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Regeln der Institution durchsetzen / Wohngruppe für Jugendliche
- Es bestehen Richtlinien, Regeln, Vorgaben der Institution, die die Funktionsweise und das Zusammenleben regeln und die sowohl der Klientel als auch den PSA bekannt sind
- PSA haben grundsätzlich den Auftrag, nach den Regeln der Institution zu handeln
- Die Klientel weigert sich, eine an sie/ihn gestellte Anforderung zu erfüllen bzw. verstösst gegen eine Regel
- Die Situation kann ein Momentum des Grenzen Testens enthalten
- Die Situation kann auch für nicht-direkt Betroffene eine Botschaft enthalten, die in Form von Lernen am Modell aufgenommen werden kann
- Die/der PSA ist interessiert, eine gemeinsame Ebene des Verstehens zu finden, damit die Regeln eingehalten werden können
Die Mitarbeiter auf der Wohngruppe müssen dafür sorgen, dass die Jugendlichen der Witterung angepasste Kleidung tragen, wenn sie die Wohnung verlassen. Darin enthalten ist auch die Kontrolle der Schuhe. Ist es zu kalt, um Flipflops zu tragen, wird ihnen dies, nach Absprache im Team, mitgeteilt.
Erste Sequenz: Kontaktaufnahme
Eines Morgens wird eine Jugendliche von der Sozialpädagogin darauf hingewiesen, dass sie heute keine Flipflops tragen darf, um in die Schule zu gehen. Die Sozialpädagogin erklärt der Jugendlichen, dass es draussen zu kalt ist und sie sich sonst erkälten würde. Die Jugendliche bekundet ihren Wiederstand, indem sie sich verbal gegen die Anweisung wehrt. Dennoch lenkt sie ein und sagt, sie werde geschlossene Schuhe anziehen.
Reflection in Action
- Emotion Klient/in: Ein wenig genervt, gedanklich noch nicht richtig anwesend.
- Emotion Professionelle/r: Ruhig und sachlich; Zufriedenheit, da die Jugendliche ziemlich schnell einlenkt
- Kognition Professionelle/r: Die Jugendliche ist noch müde, möchte sich nicht auf eine Diskussion einlassen und lenkt deshalb ein.
Zweite Sequenz: Kontrolle
Als sie nach dem Morgenessen die Wohngruppe verlässt, kontrolliert die Sozialpädagogin ihr Schuhwerk und sieht, dass sie wieder die Flipflops trägt. Sie spricht die Jugendliche darauf an und bittet sie, die Schuhe zu wechseln. Daraufhin reagiert die Jugendliche genervt und geht nicht weiter auf die Forderung ein, sondern macht sich auf den Schulweg.
Reflection in Action
- Emotion Klient/in: Zufriedenheit, da sie scheinbar gewonnen hat, dennoch angespannt, da sie weiss, dass sie gegen die Regel verstossen hat.
- Emotion Professionelle/r: Enttäuschung, da die Jugendliche auf die Forderung der PSP vom Morgen nicht eingegangen ist; wütend, da sie total auf stur schaltet, die PSP ignoriert und sich einfach davon macht => Überforderung.
- Kognition Professionelle/r: Dieses Verhalten kann nicht akzeptiert werden, auch den anderen Jugendlichen gegenüber ist es nicht fair, die sich an die Regeln halten; die PSP muss reagieren.
Dritte Sequenz: Eskalation
Die Sozialpädagogin geht hinter ihr her und möchte sie zurück holen. Der anwesende Sozial-pädagoge, der die Situation beobachtet hatte, kommt zur Hilfe und holt die Jugendliche wieder zurück. Auch bei ihm bekundet sie ihren Wiederstand und schmeisst vor Wut ihre Jacke nach hinten. Dabei trifft sie den Sozialpädagogen mit dem Reissverschluss am Kopf, worauf dieser wütend und dessen Stimme etwas lauter wird.
Reflection in Action
- Emotion Klient/in: Kann sich nicht mehr beherrschen; grosse Aufregung; Verzweiflung, kommt mit Diskutieren nicht an ihr Ziel.
- Emotion Professionelle/r: Erstaunt über die heftige Reaktion von ihr; Neugierde darüber, wie der Sozialpädagoge nun reagieren würde.
