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Mit Gewalt in der Gruppe umgehen / Handeln im Spannungsfeld zwischen Schutz versus Selbstwirksamkeit

  • Ein Konflikt artet in Gewalt aus oder droht auszuarten.
  • Die Gruppenmitglieder verfügen über zu wenig Fähigkeiten, um den Konflikt selbständig gewaltlos zu meistern.
  • Es sind starke Emotionen im Spiel, die drohen, die Beteiligten zu überfluten oder zumindest zu überfordern.
  • Für PSA besteht ein unmittelbarer Handlungsdruck zu intervenieren.
  • Die Beteiligten erleben, dass die Gewaltausübung sanktioniert wird.
  • Die PSA steht im Spannungsfeld von Schutz gewährleisten und Selbstwirksamkeit ermöglichen.

Kontext
Die Organisation ist ein Verein, der Kindern einen Spiel-, Lern- und Kreativort bietet, in welchem sie von den zwei Co-Leitenden traumainformiert begleitet werden. Eine der Co-Leitenden ist PSA (Professionelle der Sozialen Arbeit). Die Kinder können einen halben Tag bis zwei Tage pro Woche das Angebot nutzen.
Der Verein übernimmt keine Bildungsverantwortung. Es bestehen keine Anforderungen an die Kinder in Bezug zum Alter oder Bildungsweg, um das Angebot in Anspruch nehmen zu können. Das Angebot richtet sich explizit auch an neurodivergente Kinder.
Mit Bezug auf Rosa definieren Lindmeier et. al (2023: 12) Neurodivergenz wie folgt:
Während es für einige Neurodivergenzen Diagnosen bzw. Bezeichnungen gibt, zeichnet sich die Erfahrung der Neurodivergenz meist durch eine veränderte Resonanz mit der Welt aus. Der Aspekt der Resonanz ist hier im Sinne der Erwartung an ein “Vertrautwerden”, eine “Beziehung” mit Anderen, Dingen und der Welt zu verstehen, als ein “Schwingen” mit sozialen, materialen und strukturellen Elementen der Welt, als ein Aufbau einer Weltbeziehung.
Im Unterschied zur Neurodivergenz, bezeichnet “Neurodiversität” die Vielfalt aller menschlicher Gehirne. Der Begriff “neurodivers” kann nur für eine Gruppe verwendet werden und nicht für ein Individuum. Ein Individuum kann “neurotypisch” oder “neurodivergent” sein (vgl. ebd.: 11-12).
Die Kinder werden in Gruppenprozessen, im Spiel, beim Gestalten oder im wöchentlichen Turnangebot begleitet. Fokus des Vereins ist es, präventive Massnahmen für psychische Gesundheit umzusetzen, indem die Kinder lernen ihre eigene Gefühlswelt auszudrücken und darin unterstützt werden.
Aktuell sind alle Kinder zwischen 2 bis 8 jährig. Die Kinder, die bereits im schulpflichtigen Alter sind, sind im Homeschooling angemeldet.


Ausgangslage
Der 7.5 jährige Klient (KL1) besucht das Angebot seit einem halben Jahr zwei Tage pro Woche. In der Startphase, die circa ein Monat dauerte, besuchte er nur einen Tag pro Woche das Angebot. Der KL1 hat eine Autismus-Spektrum (AS) Diagnose und besuchte vorher diverse Angebote wie die Öffentliche Schule und eine Privatschule. Seit drei Monaten ist KL1 im Homeschooling angemeldet.
Seit zwei Wochen reagiert KL1, abwehrend auf die PSA. Z.B. äussert KL1 sich mit “Geh weg”, wenn sich ihm die PSA nähert. Auf Grund dieser akuten Abwehrhaltung hat eine Woche vorher ein Austausch zwischen PSA, der zweiten Co-Leitenden und den Eltern stattgefunden. Dabei konnte für die Entstehung dieser akuten Abwehrhaltung kein Grund festgestellt werden.
Zu Beginn des Eintritts des KL1 in die Institution hatte KL1 Konflikte mit anderen Kindern. Im Verlaufe der Zeit haben sich diese Spannungen in Freundschaften entwickelt. Die verschwindenden Spannungen treten zeitgleich mit der Abwehrhaltung zu PSA auf. Die Situation spielt sich draussen im Aussenbereich ab. Die PSA befindet sich dort alleine mit KL1, KL2 (2.5 jährig) und fünf anderen Kindern. Die Kinder spielen selbstständig. PSA ist verfügbar, hat aber keine aktivierende Rolle. Die zweite Co-Leitende ist drinnen. Der KL1 besitzt ein laminiertes Papier mit zwei Tierfiguren, welches er immer mit sich mit nimmt und in seiner Nähe platziert. Die Figuren schauen ihm bei seiner Tätigkeit zu und werden ins Rollenspiel mit einbezogen.

Situation
PSA und KL1 befinden sich im Aussenbereich vor einem Trampolin. KL2 will auf die Leiter steigen um das Trampolin zu besteigen um dort zu springen. PSA steht hinter KL2. KL1 will ebenfalls auf das Trampolin, da sich sein wichtiger
Gegenstand auf dem Trampolin befindet, welcher er dort zuvor beim Spiel liegen gelassen hat.
KL2 besteigt das Trampolin, KL1 versucht dies zeitgleich von der rechten Seite und versucht KL2 von der Leiter zu stossen. PSA stellt sich zwischen KL1 und KL2. PSA hilft KL2 von der Leiter zu steigen. Danach befindet sich KL2 auf dem Boden. Zeitgleich beginnt KL1 PSA mit der Hand in Richtung Bauchregion zu schlagen. PSA hält KL1 an den Händen fest und sagt laut “stopp”. KL1 beginnt mit den Füssen zu treten und versucht die PSA in den Arm zu beissen. Die PSA lässt die Arme des KL1 los, welcher zu diesem Zeitpunkt sofort weg rennt in einen unteren Teil des Gartens.

Erste Sequenz

Spielen im Aussenbereich
PSA und KL2 befinden sich auf der Wiese des grossen Aussenbereichs vor einem Trampolin. KL2 will auf die Leiter steigen um das Trampolin zu besteigen, um dort zu springen. PSA steht hinter KL2. KL1 befindet sich einige Meter weiter weg im Rücken der PSA. Er will ebenfalls auf das Trampolin, da sich sein wichtiger Gegenstand auf dem Trampolin befindet, welcher er dort zuvor beim Spiel liegen gelassen hat.
KL2 hält sich an der Leiter fest und versucht das Trampolin zu besteigen. PSA steht nach wie vor hinter ihm um ihn zu sichern. KL1 kommt in schnellem Schritt auf die Leiter zu gelaufen. Die PSA sowie KL2 nehmen wahr, dass KL1 auf sie zukommt. Beim Trampolin angekommen, greift KL2 von der rechten Seite nach der Leiter. PSA wendet sich KL1 zu, hat KL2 im Blick.

Reflection in Action
Emotion Klientin 1: Ich werde unruhig als ich bemerke, dass sich mein wichtiger Gegenstand auf dem Trampolin befindet und sich KL2 darauf zu bewegt. Entschlossen begebe ich mich zu der Leiter des Trampolins, um möglichst vor KL2 zu meinem wichtigen Gegenstand zu gelangen. Meine innere Unruhe steigt, weil ich nicht an KL2 vorbei auf das Trampolin steigen kann. Die Situation lädt mich emotional auf und ich fühle mich körperlich angespannt.

Emotion Klientin 2: Ich bin gutgelaunt, freudig und zufrieden als ich mich beginne der Treppe zu zuwenden. Ich fühle mich neugierig sowie explorierend beim Versuch die Treppe zu besteigen. Dabei fühle ich mich auch sicher, unterstützt sowie begleitet von der PSA. Ich bin sehr fokussiert und vergnügt bei der Sache. Das Besteigen der Treppe lässt mich angeregt und lebendig fühlen.
Ich habe Lust das Trampolin zu besteigen und habe Freude daran mich auszuprobieren. Ich fühle mich sehr in meiner eigenen Welt. Interessiert und offen nehme ich wahr, dass da ein anderes Kind von der Seite kommt. Ich bin ein bisschen überrascht und versuche zu erfassen, was das Kind für eine Absicht hat.

