alle Personen genug Platz haben und sitzen können. Da es sich abzeichnet, dass es ein herausforderndes Gespräch werden könnte, sollten Störungen möglichst vermieden werden. Der PSA sollte sich auch, wenn möglich so positionieren im Raum, dass er sich sicher fühlt (Fluchtmöglichkeiten).

Der Ermessens- und Handlungsspielraum ermöglicht es dem PSA, seine Entscheidungen und sein Handeln nach den ethischen und fachlichen Standards der Profession in der Praxis umzusetzen.

5.7 Wertewissen – Woraufhin richte ich mein Handeln aus? Welches sind die zentralen Werte in dieser Situation, die ich als handelnde Fachperson berücksichtigen will?

Fragestellungen zum Wertewissen

  • Welche Werte und ethischen Normen können in der Situation den PSA unterstützen, mit den unterschiedlichen Anforderungen von Organisation und KlientInnen umzugehen?
  • Worauf muss der PSA in der Situation, welche von sehr unterschiedlichen Wertevorstellungen geprägt ist, besonders achten?

Berufskodex von AvenirSocial

Der Berufskodex von AvenirSocial legt die ethischen Richtlinien für das moralische Berufshandeln in der Sozialen Arbeit dar und dient als Orientierungshilfe bei der Entwicklung einer professionsethisch begründeten professionellen Identität. Der Berufskodex kann zudem als Instrument zur ethischen Begründung der eigenen Arbeit mit KlientInnen der Sozialen Arbeit genutzt werden und regt den ethischen Diskurs zwischen Professionellen der Sozialen Arbeit, Organisationen des Sozialwesens, Nachbarsdisziplinen und -professionen und Aus- und Weiterbildungsstätten an. Der Berufskodex formuliert dabei leitende Prinzipien und nicht verhandelbare ethische Normen, welche auf klar definierten Grundsätzen aufbauen und dient dabei der Qualitätssicherung des beruflichen Handelns in der Praxis (vgl. Berufskodex AvenirSocial 2010 :5). Der Berufskodex basiert auf der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (1948), auf der Europäischen Menschenrechtskonvention (1953), der Europäischen Sozialcharta (1961) sowie den Grundrechten, Bürgerrechten und Sozialzielen der Schweizerischen Bundesverfassung (1999) sowie auf dem Dokument «Ethik in der Sozialen Arbeit; Erklärung der Prinzipien» der International Federation of Social Workers (IFSW) (2004) (vgl.ebd.:6).

Für das Verhandeln mit KlientInnen und den Beziehungsaufbau im Rahmen der Sozialberatung der Sozialhilfe sind besonders folgende Abschnitte im Berufskodex von Bedeutung:

II. Grundsätze der Sozialen Arbeit

5. Ziele und Verpflichtungen der Sozialen Arbeit

  1. Soziale Arbeit ist einem dreifachen Mandat verpflichtet: (1) dem Doppelmandat von Hilfe und Kontrolle seitens der Gesellschaft und der Anstellungsträger, (2) dem impliziten oder offen ausgesprochenen Begehren seitens der Menschen, die Soziale Arbeit nutzen und (3) seitens der Sozialen Arbeit dem eigenen Professionswissen, der Berufsethik und den Prinzipien der Men- schenrechte und der sozialen Gerechtigkeit. Dieses dritte Mandat steuert Professionelle der Sozialen Arbeit durch mögliche Konflikte zwischen dem ersten und dem zweiten Mandat (vgl. Berufskodex AvenirSocial 2010 :10)

III. Grundwerte der Sozialen Arbeit;   8. Menschenwürde und Menschenrechte

  1. Grundsatz der Selbstbestimmung  ****Das Anrecht der Menschen, im Hinblick auf ihr Wohlbefinden, ihre eigene Wahl und Entscheidung zu treffen, geniesst höchste Achtung, vorausgesetzt, dies gefährdet weder sie selbst noch die Rechte und legitimen Interessen Anderer (vgl.ebd.:10).
  2. Grundsatz der Partizipation Die für den Lebensvollzug der Menschen notwendige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, sowie Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit, verpflichtet zu Miteinbezug und Beteiligung der Klientinnen und Klienten, Adressatinnen und Adressaten (vgl.ebd.:10).
  3. Grundsatz der Ermächtigung Die eigenständige und autonome Mitwirkung an der Gestaltung der Sozialstruktur setzt voraus, dass Individuen, Gruppen und Gemeinwesen ihre Stärken entwickeln und zur Wahrung ihrer Rechte befähigt und ermächtigt sind (vgl.ebd.:10).