- Kognition Professionelle/r: Unsicherheit bezüglich dem Verhalten der PSP, einerseits war sie in dem Geschehen involviert, allerdings jetzt nicht mehr direkt daran beteiligt, soll die PSP sich einbringen oder die beiden unter sich diskutieren lassen?
Vierte Sequenz: Aufzeigen der Konsequenzen
Der Sozialpädagoge machte ihr klar, dass sie in die Schule laufen muss (30 Minuten), wenn sie jetzt nicht sofort ihre Schuhe wechsle. Normalerweise werden sie mit einem Kleinbus in die Schule gebracht.
Reflection in Action
- Emotion Klient/in: Immer noch stark angespannt und wütend, wirkt dennoch ein wenig erschrocken über die Konsequenz.
- Emotion Professionelle/r: Erleichterung, da sich in diesem Moment die Situation ein wenig beruhigte Emotionen.
- Kognition Professionelle/r: So naheliegend kann eine Konsequenz sein, die PSP hat schon viel zu weit gedacht bei der Suche nach einer Lösung. Sie ist gespannt darauf, für was sich die Jugendliche entscheiden würde.
Weitere Sequenzen
Fünfte Sequenz: Einlenkung der Jugendlichen
Daraufhin geht sie in ihr Zimmer und verlässt wenig später mit geschlossenen Schuhen und ohne jeglichen Kommentar die Wohnung.
Reflection in Action
- Emotion Klient/in: Frustriert, wütend, den Tränen nahe.
- Emotion Professionelle/r: Ein wenig amüsiert über die plötzliche Einlenkung der Jugendlichen, sie wollte auf keinen Fall laufen.
- Kognition Professionelle/r: Die Situation ist zwar gemeistert, dennoch müssen wir über den Vorfall nochmals sprechen wenn sie von der Schule kommt. Im Moment hat es allerdings keinen Zweck, da sie noch zu sehr wütend ist und sie ja fürs Erste einmal eingelenkt hat und den Anweisungen gefolgt ist.
5.1 Erklärungswissen – Warum handeln die Personen in der Situation so?
Die Lebensweltorientierte Soziale Arbeit beschäftigt sich mit Bewältigungs- und Verarbeitungsformen von Problemen in der Lebenswelt der Klientinnen und Klienten (vgl. Handout BA01 Soziale Arbeit als Wissenschaft und Profession, 2011). Der Sozialpädagoge gibt der Jugendlichen in der Situation zwei Bewältigungsmöglichkeiten für das Problem zur Auswahl. Die Jugendliche setzt sich somit automatisch damit auseinander und muss sich für eine entscheiden. Ebenfalls wird ihr anschliessend, durch das gemeinsame Gespräch, eine Verarbeitungsform von Problemen aufgezeigt.
- Die lebensweltorientierte Soziale Arbeit schaut, in welchem Kontext eine Situation entstanden ist und versucht, Ressourcen zu stärken und Bewältigungsstrategien zu fördern (vgl. Handout BA01 Soziale Arbeit als Wissenschaft und Profession, 2011). Da die Situation unter Zeitdruck stattfindet (die Jugendliche muss zur Schule), muss schnell gehandelt werden, um eine Lösung zu finden. Deshalb werden die Ressourcen nicht bewusst angeschaut, dennoch kann natürlich durch das allfällige Laufen in die Schule die Selbständigkeit der Jugendlichen gefördert werden, worin einer ihrer Ressourcen zu sehen wäre. Der Jugendlichen wird aufgezeigt, dass sie nicht einfach aus der Situation rauslaufen kann ohne Konfrontation, sondern dass sie die Situation bewältigen muss, indem sie sich mit sich und der Konsequenz auseinandersetzen muss.