Emotion PSA:
Ich stehe konzentriert hinter KL2 und fokussiere mich auf seine Sicherheit beim Besteigen der Leiter. Dabei fühle ich mich motiviert und optimistisch KL2 in seinem Vorhaben zu unterstützen. Ich bin in Beziehung mit KL2 und nehme seine Zufriedenheit & Neugierde wahr. Mein Körper fühlt sich entspannt und zugeneigt an.
Ich nehme den schnellen Schritt von KL2 wahr und spüre seine starke Absicht. Ich empfinde eine gewisse Skepsis und Anspannung, aufgrund vorheriger Konfliktsituationen.

Kognition PSA:
Ich denke in diesem Moment nur an die Sicherheit von KL2. Als sich KL1 nähert bleibt keine Zeit mir Fragen zu seiner Absicht zu machen. Ich muss dafür sorgen, dass kein Konflikt entsteht. Ich weiss, dass KL1 sich in einem Hyperfokus befinden könnte und er in diesem Zustand über wenig Impulskontrolle verfügt.


Zweite Sequenz

Ein kurzes Handgemenge
Es entsteht ein kurzes Handgemenge, dabei versucht KL1, KL2 von der Leiter zu stossen. PSA drängt sich zwischen KL1 und KL2 und hilft KL2 von der Leiter, indem sie ihn mit dem vorhandenen Schwung abfängt und auf dem Boden platziert. Danach befindet sich KL2 unverletzt und sicher auf dem Boden.

Reflection in Action
Emotion Klientin 1: Entschlossen das Trampolin zu besteigen, versuche ich KL2 hastig aus meinem Weg zu schaffen. KL2 leistet mir Widerstand, was in mir Ärger auslöst. Die PSA stellt sich zwischen mich und KL1, eifrig will ich die Leiter hochklettern. Ich werde aufgeregt, als ich realisiere, dass die PSA meinen Plan verhindert. Ich nehme wahr, wie Frustration in mir aufsteigt, ich fühle mich unverstanden.

Emotion Klientin 2: Ich fühle mich nach wie vor sicher und geschützt von der PSA, was mich auch ermutigt in den Kontakt mit dem anderen Kind zu gehen. Im kleinen Handgemenge mit KL1 fühle ich mich spielerisch herausgefordert. Dabei empfinde ich mich selbst als interessiert. Als mich dann KL1 versucht von der Leiter zu stossen, bin ich stark erschrocken, von dem unerwarteten hohen Impact auf meinen Körper. Während die PSA den Stoss von KL1 etwas abfängt und mich auf den
Boden geleitet, fühle ich mich etwas verwirrt und gestört, da das ganze sehr schnell geht. Ich bin irritiert, warum sich KL1 so wild/grob verhält, und ich jetzt plötzlich am Boden bin. Ich sitze plötzlich neben der Leiter, das macht mich etwas ärgerlich, ist es doch nicht das, was ich erwartet habe und gewollt habe.

Emotion PSA:
Ich bin erschrocken, irritiert und alarmiert, als KL1 versucht KL2 von der Leiter zu stossen. Ich bin angespannt und beunruhigt, aber entschlossen, als ich zwischen KL1 und KL2 trete. Gegenüber KL1 bin ich abwehrend. Als KL2 sicher auf dem Boden ist, bin ich erleichtert.

Kognition PSA:
Ich muss KL2 schützen und ihn in Sicherheit bringen. Er kann sich selbst nicht schützen. Ich muss sofort reagieren, bevor KL2 von der Leiter stürzt. Ich habe keine Zeit mir Gedanken zum Hintergrund von KL1 zu machen, ich muss “das Feuer löschen”.

Dritte Sequenz

Körperliche Gewalt
Während die PSA den KL2 zu Boden geleitet, beginnt KL1 die PSA1 mit der Hand in Richtung Bauchregion zu schlagen. Nach ein paar Schlägen hält die PSA1 KL1 an den Händen fest und sagt laut “stopp”. Der Appell verhindert weitere Gewalt von KL1 nicht. An den Händen fixiert, beginnt KL1 sich zu winden und mit den Füssen gegen die PSA zu treten. KL1 bewegt sich weiterhin intensiv und versucht die PSA1 in den Arm zu beissen. Dabei kommt es zu keinem tatsächlichen Biss.

Reflection in Action
Emotion Klientin 1: Zuerst erschrecke ich durch die energische Reaktion der PSA, ich bin frustriert, weil ich zu meinem wichtigen Gegenstand gelangen will. Um mein Ziel dennoch zu erreichen, schlage ich mit den Händen gegen die PSA. Ich fühle mich überrumpelt von der Dynamik, welche sich in der Situation entwickelt hat und will unbedingt auf das Trampolin. Als die PSA mich an den Händen greift, fühle ich mich in die Enge getrieben, ich will mich unbedingt schnellstmöglich aus ihrem Griff befreien und werde wütend. Reflexartig versuche ich sie zu beissen. Angst und Verzweiflung steigen in mir hoch, ich fühle mich ihr ausgeliefert. Ich versuche mich mit allem, was mir zur Verfügung steht zu wehren. Ich verspüre einen grossen Drang, aus der Situation und vor der PSA zu fliehen.

Emotion Klientin 2:
Als ich dann am Boden sitze fühle ich mich von KL1 unfair behandelt, bin perplex und zögerlich wie ich mich weiter verhalten soll. Ich fühle mich orientierungslos und verwirrt, da ich nicht verstehe, warum dies gerade alles so passiert. Weil die PSA von KL1 so vereinnahmt ist, fühle ich mich alleingelassen und nebensächlich. Dazu auch leicht schockiert vom Verhalten von KL1.
Ich verfolge gebannt die weiteren Geschehnisse zwischen KL1 und PSA.
Beim Beobachten fühle ich mich etwas unbehaglich und auch etwas verletzt und enttäuscht von KL1, dass er mich so in meinem Explorieren gestört hat.

Emotion PSA:
Ich bin erschrocken und nehme akute Not und Bedrohung wahr. Ich empfinde Mitgefühl, da ich auch bei KL1 Not wahrnehme. Ich habe Angst und bin überwältigt, als KL1 versucht mich zu beissen. Ich nehme eine Enge in Brust und Bauch wahr. Gleichzeitig bin ich überzeugt im Wahren meiner körperlichen Grenze.

Kognition PSA:
Ich muss mich schützen und körperliche Verletzung bei mir und KL1 verhindern. Ich weiss, dass Festhalten eine intensive Intervention ist, sehe aber keine Alternative. Ich kann kognitiv auf die Annahme des guten Grundes zugreifen, bin mir gleichzeitig aber meiner körperlichen Grenze bewusst. Diese Grenze ziehe ich bewusst.

Vierte Sequenz

Auseinander gehen
Nach dem Biss-Versuch lässt die PSA die Arme des KL1 los. Dieser wendet sich
darauf hin direkt von der PSA1 ab und rennt in Richtung des unteren Gartenteils davon. Die PSA blickt KL1 nach und bleibt beim Trampolin stehen. KL2 sitzt nach wie vor neben dem Trampolin am Boden und wendet sich einem anderen Spiel zu. KL1 rennt hinter eine Hecke und verschwindet somit aus dem Sichtfeld der PSA. Die PSA bleibt mit KL2 beim Trampolin.

Reflection in Action
Emotion Klientin 1: Schlüsselsituation 9 Als die PSA meine Arme los lässt, kann ich endlich entkommen. Eine erste Erleichterung stellt sich ein. Ich brauche Raum für mich, ich bin entrüstet über das Geschehene. Es frustriert mich, dass ich meinen wichtigen Gegenstand nicht zu mir holen konnte und ich bin wütend über die PSA. Ich bin niedergeschlagen und bedrückt, weil ich weiss, dass ich mich nicht richtig verhalten habe. Ich bin missmutig und denke über die Situation nach. Ich bin traurig und habe Angst, dass ich von der PSA oder meinen Eltern gerügt werde. Es fühlt sich beklemmend an. Ich will nicht mehr in der Nähe der PSA sein.

Emotion Klientin 2:
Ich bin nach wie vor leicht verwirrt, von den rasanten Geschehnissen, die ich nicht verstehe. Als KL1 wegrennt und die Interaktion ruhiger wird, fühle ich mich etwas entspannter und frei mich wieder friedlich etwas anderem zuzuwenden.