9. Soziale Gerechtigkeit

  1. Verpflichtung zur gerechten Verteilung von Ressourcen Die einer Gesellschaft zur Verfügung stehenden Ressourcen, die für das Wohl- befinden der Menschen eingesetzt werden können, sind bedürfnisgerecht, adäquat und rechtmässig zu verteilen; insbesondere vor dem Hintergrund knapper Ressourcen ist die Verteilungsgerechtigkeit um so dringlicher sicherzustellen. Die Professionellen der Sozialen Arbeit verpflichten sich,die ihnen zur Verfügung gestellten Ressourcen im Hinblick auf die Verteilungs- gerechtigkeit effizient einzusetzen und Solidarsysteme nach Kräften vor Missbrauch zu schützen; wenn nötig verlangen sie mit guten Argumenten aber auch mehr Mittel (vgl.ebd.:11).
  2. Verpflichtung zur Aufdeckung von ungerechten Praktiken Auf Anordnungen, Massnahmen und Praktiken, die in Bezug auf Menschen und ihre sozialen Umfelder unterdrückend, ungerecht oder schädlich sind, ist öffentlich hinzuweisen; entsprechende Aufträge im beruflichen Kontext sind im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit zurückzuweisen (vgl.ebd.:11).

IV Handlungsprinzipien der Sozialen Arbeit

10. Ethisch begründete Praxis

  1. Die Professionellen der Sozialen Arbeit klären die Menschen, die sich auf sie verlassen, über die Ursachen und strukturellen Probleme auf, die für ihre zu sozialem Ausschluss führende Situation verantwortlich sind. Sie motivieren sie, von ihren Rechten, Fähigkeiten und Ressourcen Gebrauch zu machen, damit sie selbst auf ihre Lebensbedingungen Einfluss nehmen können (vgl.ebd.11).
  2. Die Professionellen der Sozialen Arbeit gründen ihre Arbeit auf Vertrauen und Wertschätzung, sie informieren über ihre Möglichkeiten und Grenzen, ihre Arbeitsweisen und Methodenwahl, ihre Befugnisse und Kompetenzen sowie den Einbezug anderer Fachpersonen. Sie gestalten ihr Handeln nach den theoretischen, methodischen und ethischen Kriterien ihrer Profession, auch und gerade wenn dies im Widerspruch steht zu Autoritäten, von denen sie selber abhängig sind (vgl.ebd.11).

11. Handlungsmaximen bezüglich der eigenen Person

  1. Die Professionellen der Sozialen Arbeit gehen verantwortungsvoll mit dem Machtgefälle zwischen ihnen und ihren Klientinnen und Klienten um und sind sich der Grenzen ihrer eigenen Kompetenzen bewusst (vgl.ebd.13).
  2. Die Professionellen der Sozialen Arbeit sind sich ihrer Positionsmacht bewusst und gehen damit sorgfältig um (vgl.ebd.13).

5.Die Professionellen der Sozialen Arbeit entwickeln ihre persönlichen und beruflichen Wissens- und Handlungskompetenzen sowie ihr ethisches Bewusstsein ständig weiter und bemühen sich um die Entwicklung und Anerkennung ihres Berufsstandes (vgl.ebd.13).

12. Handlungsmaximen bezüglich der Arbeit mit Klientinnen und Klienten

1.Die Professionellen der Sozialen Arbeit achten bei aller beruflichen Routine darauf, durch reflektierte und zugleich kontrollierte empathische Zuwendung die Persönlichkeit und Not des oder der Anderen eingehend wahrzunehmen und sich gleichwohl gebührend abzugrenzen (vgl.ebd.13).