- Das Modell der moralischen Entwicklung nach Kohlberg beschreibt sechs Stadien des moralischen Verhaltens. Auf der präkonventionellen Ebene beschreibt er die instrumentellrelativistische Orientierung. In dieser erkennen Kinder die Gegenseitigkeit menschlichen Verhaltens. Rechthandeln besteht darin, die eigenen Bedürfnisse und gelegentlich die von anderen zu befriedigen. Menschliche Beziehungen werden vergleichbar mit der Austauschbeziehung des Marktes verstanden. Sie orientieren ihr Verhalten an dieser Gegenseitigkeit, reagieren also kooperativ auf kooperatives Verhalten, und üben Rache für ihnen zugefügtes Leid (http://www.zum.de/Faecher/Eth/SA/stoff8/kohlberg.htm). Die Jugendliche wäre nicht so wütend geworden, hätte man sie nicht zurechtgewiesen und auf unsere Regeln aufmerksam gemacht. Sie handelt nach ihrem Bedürfnis, indem sie unbedingt mit den Flipflops zur Schule gehen möchte. Sie sieht dies als absolut richtiges Verhalten an und versteht nicht, wieso die Betreuer ihr dies nicht erlauben.
- Behaviorismus: Es erfolgt eine Bestrafung 1.Art, nämliche eine Bestrafung durch aversive Reize. Dem Verhalten folgt ein unangenehmes Ereignis (vgl.Handout BA03 Sozialisation, Bildung und Entwicklung, 2011). Wenn die Jugendliche ihre Flipflops nicht schnell genug gegen geschlossene Schuhe tauscht, muss sie in die Schule laufen.
- Konfliktgespräch: Konflikte sind in der Sozialen Arbeit häufig anzutreffen, vor allem dann, wenn es um kontrollierendes Handeln geht. Dabei werden die Gefühle beeinträchtigt was zu einer erhöhten Empfindlichkeit und Verletzlichkeit führt. Auf der anderen Seite fördern Konflikte aber auch die Persönlichkeitsentwicklung (vgl. W.Widulle, Gesprächsführung in der Sozialen Arbeit, 2010). Die erhöhte Emotionalität zeigt sich bei der Jugendlichen sehr deutlich in der Eskalationsphase, als sie die Jacke vor Wut nach hinten wirft. Weiter wird zwischen einem heissen und einem kalten Konflikt unterschieden. Da es sich in diesem Beispiel um einen heissen Konflikt handelt, wird nur dieser näher erläutert. Heisse Konflikte sind akut, konfrontierend und verlaufen mit Explosionen und Ausbrüchen. Oft entsteht ein heisser Konflikt, wenn Regeln missachtet werden. Dies ist in diesem Beispiel klar der Fall und Merkmale eines heissen Konflikts sind klar ersichtlich.
- Die 9 Stufen der Eskalation von Konflikten nach Glasl: 1. Stufe: Verhärtung, 2. Stufe: Debatte, 3. Stufe: Taten statt Worte ( vgl. Modul BA10 Grundlagen der professionellen Kooperation, 2010). Die weiteren Stufen sind in dieser Schlüsselsituation nicht involviert und werden somit nicht aufgeführt.
- …
5.2 Interventionswissen – Wie kann ich als professionelle Fachperson handeln?
In der Intervention sollten methodische und/oder theoretische Dinge einfliessen. Jedoch sollte auch eine Offenheit gegenüber der Situation bestehen, die eine stetige Reflexion des eigenen Handelns zulässt. Der Sozialpädagoge überlegt sich Bewältigungsmöglicheiten für die Jugendliche, die in der Situation und unter diesen Umständen möglich sind (lebensweltorientierte Soziale Arbeit). Darin wird deutlich, dass nicht nur Theorie sondern gleichzeitig auch die Situation als Ganzes bei der Lösungsfindung angeschaut und angewendet wird (vgl. K. Grunwald und H. Thiersch, 2004).
- Die prinzipielle Gleichwertigkeit der Positionen von Klient und Professionellem ist bei dem Konzept der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit Voraussetzung, um Differenzen und Unverträglichkeiten auszutragen. Auch wenn dies eine Kontrollsituation ist, bei der der Sozialpädagoge der Kontrolleur ist, bleibt die prinzipielle Gleichwertigkeit erhalten. Es wird der Jugendlichen nicht einfach vorgeschrieben, was sie zu tun hat, sondern sie kann selber eine Entscheidung treffen, was sie tun möchte. Natürlich wird durch die Vorgabe der Möglichkeiten vom Sozialpädagogen das Gleichgewicht ein wenig gestört, dennoch wird nicht über die Jugendliche hinweg entschieden (vgl. Handout BA01 Soziale Arbeit als Wissenschaft und Profession, 2011).