Emotion PSA:
Ich bin ausser Atem und fühle mich durcheinander. Ich bin betroffen und enttäuscht, als ich KL1 wegrennen sehe. Ich nehme eine erste körperliche Erleichterung wahr, als KL1 sich entfernt hat. Danach bin ich leicht entspannt.

Kognition PSA:
Ich frage mich, ob ich KL1 folgen will/soll. Ich verstehe nicht, was passiert ist. Ich realisiere, dass sich mein Körper zuvor in einem “Fight” Zustand (Kampf) befand. Ich frage mich, wo KL1 jetzt ist und wie ich nun handeln kann. Ich frage mich, wieso es zu dieser Situation kam. Mir ist bewusst, dass es KL1 jetzt nicht gut geht und die Situation nicht gut verlaufen ist. Ich mache mir Vorwürfe und finde zeitgleich keine Alternative, wie ich in der rasanten Geschwindigkeit anders hätte handeln können.

5.1      Erklärungswissen – Warum handeln die Personen in der Situation so?

AS – Fragen in Bezug zu Perspektive KL1

Arbeitsfrage

Was bedeutet AS? In Bezug zu Impulskontrolle, Fokussierung, Konfliktfähigkeiten, Emotionsregulation.

Definition AS

Beim Begriff “Autismus-Spektrum” handelt es sich um einen zusammenfassenden Begriff, welcher nicht synonym ist mit der Bezeichnung “Autismus-Spektrum-Störung”. Der Zusatz “Störung” impliziert einerseits eine Defizitorientierung sowie, dass es sich bei Autismus kategorisch um eine psychische Störung handelt (vgl. Theunissen et al. 2015: 41). Im Unterschied zu dem ASAN (Autistic Self Advocacy Network) wird in Definitionen nach ICD-11 (International Classification of Diseases) und DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) Autismus ebenfalls als Störung oder Krankheit dargestellt (vgl. Theunissen 2020: 25). Basierend auf den Forschungen von L. Mottron und M. Dawson wird von ”autistischen Menschen” gesprochen, anstatt von “Menschen mit Autismus” (vgl. ebd.: 26).

Folgende Merkmale zeichnen das Autismus-Spektrum aus:

  • Unterschiedliche (hyper- oder hypo-)sensorische Erfahrungen.
  • Unübliches Lernverhalten und Problemlösungsverhalten.
  • Fokussiertes Denken und ausgeprägte Interessen in speziellen Bereichen.
  • Atypische, manchmal repetitive Bewegungsmuster.
  • Bedürfnis nach Beständigkeit, Routine und Ordnung.
  • Schwierigkeiten, Sprache zu verstehen und sich sprachlich auszudrücken, so wie es üblicherweise in Kommunikationssituationen (Gesprächen) erwartet wird.
  • Schwierigkeiten, typische soziale Interaktionen zu verstehen und mit anderen Personen zu interagieren.

(vgl. Theunissen 2020: 27-49).

Ein weiteres wichtiges Merkmal besteht darin, dass sich die Verhaltensweisen bereits in früher Kindheit zeigen (vgl. Kamp-Becker/Bölte 2021: 12).

Autistische Menschen verfügen des weiteren über eine andere Gehirn-Struktur, wie das der nicht autistischen Menschen, welche neurotypisch genannt werden (vgl. Schirmer 2022: 30). Es gibt diverse neurowissenschaftliche Ansätze und Hypothesen, eine dieser Theorien nennt sich “Theorie der intensiv erlebten Welt” (Intense World Theory) (vgl. Theunissen 2020: 57).

Mit Bezug auf Makram & Makram, Wagner und Szalavitz schreibt Theunissen (2020: 57) über die Intense World Theory:

Sie geht davon aus, dass autistische Personen ein für die Reizverarbeitung als überempfindlich zu beschreibendes Gehirn haben. Begründet wird dies mit einer Hyperfunktionalität von früh erworbenen, übermässig, vielen neuronalen Mikroschaltungen (mini-coumns) und vor allem mit einer “Hyperreaktivität der Hirnareale, die für die Wahrnehmung, Gedächtnis und Emotionen zuständig sind”.

Autistische Fähigkeiten und autistische Intelligenz

Autistische Menschen verfügen über eine Vielzahl von Fähigkeiten. Gegenstände oder Situationen können in Einzelteile zerlegt werden und kleine Details werden erkannt. Auch Muster oder Figuren, welche sich im Hintergrund befinden sind für sie erkennbar. Weiter werden Wörter als Bilder und Muster abgespeichert. Ein grosses Faktenwissen kann angeeignet werden und spezielle Interessen werden vertieft (vgl. Theunissen 2020: 79).

Spielverhalten

Das Spielverhalten von autistischen Kindern zeichnet sich aus, durch ein Spiel mit allen Sinnen. Dem Ton, Geruch und Geschmack eines Gegenstandes wird zusätzliche Aufmerksamkeit geschenkt, zum Beispiel mit abklopfen oder reinbeissen. Gegenstände werden weiter auf verschiedenste Art & Weise platziert und üben dadurch eine grosse Faszination auf das Kind aus (vgl. Kamp-Becker/Bölte 2021: 14). Ritualisierende Muster zeigen sich auch im Spielverhalten (vgl. ebd.: 15).

Impulskontrolle

Definition Impulskontrolle:

Die Impulskontrolle besteht aus zwei Fähigkeiten. Einerseits kann ein akutes Bedürfnis hinausgeschoben werden und andererseits kann ein Bedürfnis unterdrückt werden, um ein langfristiges Bedürfnis zu erfüllen (vgl. Schirmer 2022: 79). Beispiel: Eine Person schiebt ein Bedürfnis hinaus, indem sie erst am Abend (einmal am Tag) ein tierisches Produkt isst oder unterdrückt das Bedürfnis nach tierischen Produkten generell, um das längerfristige Bedürfnis nach einem veganen Lebensstil umzusetzen.

Da die Impulskontrolle in Beziehungen erlernt und angewendet wird, ergeben sich daraus Schwierigkeiten für Kindern im Autismus-Spektrum. Ihre Interaktion mit Mitmenschen ist beeinträchtigt und Entwicklungsprozesse beim Erlernen der Impulskontrolle gelingen nicht erfolgreich. Die spezifischen Lernvoraussetzungen müssen von den Eltern zuerst erkannt und angewendet werden (vgl. ebd.: 80).

Im Gegensatz dazu besteht die Impulsivität, welche sich auszeichnet durch die Unfähigkeit eine Reaktion zurückzuhalten (vgl. ebd.: 79). Viele Menschen im Autismus-Spektrum verhalten sich impulsiv, da sie die Fähigkeit zur Impulskontrolle noch nicht erworben haben (vgl. ebd.: 80).

Fokussierung

“Stark eingeschränkte, fixierte Interessen, die mit “abnormer” Intensität oder Fokussierung einhergehen (z. B. starke Bindung an ungewöhnliche Objekte; eng umschriebene, exzessive, perseverative Beschäftigung mit ungewöhnlichen Dingen oder Interessen).” (Theunissen 2020: 24)

Emotionsregulation und Körperwahrnehmung

Definition Emotionsregulation:

“Emotionale Regulation ist die Fähigkeit, auch bei starken Emotionen sein Verhalten steuern zu können.” (Schirmer 2022: 83)

Das Identifizieren und Interpretieren der eigenen Gefühle ist für autistische Menschen erschwert. Als Folge ist ein positiver Umgang mit den eigenen Emotionen und somit auch die Emotionsregulation herausfordernd (vgl. Theunissen et al. 2015: 114). Die Emotionsregulation ist verzögert und verbunden mit Widerstand und ängstlich-depressiven Symptomen bei Veränderung (vgl. Kamp-Becker/Bölte 2021: 42). Veränderungen können auch Panikzustände auslösen (vgl. ebd.: 15).

“Viele Menschen im Autismus-Spektrum erleben sich selbst nicht als handelnde Person, sie können sich nicht von der Umwelt abgrenzen.” (Theunissen et al. 2015: 114) Dementsprechend ist es schwierig, Gefühle sich selbst zuzuordnen und zu identifizieren (vgl. ebd.: 114).