  1. Die Professionellen der Sozialen Arbeit fordern bei aller Bestärkung ihrer Klientinnen und Klienten in der Wahrnehmung ihrer Rechte auch deren Pflichten ein (vgl.ebd.13).
  2. Die Professionellen der Sozialen Arbeit stellen an ihre Klientinnen und Klienten nur fachlich adäquate und ethisch begründete Anforderungen (vgl.ebd.13).

13. Handlungsmaximen bezüglich den Organisationen des Sozialwesens

  1. Die Professionellen der Sozialen Arbeit sprechen allfällige Zielkonflikte oder ethische Differenzen zwischen ihnen und der Organisation, in der sie arbeiten, an und versuchen, im Sinne des Berufskodexes Lösungen zu finden. Sie pflegen und fördern in ihrer Organisation den Dialog über die Ethik Sozialer Arbeit. (vgl.ebd.13).

Relationierung Berufskodex AvenirSocial und Konzept Sozialhilfe

Der Berufskodex dient dem PSA in der Situation als Orientierungshilfe. Die darin festgeschriebenen Grundsätze mit ihren nicht verhandelbaren ethischen Normen sind für den PSA in allen Situationen handlungsleitend. In der spezifischen Situation hilft dem PSA das Wertewissen aus dem Konzept der Sozialhilfe und das Wissen aus dem Berufskodex, um sich gegenüber den Erwartungen der Organisation abzugrenzen und eine eigene professionelle Einschätzung vorzunehmen.

Der PSA befindet sich in der Situation in einem klassischen Dilemma. Er steht unter dem Druck, die Anforderungen der Organisation zu erfüllen und diese gegenüber den KlientInnen zu vertreten. Als Professioneller der Sozialen Arbeit hat er aber auch den Anspruch, den KlientInnen Raum zu geben, er möchte Einblick in ihre Lebenswelt erhalten und eine vertrauensvolle und tragfähige Beziehung aufbauen. Er ist sich bewusst, dass er durch das Ausüben von Druck den Beziehungsaufbau zu den KlientInnen behindert. Der PSA begegnet den KlientInnen mit einer wertschätzenden Haltung. Der PSA versucht im Gespräch herauszufinden, welche Gründe dem Verhalten der KlientInnen zu Grunde liegen und welche Ziele und Interventionen nötig und sinnvoll sind im weiteren Hilfeprozess. Dies hilft dem PSA, seinen Ermessens- und Handlungsspielraum zu erkunden. Der Handlungs- und Ermessensspielraum ist eine wichtige Ressource für den PSA in dieser Situation. Der Berufskodex fordert den PSA dazu auf, die zu Verfügung stehenden Ressourcen zu nutzen, um die KlientInnen unterstützen zu können. Der Berufskodex gibt vor, dass von KlientInnen nur fachlich adäquate und ethisch begründete Anforderungen gestellt werden können. Es steht jedoch auch geschrieben, dass die Professionellen der Sozialen Arbeit neben der Ermächtigung der KlientInnen zur Wahrnehmung ihrer Rechte auch deren Pflichten einfordern. Der PSA ist sich seiner Position bewusst und geht mit seiner Macht sorgfältig um. Der PSA weiss, dass die KlientInnen als SozialhilfeempfängerInnen vulnerable Personen sind und versucht darum in der Situation möglichst wenig Druck auszuüben, die KlientInnen aber trotzdem an ihre Mitwirkungspflicht zu erinnern. Er informiert die KlientInnen wertschätzend und transparent über ihre Rechte und Pflichten gegenüber der Sozialhilfe.

Der Berufskodex gibt zudem vor, dass KlientInnen das Recht auf Selbstbestimmung und Ermächtigung haben. Ermächtigung im Sinne des Berufskodex bedeutet, die KlientInnen auf dem Weg der Ermächtigung (Empowerment) professionell zu begleiten, was nur über eine tragfähige Beziehung möglich ist, welche mit partizipativen Interventionen die Selbstständigkeit und Autonomie der KlietInnen fördert. Dem PSA ist es wichtig, eine Beziehung aufzubauen zu den KlientInnen. Durch das Erkunden von Sichtweisen, Motivationen und Ressourcen über den Dialog mit den KlientInnen baut der PSA eine Beziehung auf, er unterstützt aber gleichzeitig auch den Prozess der Ermächtigung.