- Lebensweltorientierte Kinder- und Jugendhilfe erledigt all ihre Aufgaben im Umgang mit Kindern und Jugendlichen vorrangig in Form des Aushandelns: Problemdeutungen, Regeln, Lösungsstrategien, Organisationsformen usw. werden im gemeinsamen, partnerschaftlichen Gespräch mit den Kindern und Jugendlichen entwickelt. Aushandeln bedeutet bisweilen auch ein im persönlichen Umgang faires, in der Sache aber hartes Diskutieren und Streiten. Es gibt darin aber Sachverhalte, die unterschiedlich stark verhandelbar sind (http://de.wikipedia.org/wiki/Lebensweltorientierung#Arbeits-_und_Selbstverst.C3.A4ndnis). In dieser Situation wird vor allem auf den letzten Satz dieses Interventionswissens eingegangen. Die Konsequenzen sind nicht sehr stark verhandelbar. Aber die Regeln und das Problem werden der Jugendlichen durch die Sozialpädagogin deutlich gemacht und im anschliessenden partnerschaftlichen Gespräch mit der Jugendlichen nochmals angeschaut und erklärt. Dort werden auch zusammen andere Lösungswege erarbeitet.
- Konfliktgespräch, Kreislauf kooperativer Konfliktlösung: 1. Erregung kontrollieren => Bewusstheit über den Konflikt herstellen, eigene emotionale Erregung dämpfen 2. Vertrauen aufbauen => die Beziehungsebene soll soweit gestärkt werden, dass Problemlösungen überhaupt in Betracht gezogen werden können 3. Offen Kommunizieren => spontan, einfühlsam, partnerschaftlich, an einem ruhigen Ort mit genügend Zeit 4. Problem lösen => gemeinsame Problemdefinition, unnachgibig im Anspruch, flexibel im Suchverhalten, 5. Vereinbarungen treffen => klar und widerspruchsfrei formulieren, Beachtung der Regel soll belohnt werden 6. Persönlich verarbeiten (vgl. W.Widulle, Gesprächsführung in der Sozialen Arbeit, 2010).
5.3 Erfahrungswissen – Woran erinnere ich mich, was kenne ich aus ähnlichen Situationen?
Wissen über die impulsive Reaktionen der Jugendlichen, wenn ihr etwas nicht passt => stures Verhalten, laute und freche Worte, unbeherrschte Bewegungen
- Die Jugendliche beruhigt sich nach einer emotionalen Phase sehr schnell wieder und ist nicht nachtragend
- Die Jugendliche reagiert in der Situation drin nicht auf Erklärungen oder sachliche Informationen => später kann man mit ihr aber gut darüber reden und erklären, wieso man etwas von ihr verlangt hat oder warum eine Regel einzuhalten ist
5.4 Organisations- und Kontextwissen – Welche Rahmenbedingungen beeinflussen mein Handeln?
- Auftrag der Organisation ist das Betreuen und Fördern der Kinder und Jugendlichen in verschiedenen Alltagsaufgaben sowie in schulischen Aufgaben
- Hauptziele der pädagogischen Förderung sind die Auseinandersetzung mit den Grenzen der eigenen Möglichkeiten im Alltag und die Erreichung einer möglichst grossen Selbständigkeit.
- Das Leben in der Wohngruppe bietet für die Umsetzung dieser Ziele gute Voraussetzungen. Realitätsnahe und den Fähigkeiten des Kindes angepasste Förderung steht im Mittelpunkt.
- Jedes Kind soll möglichst ideale Voraussetzungen für seine persönliche, körperliche und geistige Entwicklung erhalten.
5.5 Fähigkeiten – Was muss ich als professionelle Fachperson können?
Ruhig und sachlich bleiben in der Situation, nicht auf die persönliche Ebene rutschen => Aussagen oder Taten der Jugendlichen dürfen nicht persönlich genommen werden
- Wille zeigen, mit ihr die Situation später nochmals anzuschauen und Missverständnisse zu klären
- Gleichbehandlung, da alle Jugendliche mit geschlossenen Schuhen in die Schule gehen, weil das Wetter nicht passend ist.