Menschen im Autismus-Spektrum erleben typischerweise eine veränderte Körperwahrnehmung. Diese Einschränkung hat einen negativen Einfluss auf die Gefühlswahrnehmung sowie auf die Zuordnung der Gefühle (vgl. Theunissen et al. 2015: 114). Hunger und Durst können zum Beispiel verändert, beziehungsweise vermindert wahrgenommen werden oder es kommt zu einer Verwechslung beider Bedürfnisse (vgl. ebd.: 224). Eine weitere veränderte Körperwahrnehmung kann ein vermindertes Schmerzempfinden sein (vgl. ebd.: 225).

Relationierung

AS

In der Schlüsselsituation ist zu erkennen, dass KL1 Schwierigkeiten hat, sich sprachlich auszudrücken und mit PSA1 zu kommunizieren. Er hat weder die Möglichkeit sein Bedürfnis zu verbalisieren (den Gegenstand auf dem Trampolin zu holen), noch, die für ihn starke Bedrohung in Worten zu äussern. Die Interaktion zwischen PSA1 und KL1 ist erschwert. Die Schwierigkeit sich verbal auszudrücken, deutet auf ein Erkennungsmerkmal des Autismus-Spektrums hin. KL1 ist es weiter nicht möglich, auf das verbale “Stopp” der PSA1 einzugehen. Als PSA1 die Hände des KL1 festhält, reagiert er hypersensorisch auf die Berührung, indem er non-verbal ein starkes Unbehagen äussert.

Es wird ersichtlich, dass KL1 nicht die Möglichkeit hat, seinen Impuls hinauszuschieben und somit zu warten, bis KL2 die Leiter verlassen hat und er in aller Ruhe, sprich ohne Hindernis, seinen Gegenstand auf dem Trampolin holen könnte. Die Impulskontrolle gelingt nicht. Er verhält sich impulsiv. KL1 verfügt über eine starke Bindung zum Objekt auf dem Trampolin, welche auf eine Fokussierung hinweist. Den Gegenstand nimmt KL1 jedes Mal mit, wenn er den Standort wechselt und platziert ihn (laminiertes Papier mit zwei Figuren) so, dass die Figuren ihm bei seiner Tätigkeit zuschauen können. Im Rollenspiel werden die Figuren einbezogen, müssen zum Beispiel verarztet werden oder sind der Grund für ein Verhalten von KL1.

KL1 ist es nicht möglich in der Interaktion mit der PSA1 seine Gefühle zu benennen und zuzuordnen (Emotionsregulation). Er verlässt die Situation und positioniert sich in einem entfernten Standort. Daraus ist zu schliessen, dass er die für ihn bedrohliche Situation verlassen konnte (”Flight” Reaktion). Durch seine anhaltende Verzweiflung wird klar, dass die Emotionsregulation verzögert ist. Da es eine fluchtartige Handlung ist, ist daraus zu schliessen, dass es sich um eine Handlung aus dem Affekt und nicht um eine bewusste Wahl handelt.

Die Frage stellt sich nun, inwieweit ein Kind im Alter von knapp 8 Jahren über Fähigkeiten der Emotionsregulation verfügt – darauf wird im Abschnitt “Entwicklungspsychologie” eingegangen.

Selbstwirksamkeit

Arbeitsfrage

Wie wirkt sich die Selbstwirksamkeitserwartung auf das Bewältigen von schwierigen Situationen aus?

Definition von Selbstwirksamkeit

Boeger/Lüdmann (2022: 268-269) beziehen sich auf Bandura, Lazarus & Fokman sowie Schwarzer und definieren Selbstwirksamkeit so:

Selbstwirksamkeit ist die Überzeugung, durch eigene Fähigkeiten und Mittel Ziele zu erreichen und Hindernisse auf dem Weg dahin erfolgreich zu überwinden (Bandura, 1997; Lazarus & Folkman, 1986; Schwarzer, 2000). Diese Überzeugung einer Person bezüglich ihrer eigenen Wirkkraft beeinflusst ihre Wahrnehmung, ihre Motivation und ihre Leistungen. Eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung hat positive Auswirkungen auf die eigene Anstrengung, Ausdauer und das Durchhaltevermögen sowie auf ein aktives Bewältigungsverhalten (Schwarzer, 2000). Selbstwirksamkeit und Selbstwert sind Merkmale, die eng miteinander verbunden sind.

Selbstwirksamkeit fördern

Die innere Überzeugung einer Person, durch eigene Kraft und mit eigenen Kompetenzen, eine schwierige Situation bewältigen zu können, wird als Selbstwirksamkeitserwartung bezeichnet. Verfügt eine Person über eine hohe Selbstwirksamkeit, führt dies zu einem erhöhten Selbstwertgefühl und zu einem aktiven Bewältigungsverhalten. Zusammen stellen die Selbstwirksamkeitserwartung und die sozialen Ressourcen wichtige Faktoren zur erfolgreichen Bewältigung von herausfordernden Situationen dar. Selbstwirksamkeit wird am stärksten durch Erfolgserfahrungen aufgebaut und erweitert. Im Idealfall wird Selbstwirksamkeit bereits in der frühen Kindheit erfahren und erlebt, indem sie in die Erziehung von Kindern eingebaut wird. Werden Stärken und Erfolge eines Kindes betont, fördert dies die Motivation, sich für ein Ziel anzustrengen. Auch in Präventions- und Interventionsprogrammen wird oft die Selbstwirksamkeit sowie die Förderung des Selbstwertgefühls eingebaut. Klienten erarbeiten zusammen mit Fachpersonen herausfordernde jedoch realistische Nahziele. Werden diese Ziele erreicht, wird der erzielte Erfolg der eigenen Anstrengung zugeschrieben. Durch diese Erfolgserlebnisse steigt die Motivation, weitere Anstrengungen in Kauf zu nehmen, um weitere Ziele zu erreichen. Durch diese Methode kann die Selbstwirksamkeitserwartung einer Person erhöht werden (vgl. ebd. 2022: 268-269).

Relationierung

Wo wird in der Situation mangelnde oder effektive Selbstwirksamkeitserwartung von KL1 sichtbar? Die Anwendung von Gewalt durch KL1 kann als Selbstwirksamkeit von KL1 interpretiert werden. KL1 versucht dadurch das Ziel, auf das Trampolin zu steigen und zu dem wichtigen Gegenstand zu gelangen, zu erreichen. In der Vergangenheit hat KL1 die Erfahrung gemacht, dass dies letztendlich zu dem führt, was er möchte. Allerdings entspricht die Selbstwirksamkeitserwartung Normen und Werten einer Gesellschaft. PSA1 und KL1 befinden sich in der gleichen Gesellschaft, wo Gewalt weder mit Selbstwert noch mit Selbstwirksamkeitserwartung relationiert wird. Daher resultiert die Gewaltbereitschaft von KL1 eher aus einer mangelnden Selbstwirksamkeitserwartung heraus. Im Wissen, dass KL1 sich verbal nicht immer gut ausdrücken kann und KL1 in früheren Situationen nicht gehört und beachtet wurde, ist die Selbstwirksamkeitserwartung von KL1 in dieser Situation gering. KL1 hat keine Möglichkeit, auf bereits erworbene Kompetenzen bezüglich eines aktiven Bewältigungsverhalten von schwierigen Situationen zurückzugreifen. Auf sein Verhalten erhielt KL1 in der Vergangenheit eher defizitorientierte Rückmeldungen. Diese defizitorientierten Rückmeldungen schmälerten das Selbstwertgefühl von KL1. KL1 glaubt nicht daran, dass Probleme durch eigene Kraft und bewusstem Handeln, ohne Gewalt anzuwenden, gelöst werden können.

Wo wird in der Situation mangelnde oder effektive Selbstwirksamkeitserwartung von PSA1 sichtbar? Als die PSA1 eine mögliche Gefahr für KL2 erkennt und den Entschluss fasst, KL2 zu schützen, hat PSA1 eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung, was den Schutz von KL2 betrifft. PSA1 ist wachsam, nimmt die Dynamik der Situation wahr und leitet Massnamen zum Schutz von KL2 ein. Im Gegensatz dazu kann PSA1 das Verhalten von KL1 nicht richtig zuordnen. PSA1 kann nicht auf Erfahrungswissen aus ähnlichen Situationen in der Vergangenheit zurückgreifen. PSA1 fühlt sich in der Situation ohnmächtig und unsicher. PSA1 möchte KL1 unterstützen, weiss jedoch nicht, was KL1 im Moment gerade braucht, um den Konflikt konstruktiv lösen zu können. Die Selbstwirksamkeitserwartung von PSA1 ist in diesem Moment gehemmt, es ist die erste Erfahrung von PSA1 mit körperlicher Gewaltanwendung durch Klienten, vor allem weil die Gewalt direkt gegen PSA1 gerichtet ist. Die Situation entwickelt sich schnell, die PSA1 kann in diesem Moment KL1 nicht vertrauen und die Situation ihren Lauf nehmen lassen. PSA1 ist unsicher, wie sich KL1 ihr und KL2 gegenüber verhalten wird und was eine angemessene Reaktion darauf wäre.