Bei Zielkonflikten mit der Sozialhilfe oder bei ethischen Differenzen ist der PSA gefordert, im Sinne des Berufskodexes Lösungen zu finden. Über den Handlungs- und Ermessensspielraum kann der PSA den Anforderungen des Berufskodex und denen der Organisation gerecht werden.

Arbeitsbeziehung

  • Eine auf Vertrauen und Respekt basierende Arbeitsbeziehung wird als kontinuierliche Aufgabe über den gesamten Beratungsprozess hinweg gestaltet und aufgebaut und mit verschiedenen Methoden der Gesprächsführung gestärkt.
  • Eine Balance zwischen dem Bearbeiten von Themen (Inhalten) und dem Aufbau einer Arbeitsbeziehung ist im Gespräch hergestellt.
  • Mit dem strukturell bedingten asymmetrischen Verhältnis in der Arbeitsbeziehung wird offen und transparent umgegangen.

Beratung

  • Den Klient*innen wird in der Beratung wertschätzend, emphatisch und kongruent begegnet.
  • Widerstände und Bewältigungsstrategien werden erkannt und als Chance verstanden für die weitere Zusammenarbeit.
  • Ein Aushandlungsprozess, auf dessen Grundlage gemeinsame Zielvereinbarungen möglich und die für die Klient*innen umsetzbar sind, findet statt.
  • Klient*innen werden in der Beratung mit ihren Themen und Anliegen ernst genommen – Bedrohungen werden abgebaut und eine sichere Atmosphäre herrscht vor.

PSA

  • Mit dem Spannungsfeld von Hilfe und Kontrolle wird adäquat umgegangen; das Handeln wird unter Berücksichtigung des Berufskodexes und der Menschenrechte, wissenschaftlich und ethisch fundiert begründet.
  • Eigene Emotionen werden im oder nach dem Gespräch erkannt und reflektiert, um handlungsfähig zu bleiben.
  • Grenzen werden erkannt und im Gespräch fachlich adäquat kommuniziert.
  • Die Erwartungen der einzelnen Akteure werden hinsichtlich des Triplemandats abgewogen und eine dahingehend reflektierte Position bezogen.
  • Rechtliche und organisationale Rahmenbedingungen, die das eigene professionelle Handeln im Gespräch beeinflussen, werden berücksichtigt.
  • Dass Klient*innen unterschiedliche Zugänge zur Erfüllung universeller und kultureller Ziele haben wird erkannt. Unterstützende Massnahmen für diesen Prozess werden eingesetzt.
  • Ängste der Klient*innen werden im Gespräch ernst genommen und angesprochen.
  • Der Ermessens- und Handlungsspielraum wurde ausgelotet, das eigene Handeln ist dabei fachlich und ethisch begründet worden.
  • Die KlientInnen werden gleichberechtigt in das Gespräch einbezogen.

Die KlientInnen gleichberechtigt in das Gespräch einzubeziehen ist wichtig, weil es allen Beteiligten die Möglichkeit gibt, ihre Sicht und Perspektive darzulegen und vermittelt zudem Wertschätzung und Interesse an der jeweiligen Lebenslage, welche mitunter sehr unterschiedlich sind.

Der PSA konnte dies in der Situation gut umsetzten. Er hat der EF und auch dem DT den Raum gegeben, ihre Anliegen und Sichtweisen zu äussern, indem er die KlietInnen aktiv dazu aufgefordert hat, ihrerseits Stellung zu beziehen und ihre Perspektive dazulegen. Dadurch wird den KlientInnen Wertschätzung vermittelt.

  • Die vereinbarten Ziele sind für die KlientInnen realistisch und zu bewältigen und fördern die Selbstwirksamkeit der KlientInnen.
  • Durch partizipative Interventionen werden Erfolgserlebnisse ermöglicht und die Selbstwirksamkeit der KlientInnen gestärkt.