- Selbst nicht nachtragend sein, objektiv und fair auf die Jugendliche zugehen, auch bei der anschliessenden Besprechung
- Klare Anweisungen geben und sich nicht durch die Reaktion der Jugendlichen verunsichern lassen => seinen Standpunkt klar vertreten und nicht nachgeben => emotionale Phase aushalten
- Das Setzen von Grenzen, wenn die Situation nicht mehr tragbar ist. Es ist zwar wichtig, dass Kompromisse geschlossen werden, jedoch sind Regeln ein wichtiger Bestandteil des Alltags.
5.6 Organisationale, infrastrukturelle, zeitliche, materielle Voraussetzungen – Womit kann ich handeln?
Zwei Betreuer arbeiten immer gleichzeitig, es ist nie jemand alleine
- Bei Problemen oder kritischen Situationen kann somit eine weitere Fachperson hinzugezogen werden.
- Grundsätzlich keine Einzelbetreuung, dennoch genug Zeit, um sich intensiv mit einer Person zu beschäftigen => es besteht meistens die Möglichkeit, dass Konsequenzen wie das in die Schule laufen, sofort umgesetzt werden können
- Durch das Führen eines Tagesjournals werden alle Mitarbeiter über die Geschehnisse des Tages informiert und können je nach dem nochmals mit dem Jugendlichen ein Thema aufnehmen.
- Jeder Jugendliche auf der Gruppe hat ein paar geschlossene Schuhe bei sich, wodurch ein Ausweichen auf offene Schuhe nicht nötig ist.
- 5.7 Wertewissen – Woraufhin richte ich mein Handeln aus? Welches sind die zentralen Werte in dieser Situation, die ich als handelnde Fachperson berücksichtigen will?
Leitbild der Organisation:
- Jeder Mensch ist auf zwischenmenschliche Beziehungen angewiesen, nimmt an diesen teil und gestaltet sie mit.
- Die menschliche Entwicklung ist ein dynamischer Wechselwirkungsprozess zwischen Mensch und Umwelt. Dieser wird am ehesten gefördert durch herausfordernde Interaktion und gemeinsames Tun und Sein.
- Wir achten einander und haben einen respektvollen Umgang
- Dilemmasituation: Die Werte der Jugendlichen (Tragen der Flipflops) stehen gegenüber Werten der Institution (Regeln, Gesundheit).
Berufskodex, Berufsethik:
- Grundsatz der Partizipation => Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, Miteinbezug des Jugendlichen, Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit wahren.
- Die Positionsmacht ist dem professionellen der Sozialen Arbeit bewusst und es wird damit sorgfältig umgegangen. (http://www.avenirsocial.ch/cm_data/Do_Berufskodex_Web_D_gesch.pdf
- Die Regeln, Rahmenbedingungen, Vorgaben der Institution sind klar kommuniziert
- Falls PSA Regeln, Rahmenbedingungen, Vorgaben mit ihren professionsethischen Werten nicht (mehr) vereinbaren können, thematisieren sie dies im Team, damit es für eine Weiterentwicklung genutzt werden kann
- Der Gleichbehandlung gegenüber den anderen Klient*innen wird Rechnung getragen
- Die Konsequenzen werden von der/dem PSA transparent gemacht
- Die Gestaltung der Situation als Lernsituation steht im Vordergrund, nicht das Durchsetzen bestimmter Verhaltensweisen.
- Die von den PSA ausgesprochenen Konsequenzen stehen in einem logischen Zusammenhang zum Regelverstoss
- Nach einem Regelverstoss ermöglicht die PSA der Klientel, die Sinnhaftigkeit der Regeln nachvollziehen zu können und erhöht so die Wahrscheinlichkeit, dass Regeln künftig eingehalten werden können
- In der Situation begegnen die PSA der Klientel mit einer wertschätzenden Haltung, was bedeutet, dass der Mensch und das Verhalten getrennt werden. Die PSA bleiben offen und unvoreingenommen.