Gewalt oder Aggression als Versuch der Selbstwirksamkeit

Arbeitsfrage

Wie lässt sich die Anwendung von Gewalt im Kontext mit Selbstwirksamkeit erklären?

Differenzierung und Definition Gewalt und Aggression

Gehring-Decker et al. (2016: 28) differenzieren Gewalt und Aggression wie folgend beschrieben:

Gewalt ist die Intention, jemandem zu schaden oder eine mögliche Schädigung in Kauf zu nehmen. Ob es tatsächlich zu einer Schädigung kommt ist irrelevant. Gewalthandlungen sind nicht immer einzelne Handlungen, sondern können als Handlungsabfolgen auftreten, die im Einzelfall vielleicht als harmlos definiert werden, in Kombination und ihrer Gesamtheit jedoch negative Folgen für das Opfer haben können. (Steingen 2016: 31) Aggression auf der anderen Seite ist biologisch gesehen die positive Durchsetzungsfähigkeit von Tieren und Menschen. Sie ist für die Bewältigung des Lebens notwendig, um Ziele zu erreichen, sich behaupten und abgrenzen zu können. Die Aggression stellt einen wichtigen Aspekt für die psychische Gesundheit dar. Gesunde Aggression und Gewaltverhalten sind demnach klar voneinander zu unterscheiden, obwohl die beiden Begriffe umgangssprachlich häufig synonym verwendet werden. In verschiedenen Fachrichtungen lassen sich unterschiedliche Definitionen zu den einzelnen Begriffen finden, eine einheitliche Meinung gibt es allerdings nicht und verdeutlicht somit die Komplexität der beiden Phänomene.

Geringe Frustrationstoleranz und geringes Selbstwertgefühl bei Kindern mit AS

Kinder im autistischen Spektrum verfügen über eine geringe Frustrationstoleranz. Bei Schwierigkeiten oder beim Auftreten von Problemen neigen betroffene Menschen dazu, ausweichendes Verhalten zu zeigen und solche Situationen zu meiden. Dinge, welche sie nach ihrem eigenen Empfinden nicht gut können, versuchen sie möglichst zu umgehen. Dieses Vermeidungsverhalten lässt sich mit Misserfolgserlebnissen aus dem Alltag relationieren. Autistische Kinder sind in ihrem privaten wie auch schulischen Umfeld häufiger mit Ablehnung, Misserfolgen und Exklusion konfrontiert als dies neurotypische Kinder sind. Daraus resultiert ein geringeres Selbstwertgefühl, welches zu psychischen Symptomen wie Ängsten, Depressionen, Zwängen oder selbstverletzendem Verhalten führen kann. Die Kombination aus tiefem Selbstwertgefühl und geringer Frustrationstoleranz kann zu unangemessenen und übertriebenen Gefühlsausbrüchen führen. Ausserdem lassen Gefühle wie Wut, Ärger, Ohnmacht oder Trauer, Kinder schneller zu Aggressionen greifen (vgl. Girsberger 2016: 145).

**Meltdowns (Zusammenbrüche) bei Menschen mit AS

Befindet sich ein Kind in einem Wutanfall, ist dies eine zielgerichtete Handlung, um etwas zu erreichen. Das Kind kann die Handlung stoppen, wenn es das will, denn diese Handlung ist eine bewusste Aktion eines Kindes. Anders ist das bei einem sogenannten Meltdown. Kinder kommen unfreiwillig in diesen Zustand und erleben dabei oft panikähnliche Gefühle, das Kind hat über diesen Zustand keine bewusste Kontrolle mehr. Besonders bei autistischen Kindern besteht ein erhöhtes Risiko, in solche Zustände zu verfallen. Die Auslöser dafür können vielfältig sein. Oft können Reize, welchen das Kind über längere Zeit ausgesetzt war, nicht genügend verarbeitet werden und führen zu einer Überlastung. Auch plötzliche und unvorhergesehene Änderungen einer Situation können enormen Stress und infolge einen Meltdown nach sich ziehen. Das Kind kann in dieser Situation keine Informationen mehr aufnehmen und Erklärungsversuche haben keine Effekte mehr. In solchen Momenten kann nur versucht werden, das Kind zu beruhigen. Eine frühzeitige Erkennung einer möglichen Krise und nötige Vorkehrungen, wie die Reduktion von Umgebungsreizen können das Risiko für Zusammenbrüche vermindern (vgl. ebd. 2016: 124-125).

Genderunterschiede bezüglich Gewaltverhalten

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass Aggression und Gewalt in allen Kulturkreisen vorkommen, allerdings ist bei der Stärke und Form eine Abhängigkeit von der genetischen Ausstattung, der Sozialisation und den gesellschaftlichen Umständen ersichtlich. Empirisch belegt wurden bislang Geschlechterunterschiede hinsichtlich der Arten, Formen und Kontexten von Gewaltverhalten. Als geschlechtsunabhängig gelten Ursachen für die Entwicklung von Gewalt, jedoch sind geschlechtliche Unterschiede erkennbar bei der Ausübung von Gewalt. Derzeit existieren keine eindeutigen Belege, dass das biologische Geschlecht die Unterschiede im Gewalt- und Aggressionsverhalten beeinflusst oder gar prägt. Unklar ist bislang ebenfalls, ob sich diese Unterschiede klar auf die unterschiedliche Sozialisation und Erziehung von Mädchen und Jungen zurückführen lassen. Die Möglichkeit besteht, dass eine Kombination aus beiden Faktoren zu Grunde liegt. Es wurde empirisch belegt, dass Jungen und Männer affektiver und spontaner mit Gewalt reagieren als dass dies Mädchen und Frauen tun. Ebenfalls zeigte sich, dass Jungen und Männer in problematischen Situationen häufiger die körperliche Auseinandersetzung suchen (vgl. Gehring-Decker et al. 2016: 31-33). Beide Geschlechter zeigen eine höhere Gewaltbereitschaft gegenüber dem eigenen biologischen Geschlecht. Ebenfalls verfügen Jungen und Mädchen gleichermassen nur über wenig Empathie für ihre Opfer, wobei Mädchen eine höhere Perspektivübernahme zeigen, sich also Folgen oder Auswirkungen ihrer Gewalt eher bewusst sind (vgl. ebd. 2016: 155-157).

Relationierung

Hat KL1 die Intention jemandem zu schaden? Per Definition führt KL1 Gewalt aus, denn KL1 nimmt die Schädigung von KL2 in Kauf, unabhängig davon, ob es bei KL2 tatsächlich zu einer Schädigung kommt. KL1 will auf das Trampolin, es ist für KL1 in dem Moment egal, ob das für KL2 Auswirkungen hat.

Inwiefern kann das Verhalten von KL1 Gewaltverhalten oder der positiven Durchsetzungsfähigkeit zugeordnet werden? Durch eine tiefere Frustrationstoleranz, einer verminderten Selbstwirksamkeitserwartung und einer geringen Frustrationstoleranz kann eine für KL1 schwierige Situation zu unangemessenen und übertriebenen Gefühlsausbrüchen führen. Das Gefühl von Panik und Ohnmacht kann dieses Verhalten bestärken und die Schwelle zur Anwendung von Gewalt weiter senken. Daher wird das Verhalten von KL1 in der Schlüsselsituation eher dem Gewaltverhalten als der gesunden Aggression zugeschrieben.