Der PSA hat mit den KlientInnen keine Bildungs- und Unterstützungsziele vereinbart. Dominant war im Gespräch das Fernziel bzw. das Ziel der Organisation welches vorgibt, dass die KlientInnen eine Mitwirkungspflicht haben mit dem Ziel der Ablösung von der Sozialhilfe. Durch die nicht ausgehandelten Zielvereinbarungen, welche die KlientInnen nicht einbeziehen sind Misserfolge vorprogrammiert, denn das Fernziel wird von den KlietInnen als unrealistisch eingeschätzt und nicht mitgetragen. Dadurch wird die Selbstwirksamkeit der KlientInnen nicht gestärkt sondern geschwächt.

Die Stellensuche des DT ist von Misserfolgen geprägt und führt bei diesem zu einer Resignation, bei der EF zu Ängsten und einer abwehrenden Haltung. Beide KlientInnen fühlen sich durch die gewählten Interventionen des PSA bedroht und werden dadurch geschwächt. Damit den KlientInnen Partizipation ermöglicht werden kann, muss ein Aushandlungsprozess stattfinden und Ressourcen und Wünsche der KlientInnen ergründet werden, was in dieser Situation nicht geschehen ist, da der PSA in der Situation von den organisationalen Rahmenbedingungen her unter grossem Druck stand und diese Einfluss auf sein Handeln hatten.

  • Für den Beziehungsaufbau ist genug Zeit eingeplant und das räumliche Setting der Beratung wird dabei berücksichtigt.

Dem PSA hat die KlientInnen bewusst zusammen eingeladen, um den Beziehungsaufbau gemeinsam und gleichberechtigt zu starten. Der PSA hat für das Gespräch das Büro gewählt, denn dort können alle Beteiligten sitzen und es herrscht eine ruhige Atmosphäre. Die zeitlichen Ressourcen reichten jedoch nicht aus, um den Problemlagen der KlientInnen gerecht zu werden. Im Gespräch mussten unterschiedliche Themen von zwei Personen behandelt werden, was die zeitlichen Ressourcen zusätzlich strapaziert und alle Beteiligten unter Druck gesetzt hat.

  • Fallakten werden differenziert betrachtet und mit einer emphatischen Haltung verwertet.

Der PSA hat sich aufgrund der Fallakten und den Informationen von anderen in den Fall involvierten PSA der SH schon im Voraus ein Bild der KlientInnen gemacht, welches negativ gefärbt war. Die Informationen wurden unreflektiert übernommen, der PSA konnte dadurch nicht genügend Empathie für die KlientInnen aufbauen. Dadurch dass Fallakten Konstrukte sind, welche auf Defizite fokussieren, wurden Ressourcen und Wünsche von KlientInnen vom PSA nicht gesehen. Informationen werden oft über Jahre weitergegeben, was es für KlientInnen zusätzlich schwierig macht, sich von einem negativen Bild zu lösen. Genau wie der Begriff «Dossierträger» es treffend wiedergibt, lastet das Dossier in dieser Situation auf den Rücken der KlientInnen und belastet auch den weiteren Unterstützungsprozess. Die Situation war durch Unverständnis auf beiden Seiten geprägt. Die Reaktionen der KlientInnen lassen darauf schliessen, dass sie solche Gespräche schon öfters geführt haben und das Verhalten des PSA ihren Erwartungen entspricht. Der PSA fühlt sich ebenfalls in seinen Annahmen bestätigt und ein Teufelkreis kommt in Gang.

  • Der PSA nutzt seine Ambivalenzerfahrung gezielt im Sinne einer professionellen Selbstreflexion und entwickelt seine professionelle Identität dadurch weiter.

Der PSA hat in der Situation seine Ambivalenzen als störend wahrgenommen. Durch diese Erfahrung, welche sich bedrohlich und unangenehm anfühlt, kann die Versuchung gross sein, in ähnlichen Situationen genauso zu reagieren und die eigenen Emotionen zu unterdrücken. Der PSA verspürt Angst, dass persönliche Emotionen oder auch Haltungen sich negativ auf die Professionalität als beratender Sozialarbeiter auswirkt. Statt diese aufzunehmen und danach reflexiv zu verarbeiten, werden sie durch den PSA unterdrückt und als nicht gegeben deklariert. Dies kann dazu führen, dass eigene Ambivalenzen nur schlecht reflektiert werden und bei der Weiterentwicklung der professionellen Identität aussen vor gelassen werden.