- Die Klientel fühlt sich trotz Fehlverhalten akzeptiert
Die Jugendliche zeigt ein Verhalten, das gegen die Regeln verstösst. Sie wird darauf hingewiesen und es wird ihr erklärt, wieso dies nicht geht. Dabei wird auch auf die Gleichbehandlung gegenüber den anderen Jugendlichen hingewiesen. Dennoch zeigt die Jugendliche keine Einsicht und wird emotional und verliert die Kontrolle über sich. Die Sozialpädagogin kann aber ruhig bleiben und nimmt die verbalen Beschimpfungen nicht persönlich, wodurch sie die Rollendistanz wahren kann. Es wird nicht einfach über die Jugendliche bestimmt. Die Konsequenz wird dargelegt und es liegt anschliessend an der Jugendlichen, ob sie diese in Kauf nehmen möchte oder nicht. Darin wird ihr eine Auseinandersetzung mit sich selbst und mit der Situation ermöglicht und sie lernt, in emotionalen Situationen auch sachliche Entscheidungen zu treffen. Die Sozialpädagogin lässt sich ein wenig durch das doppelte Mandat verunsichern. Sie zieht die Konsequenz mit dem Laufen gar nicht in Betracht, da die Jugendliche sonst zu spät in die Schule kommt. In diesem Moment ist es hilfreich, dass ein erfahrener Sozialpädagoge da ist, der schon mehr Erfahrung mit solchen Situationen hat und der eine Möglichkeit aufzeigt, wie mit dem doppelten Mandat umgegangen werden kann. Darin bietet sich für die Sozialpädagogin eine gute Möglichkeit, für die Zukunft zu lernen. Der Kreislauf kooperative Konfliktlösungen wird in der Situation unbewusst verwendet, allerdings nicht in derselben Reihenfolge. Das Problem wird in der Schlüsselsituation zuerst gelöst und dann folgt die offene Kommunikation, bei der darüber gesprochen wird. In dieser Situation ist diese Reihenfolge eher angebracht, da die Jugendliche in dem Moment zu emotional ist, um in eine offene Kommunikation zu treten. Ausserdem spielt hier wieder das doppelte Mandat eine Rolle. Man nimmt sich zwar die Zeit, die Situation vorübergehend zu klären und würde eine Verspätung in der Schule in Kauf nehmen, dennoch ist es schwierig, das klärende Gespräch gerade nach der Situation zu führen, was sicherlich mehr Sinn machen würde.
Falls der Fall erneut auftreten würde, wäre es sinnvoll, wenn die Sozialpädagogin die Situation ohne Eingreifen des Sozialpädagogen meistert, damit die Klientin in diesem Falle eine Bezugsperson hat und nicht überfordert wird mit verschiedenen Anforderungen an sie. Durch das Interventionswissen, das die Sozialpädagogin hat, wäre dies durchaus möglich. Laut Kohlbergs „moralischer Entwicklung“ erfolgt Keration auf kooperatives Verhalten. Die Sozialpädagogin kann in diesem Moment kooperativ handeln, was im Idealfall zur Folge hat, dass sich die Klientin auch kooperativ verhält. Bei einem heissen Konflikt nach Widulle ist es wichtig, als Professionelle(r) der Sozialen Arbeit Ruhe zu bewahren, damit die Klientin Gelegenheit hat, sich zu beruhigen und das Gefühl vermittelt wird, dass das Problem lösbar ist. Es stellt sich die Frage, wieso die Klientin Flipflops tragen möchte und was sie für Argumente hervor bringen kann. Je nach Argumentation kann besser auf die Ressourcen eingegangen und ein Kompromiss gefunden werden. Zumal wäre es sinnvoll, wenn die Klientin die Flipflops mit nach Hause nimmt oder im Schrank versorgt, damit es keine ähnlichen Situationen mehr geben kann. Die Flipflops sind nicht der Jahreszeit entsprechend. Die Jugendliche kann sich durch die Gleichwertigkeit ihre Konsequenz für ihr Verhalten selbst auswählen, somit kann die Sozialpädagogin die Verantwortung der Klientin ganzheitlich übertragen. Dadurch wird das Gleichgewicht nicht gestört und das Aushandeln kommt zum Tragen, da die Regeln und Abläufe auf der Gruppe beachtet werden müssen. Konfliktsituationen zeigen, wie stark eine Beziehung ist und was sie aushält. Daher ist die Beziehungsarbeit im Alltag sehr wichtig und kann in Konfliktsituationen entscheidend für die Bewältigung sein.