Handelt es sich beim Verhalten von KL1 eher um einen Wutanfall oder um einen Meltdown? KL1 befindet sich in der Schlüsselsituation in panikähnlichen Gefühlen und hat über sein Verhalten keine bewusste Kontrolle mehr. Durch seine Diagnose AS, ist KL1 einem erhöhten Risiko ausgesetzt, in einen solchen Zustand zu geraten. In der Situation ist KL1 grossen Reizen ausgesetzt und KL1 besitzt nicht ausreichend Kompetenzen diese zeitnah zu verarbeiten. Für KL1 tritt eine plötzliche und unvorhergesehene Änderung der Situation ein. KL2 befindet sich näher an seinem wichtigen Gegenstand als KL1 selbst, KL1 kann nicht mehr problemlos und ohne Hindernis zum Gegenstand gelangen. Dieser Umstand löst bei KL1 eine Stressreaktion aus, führt zu Panik und infolgedessen zu einem Meltdown. In diesem Zustand kann KL1 die Worte von PSA1 nicht mehr empfangen, dementsprechend kann KL1 auch nicht auf die Anweisungen von PSA1 reagieren.

Hat das Geschlecht einen Einfluss? Das Geschlecht kann einen Einfluss in Bezug auf die Äusserungen von Gewalt, das heisst bei der Art, der Form und dem Kontext der Gewalthandlung haben. In Bezug auf KL1 ist die Art und der Kontext ein Hinweis darauf, dass das Geschlecht in dieser Situation einen Einfluss hat. So ist wissenschaftlich belegt, dass Jungen und Männer affektiver und spontaner mit Gewalt reagieren. Ebenfalls wurde empirisch belegt, dass sie in problematischen Situationen häufiger die körperliche Auseinandersetzung suchen. KL1 reagiert affektiv mit Gewalt, in der Absicht, das Trampolin zu besteigen. Als KL1 der Aufstieg verwehrt bleibt, reagiert KL1 spontan erneut mit einer gezielteren Gewalthandlung gegen PSA1. Es wird davon ausgegangen, dass die genetische Ausstattung, die Sozialisation und die gesellschaftlichen Umstände die Gewaltbereitschaft eines Menschen beeinflusst. Im Fall von KL1 spielen verschiedene Faktoren zusammen, welche Gewalthandlungen begünstigen. KL1 ist durch mangelnde Inklusion im Schulsystem betroffen, auf das Verhalten von KL1 wurde in der Vergangenheit mit defizitorientiertem Feedback oder körperlicher Gewalt in Form von Schlägen oder Festhalten reagiert und zudem liegt bei KL1 eine geringere Frustrationstoleranz vor.

Genderspezifische Sozialisation

Arbeitsfrage

Welchen Einfluss hat die Sozialisation in Bezug auf Gewalt?

Was ist die Definition von Sozialisation? In der Sozialisationsforschung wird die menschliche Persönlichkeit als dynamische Entwicklung betrachtet. Demnach findet Sozialisation während des ganzen Lebens eines Menschen statt, besonders prägend ist die Zeit der Kindheit und Jugend. Sozialisation ist somit als kontinuierliche Persönlichkeitsentwicklung zu verstehen, die im Kontext der individuellen Entwicklung und der herrschenden sozialen Strukturen stattfindet (vgl. Bauer/Hurrelmann 2020: 14-15).

Männliche Sozialisation Traditionelle Männlichkeit ist heute noch an Begriffe wie Macht, Stärke, Leistungszwang oder Konkurrenzkampf geknüpft. Männlichkeit wird über den Wettkampf definiert. Jungen definieren im Spiel Rangordnungen und versuchen sich stetig gegenseitig zu überbieten, üben typische Männersportarten aus oder zeigen in der Adoleszenz Beleidigungsrituale untereinander. Im Berufsleben spiegelt sich männliche Sozialisation unter anderem in Statuskämpfen wieder. Männlichkeit beruht wie in den genannten Beispielen ersichtlich, auf der Logik des Wettbewerbes. Jungen und Männer werden in sämtlichen Lebensphasen mit dieser Logik konfrontiert. Dieser Logik folgend, muss Männlichkeit fortwährend und immer wieder unter Beweis gestellt werden (vgl. Ehlert et al. 2011:277).

Böhnisch (2019:31) sagt in Bezug zur männlichen Sozialisation:

In der männlichen Sozialisation wirkt ein tiefenpsychischer Mechanismus der Idolisierung des Männlich-Starken und Abwertung des Weiblich-Schwachen, der in allen Jungen und Männern in unserer Kultur steckt und je nach biographischem Vermögen und sozialem Umfeld bewältigt werden muss. Trotz veränderter Rollenmodelle von Männlichkeit und Weiblichkeit ist dieser Mechanismus weiterhin, wenn auch heute oft verdeckt, wirksam.

Das Modell der Produktive Realitätsverarbeitung ****erklärt anhand von zehn Thesen die Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen als Verarbeitung der inneren und äusseren Realität. Mit dem Begriff produktive Realitätsverarbeitung, wird die effektive Verarbeitung der inneren Realität und der äusseren Realität von Menschen beschrieben. Die innere Realität beinhaltet genetische Anlagen, körperliche sowie psychische Veranlagungen und Eigenschaften. Die äussere Realität bezieht sich dabei auf das soziale und physische Umfeld einer Person. Mit dieser Metatheorie wird die Persönlichkeitsentwicklung einer Person, also die Sozialisation beschrieben. Sie befasst sich dabei insbesondere mit der Gesundheit und der Identitätsbildung während der Adoleszenz. Eine Person in dieser Lebensphase, bildet eine Identität aus, indem sie die innere und äussere Realität auf ihre eigene Art auf- und wahrnimmt. Dazu muss das Individuum bestimmte Entwicklungsaufgaben bewältigen, um sich als erwachsene Person im sozialen und gesellschaftlichen Leben gut zurechtzufinden. Dies ist ein dynamischer und aktiver Prozess, darum wird die Realitätsverarbeitung als produktiv bezeichnet (vgl. ebd. 2020: 96-97).

Genderspezifische Sozialisation

Dieser Begriff wird durch Ullrich/Hurrelmann (2020:198) wie folgt definiert:

Gesellschaften ordnen ihre Mitglieder nach bestimmten Merkmalen unterschiedlichen Gruppen zu. Eine besonders nachhaltige Zuordnung ist die nach Geschlecht, wobei binär nach Männern und Frauen unterschieden wird. Die Annahme feststehender Merkmale von Menschen, die einer solchen definierten Gruppe angehören, unterliegt einer sozialen Konstruktion. Diese legt einen Bereich von erwarteten Verhaltensweisen und Mustern für die Bewältigung der Entwicklungsaufgaben fest. Weiblichkeit und Männlichkeit werden gelebt und individuell hergestellt, indem ein Mann oder eine Frau mit der jeweils angelegten physiologischen Ausstattung, der körperlichen Konstitution, den psychischen Grundstrukturen und den zugeschriebenen Erwartungen individuell arbeitet und diese mit der sozialen und physischen Umwelt in eine Passung bringt (»doing gender«). Trotz aller Spielräume bei der individuellen Ausgestaltung setzen sich im Alltag immer noch eher typisch weibliche und typisch männliche Muster der produktiven Realitätsverarbeitung durch.

Die geschlechtliche Diversität ist ein wichtiger Faktor in der Persönlichkeitsentwicklung. Aus physiologischer Sicht unterscheiden sich Frauen und Männer nach ihren Geschlechtschromosomen und Geschlechtshormonen. Daraus resultiert ein unterschiedlicher Aufbau der Geschlechtsorgane, des Körpers generell, des Gehirns und des hormonellen Haushalts. Über Generationen wurden Geschlechterstereotype erstellt und auf die Geschlechter Mann und Frau projiziert. Somit haben stereotype kulturelle und erzieherische Einflüsse über die Jahre die physische Dimension überlagert. Als klassisches Beispiel dafür, kann das Männlich-Starke und die Abwertung des Weiblich-Schwachen verwendet werden (vgl. ebd. 2020: 197).

Relationierung

Wie wurde KL1 sozialisiert? Es ist davon auszugehen, dass KL1 wie die meisten Menschen in unserer Gesellschaft nach Geschlecht sozialisiert wurde. Seit frühester Kindheit hat KL1 gelernt, eher typisch männliche Verhaltensmuster zu übernehmen. KL1 bewältigt schwierige Situationen mit erlernten Strategien, welche das Männlich-Starke betonen. Wenn die Eltern von KL1 relativ klassische Rollenmodelle von Männlichkeit und Weiblichkeit leben, wirken diese Geschlechtsstereotypen bereits ein Leben lang auf KL1 ein. Diese werden verstärkt durch die Einflüsse der Umwelt von KL1, wie z.B. Filme oder Geschichten, oder bestimmten Farben, welche als typisch jungenhaft betrachtet werden. Ist KL1 sich im Betreuungssetting weibliche Betreuungspersonen gewohnt, welche sich KL1 gegenüber grösstenteils fürsorglich und mütterlich verhalten, verstärkt sich das Bild von KL1 des Weiblich-Schwachen. Diese Faktoren können das Verhalten von KL1 auch unbewusst in stressigen Situationen beeinflussen.