  • Der PSA nutzt seinen Handlungs- und Ermessensspielraum, um den Anforderungen des Berufskodexes und denen der Organisation gerecht zu werden.

Der PSA steht in der Situation unter grossem Druck der Organisation und sein Handeln wird dadurch beeinflusst. Dies macht es für den PSA schwierig, eine objektive und unvoreingenommene Haltung einzunehmen, da er schon mit einem gewissen Stresslevel in das Gespräch hinein geht, was sich schliesslich kontraproduktiv auf den Beziehungsaufbau auswirkt.

Handlungsalternativen

Zielvereinbarungen müssen mit den KlientInnen ausgehandelt werden. Dafür sind genug Zeit und Ressourcen eine zwingende Voraussetzung. Nur durch den Aufbau einer tragfähigen Arbeitsbeziehung können realistische Ziele mit den KlientInnen vereinbart werden, welche auch den SMART-Kriterien entsprechen. Der Aufbau einer Arbeitsbeziehung ermöglicht dem PSA einen Perspektivenwechsel und er kann sein Verständnis für die KlientInnen vertiefen. Es geht dabei darum herauszufinden, welche Vorstellungen die verschiedenen Perspektiven von einer erfolgreichen Lebensführung haben. Durch die fehlende Anerkennung der EF in ihrer Rolle als Mutter wird ihr Selbstkonzept bedroht und auch beschädigt. Es gilt darum kritisch zu reflektieren, welchen Status die Mutterrolle in unserer Gesellschaft und welchen Status diese auch bei der Sozialhilfe hat. Für den weiteren Prozess wäre es angemessen, die EF und den DT separat einzuladen. So kann der PSA individueller auf die unterschiedlichen Lebenssituationen der KlientInnen eingehen. Oft ergeben sich in Einzelgesprächen neue Themen oder neue Informationen, welche wichtig sein können für den weiteren Unterstützungsprozess. Eine fachliche Reflexion und Evaluation durch den PSA muss vorgenommen werden, um herausfinden zu können, ob Themen übersehen wurden, die für die Zielvereinbarung und Interventionsplanung bedeutsam sind. Selbstwirksamkeitserfahrungen müssen den KlientInnen über Zielvereinbarungen ermöglicht werden.

Fallakten müssen als das betrachtet werden, was sie sind. Sie sind in erster Linie Konstrukte von SozialarbeiterInnen mit der Funktion einen Hilfeprozess zu dokumentieren und Informationen zu sammeln. Fallakten sind kein Abbild der Realität, sondern zeigen nur einen (subjektiven) Ausschnitt einer Lebensgeschichte und haben dabei immer einen bestimmten Fokus. Betrachtet in ihrer geschichtlichen Einbettung muss auch beachtet werden, dass Fallakten früher mehr auf Probleme und Defizite der KlientInnen fokussierten. Vor allem bei langjährigen KlientInnen muss dieser Aspekt unbedingt miteinbezogen werden wenn Fallakten vorgängig studiert werden.

Emotionen und erlebte Ambivalenzen haben eine Signalfunktion. Sie sind Hinweisgeber für Herausforderungen in der Praxis. Emotionen und Ambivalenzen müssen gezielt genutzt werden um die eignen Haltung zu reflektieren und die eigene professionelle Identität weiterzuentwickeln. Durch die Reflexion wird das Wissen über sich selber gestärkt.

Der PSA muss seinen Handlungsspielraum nutzen, da dies für ihn eine sehr wichtige Möglichkeit bietet, individuell auf die KlientInnen einzugehen. Nur so kann der PSA im Sinne des Tripelmandats einen Abwägungsprozess vornehmen und professionell handeln. Seinen Handlungs- und Ermessensspielraum zu nutzen würde auch bedeuten, nach dem Individualisierungsprinzip zu handeln, welches in der Sozialhilfe nicht unbedeutend ist. Das Individualisierungsprinzip gibt vor, dass jeder Fall in seiner Besonderheit zu betrachten ist und Ziele sowie Interventionen individuell auf den Einzelfall anzupassen sind.

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