Wo wird Verhalten von KL1 sichtbar, welches möglicherweise durch männliche Sozialisation geprägt wurde? KL1 reagiert durch eine männlich akzentuierte Sozialisation mit konkurrenzierendem Verhalten, als er realisiert, dass KL2 vor ihm auf das Trampolin und zu dem wichtigen Gegenstand gelangen kann. KL1 versucht eine Rangordnung herzustellen und dem Konkurrenten KL2 zu signalisieren, dass KL1 stärker ist. Somit folgt KL1 der Logik des Wettbewerbs, welche mit dem traditionellen Bild von Männlichkeit einhergeht.

Lothar Böhnisch – Lebensbewältigung

Arbeitsfrage

Wie kann das antisoziale und aggressive Verhalten von KL1 verstanden werden?

Böhnisch beschreibt in seiner Theorie die Lebensbewältigung als einen fortlaufenden Prozess. Dabei entwickeln Menschen Bewältigungsstrategien, welche sich auf das menschliche Streben nach Handlungsfähigkeit in kritischen Lebenssituationen beziehen. Als kritische Lebenssituationen bezeichnet Bönisch Situationen, in denen ein Mensch auf sich selbst zurück geworfen ist. Also Situationen, in denen soziale Beziehungen, Ressourcen und Kompetenzen versagen (vgl. Böhnisch 2023: 18).

Die eigene Hilflosigkeit Thematisieren können

Dabei spielt für Böhnisch die Fähigkeit, seine eigene Befindlichkeit thematisieren zu können und sich dessen bewusst zu werden, eine zentrale Rolle für eine funktionierende Lebensbewältigung. Daraus leitet er ab, dass er Beratungsprozesse als Unterstützung zum Thematisieren von Hilflosigkeit und innerem Bedrängnis versteht (vgl. Böhnisch 2023: 17).

Denn Menschen, die nicht gelernt haben, die innere Hilflosigkeit zu thematisieren, geraten unter Abspaltungsdruck, um wieder in ein psychodynamisches Gleichgewicht zu kommen. Dies geschieht unbewusst und entsteht aus einem somatischen Druck, da die innere Hilflosigkeit eine Anspannung auslöst, die nicht gehalten / ausgedrückt werden kann. Wieder ein psychodynamisches Gleichgewicht herzustellen, bedeutet dementsprechend, dass somatisch ein Wechsel zwischen inter- sowie innersubjektiver Anspannung und Entspannung empfunden wird. Abspaltung bedeutet, den Frust oder die Hilflosigkeit an anderen oder sich selbst auszulassen. Dann wird die Anspannung durch Abspaltung kanalisiert und temporär entladen (vgl. Böhnisch 2023: 16).

Abspaltende Bewältigungsstrategien

Z.B. entsteht eine Hilflosigkeit, wenn ein Kind keine Anerkennung und Selbstwirksamkeit aufgrund mangelnder schulischer Leistungen bekommen kann. Dann ist die “Abspaltung” der Bewältigungsversuch, durch auffälliges Verhalten Aufmerksamkeit zu erregen. Das Kind ist temporär nicht mehr mit der eigenen Hilflosigkeit konfrontiert und erlebt sich als selbstwirksam und erhält von der Klasse Anerkennung. Dies gibt der betroffenen Person ein temporär positives Gefühl. Langfristig kann dies zur Wiederholung dieser Bewältigungsstrategie führen, da die betroffene Person nur dadurch einen Ausweg aus der Hilflosigkeit findet. Der eigentliche Ursprung der Hilflosigkeit, z.B. das Bedürfnis nach bedingungsloser Anerkennung als Person, bleibt dabei jedoch unerfüllt bzw. unbewältigt (vgl. Böhnisch 2023: 12).

Abspaltende Bewältigungsstrategien sind grundsätzliche Mechanismen, die alle Menschen in unterschiedlichem Ausmasse entwickeln. Dies macht das Konzept von Böhnisch auch sehr allgemein zugänglich. Dabei macht er jedoch die Abgrenzung, dass diese für die Soziale Arbeit erst dann relevant werden, wenn sie sich in antisozialem oder selbst destruktivem Verhalten äussern (vgl. Böhnisch 2023: 16).

Das Paradoxe an Antisozialen und Selbstdestruktiven Bewältigungsstrategien

Wenn Menschen mit antisozialen Bewältigungsstrategien konfrontiert sind, löst das bei vielen erst einmal Irritation, Entsetzen und Verstörung aus. Z.B. bei der Anwendung von Gewalt. Wir fragen uns dann, wie kann ein Mensch in solchem Masse, über ein Mangel an Unrechtsbewusstsein verfügen, und bei diesem antisozialem Verhalten auch noch angenehme Gefühle empfinden? Hierbei kommt eben diese somatische Spannungsentladung zum Zuge. Die Entspannung, welche die gewaltausübende Person durch diese Handlung empfindet, wird subjektiv als positive Selbstwirksamkeit erlebt. Zusätzlich wird durch die Abspaltung keine Verbindung zu den allenfalls gewaltbetroffenen Personen empfunden. Die relevantere Frage ist laut Böhnisch darum, WARUM eine Person dieses Verhalten braucht, anstelle von warum eine Person sich so verhält. Wir suchen also nach Botschaften, welche hinter diesem Verhalten stecken (vgl. Böhnisch 2023: 12).

Das antisoziale Verhalten stellt uns somit vor eine paradoxe Herausforderung. Anstelle einer allfälligen Schuldzuweisung für das antisoziale / selbstdestruktive Verhalten an die handelnde Person, und einer Fokussierung auf unsere eigenen daraus entstehenden Gefühle, ist es angebracht, den Hilferuf in diesem Verhalten ins Zentrum der Betrachtung zu stellen. Eine solche Handlung nicht als einen negativen Akt, sondern als einen hoffnungsvollen Hilferuf zu begreifen, kann uns zu Beginn erst einmal fremd erscheinen. Diese Perspektive kann für Professionelle der Sozialen Arbeit jedoch sehr hilfreich sein, um mit den herausfordernden Bewältigungsstrategien einen Umgang zu finden und diese besser aushalten zu können (vgl. Böhnisch 2023: 29).

Zum Verständnis dieses Paradoxon bezieht sich Böhnisch (2023: 29) auf Winnicott, und erklärt die Bewältigungsstrategien wie folgt; “Das vernachlässigte, d. h. ganz auf sich gestellte Kind traut sich nichts mehr, unterwirft sich und ist ‘hoffnungslos unglücklich und wird erst einmal nicht auffällig’. Verbessern sich die Umweltbedingungen, dann – so Winnicott – ’gewinnt das Kind wieder Zuversicht und organisiert hoffnungsvoll antisoziale Handlungen’. Die antisoziale Tendenz ist ein Hinweis auf Hoffnung.”

Funktionale Äquivalente als konstruktiver Umgang

Dem sich antisozial / selbstdestruktiv verhaltenden Menschen scheinen legitime Zugänge zu sozialer Zuwendung verschlossen zu sein. Er ist auf sich selbst zurückgewiesen und wird von einer überforderten Umwelt nicht emphatisch begleitet. Kommt es dann zu Situationen, in denen diese Person unerwartet, z.B. durch Professionelle der Sozialen Arbeit, doch Zuwendung erfährt, entwickelt sich im betroffenen Menschen eine Hoffnung, doch noch bedingungslos angenommen zu werden. Im Prozess dieser aufkeimenden Hoffnung greifen Betroffene jedoch nach wie vor auf das antisoziale / selbstdestruktive Verhalten zurück, da es ihnen in der Vergangenheit nie gelungen ist, mit konformen Mitteln Zuwendung zu erhalten. Denn im Wettbewerb zu anderen konnte ihnen dies auch nur schwer gelingen (vgl. Böhnisch 2023: 29).

Weiter beschreibt Böhnisch, dass genau subjektive positive Effekte des antisozialen Verhaltens auch bewirken, dass wir der Person dies auch nicht ausreden können, da die betroffene Person das Verhalten für die Bewältigung des psychosozialen Ungleichgewichts braucht. Stattdessen benötigt es neue / andere Möglichkeiten, wobei die betroffene Person erfahren kann, dass sie nicht auf das antisoziale / selbstdestrukive Verhalten angewiesen ist, um das psychosoziale Gleichgewicht, im Sinne von Entspannung durch z.B. Anerkennung und Selbstwirksamkeit herzustellen. Dies bezeichnet Böhnisch als eine “funktionale Äquivalente”. Erst wenn Betroffene neue / andere Erfahrungen gemacht haben, können antisoziale Bewältigungsstrategien gemeinsam thematisiert werde (vgl. Böhnisch 2023: 15).

Verletzlichkeit als Grundlage

Böhnisch beschreibt Verletzlichkeit als etwas Menschliches, das das Mensch-Sein inhärent hat. Dabei bezieht er sich nicht nur auf die körperliche sondern auch auf die soziale Verletzbarkeit. Letzteres ergibt sich, laut Böhnisch, aus der Tatsache, dass der Mensch ein soziales Wesen ist und damit abhängig und angewiesen ist auf andere Menschen (vgl. Böhnisch 2023: 34).

Verletzlichkeit sieht er somit als eine mögliche Ausgangslage von Hilflosigkeit sowie Handlungsunfähigkeit und damit als Grundlage für die Bewältigungstatsache. Weiter betont er auch, dass Menschen nicht nur in der gegenseitigen Abhängigkeit zu anderen Menschen Verletzlichkeit ausgesetzt sind, sondern auch gesellschaftliche Systeme, welche Mechanismen der Desintegration aufweisen, solche Möglichkeiten schaffen können (vgl. ebd. 2023: 35).

Das Wissen um diese verschiedenen Möglichkeiten des, “der Verletzlichkeit Ausgesetzt sein” von Menschen, ist speziell auch wieder relevant in der Arbeit mit Klientel der Sozialen Arbeit. Denn in einer von Sozialer Ungleichheit geprägten Gesellschaft kommen eben oft diese “vulnerablen Gruppen” zur Sprache. Also Menschen, die aufgrund verschiedener Wirkungsmechanismen vermehrt solchen Möglichkeiten der Verletzlichkeit ausgesetzt sind (vgl. ebd. 2023: 33).

Relationierung

Warum braucht KL1 dieses gewaltvolle Verhalten? Inwiefern kann das aggressive/gewaltbereite Verhalten von KL1 als Bewältigungsstrategie verstanden werden?

Laut der Theorie von Böhnisch, kann die Situation von KL1 und PSA als eine kritische Lebenssituation bezeichnet werden, in der das eigene menschliche Streben nach Handlungsfähigkeit versagt. Dies im Sinne davon, dass der KL1 auf sich zurück geworfen ist und die eigenen Kompetenzen (und allenfalls sozialen Beziehungen sowie Ressourcen) versagen.

Die eigene Hilflosigkeit thematisieren können

Denn in der Situation kann weder KL1 noch PSA die eigene Befindlichkeit thematisieren noch sind sie sich derer bewusst. Aus dieser Perspektive kann die Situation als ein Beratungsprozess gesehen werden, in welchem der KL1 unterstützt wird, die eigene Hilflosigkeit und die innere Bedrängnis zu thematisieren.

Aus der Tatsache, dass der KL1 in der Situation die innere Hilflosigkeit, wie benannt nicht thematisieren kann, entsteht ein innerer somatischer Druck welcher KL1 als Anspannung empfindet, die er nicht aushalten oder ausdrücken kann. Dies äussert sich weiter in dem von Böhnisch beschriebenen “Abspaltungsdruck”, um innerhalb der Handlungsunfähigkeit ein psychodynamisches Gleichgewicht wieder herstellen zu können. KL1 lässt den Frust oder die Hilflosigkeit an der PSA aus. So kanalisiert er, durch Hauen und versuchtes Beissen, die Anspannung und erlangt so durch das temporäre Entladen wieder Entspannung.

Abspaltende Bewältigungsstrategien

Aufgrund durch die AS-Thematik von KL1 begründeten spezifischen Verhaltensweisen, ist es für KL1 teilweise erschwert Anerkennung und Selbstwirksamkeitserwartung in neuroableistischen Strukturen zu erlangen (Neuroableismus ist ein Begriff, der „Neurodiversität“ und „Ableismus“ kombiniert, um Diskriminierung oder soziale Vorurteile gegenüber Menschen mit Autismus und anderen neurologischen Unterschieden zu beschreiben). Dies kann wiederum Verhaltensweisen verstärken, die als “Abspaltung” und somit als Bewältigungsversuch dessen verstanden werden können. Im Falle von KL1 in unserer Situation, um durch gewaltvolles Verhalten zu versuchen Zugang zum eigenen “wichtigen Gegenstand” zu erhalten und damit für das eigenen Bedürfnis zu sorgen. Dadurch ist KL1 kurzfristig nicht mehr mit der eigenen Hilflosigkeit konfrontiert und erlebt sich als selbstwirksam. Hätte KL1 sich mit dem eigenen gewaltvollen Handeln erfolgreich gegen die PSA durchsetzen können, hätte ihm dies ein temporäres positives Gefühl geben können. Hier stellt sich die Frage, ob KL1 in der Vergangenheit schon solche Erfahrungen gemacht, dass er sich gewaltvoll durchsetzen konnte? Dies würde erklären, warum KL1 langfristig das impulsive, gewaltvolle, antisoziale Verhalten wiederholt, da KL1 dadurch einen Ausweg aus der eigenen Hilflosigkeit findet. Der eigentliche Urspung, seine Hilflosigkeit, in dieser Situation, Anerkennung für sein Bedürfnis Zugang zu seinem “wichtigen Gegenstand” zu haben, bleibt unerfüllt bzw. unbewältigt.

Da sich die Abspaltende Bewältigungsstrategie von KL1 in einem antisozialen Verhalten äussert, wird die Situation, nach Böhnisch, für die Soziale Arbeit relevant.

Das Paradoxe an Antisozialen und Selbstdestruktiven Bewältigungsstrategien

Bei der PSA löst die Konfrontation mit der antisozialen Bewältigungsstrategie von KL1 Erschrockenheit, Irritation und ein alarmiert-sein aus. Bei ihr ist in der Situation jedoch nicht ein Unverständnis vorherrschend, wie der KL1 in solchem Masse, über ein Mangel an Unrechtsbewusstsein verfügen kann, vielmehr ist sich die PSA bereits kognitiv bewusst, dass KL1 aus einer Hilflosigkeit und daraus entstehender Not handelt. Durch die Abspaltung in der sich KL1 empfindet, kann auch erklärt werden, weshalb er im Moment der Handlung keine Verbindung zu den von der Gewalt betroffenen Personen (KL2 und PSA) empfindet. Eine mögliche Botschaft, die hinter dem Verhalten gesehen werden könnte wäre, dass er sich Anerkennung wünscht, für sein Bedürfnis bedingungslosen Zugang zu seinem “wichtigen Gegenstand” zu haben.

In Bezug zum Paradoxon der Antisozialen Bewältigungsstrategie von KL1 reagiert die PSA mit einer Schuldzuweisung wie auch mit der Anerkennung des Handlung als einen Hilferuf.

Zum einen ist sie entrüstet davon, dass KL1 versucht KL2 von der Leiter zu stossen. Sie reagiert gegenüber KL1 abwehrend auf sein Bedürfnis Zugang zu seinem “wichtigen Gegenstand” zu haben und empfindet ein Unverständnis für die gesamte Situation. Sie ist Fokussiert auf die eigenen, daraus entstehenden Gefühle wie Angst, Überwältigung und eignen inneren Vorwürfen für das eigene Verhalten.

Ebenfalls kann sie den KL1 innerlich mit Verständnis begegnen. Sie hat im Bewusstsein, dass er sich in einem Hyperfokus befinden könnte und er in diesem Zustand über wenig Impulskontrolle verfügt. Sie kann die Not von KL1 wahrnehmen und empfindet darin Mitgefühl. Kognitiv kann sie trotz der rasanten Geschwindigkeit auf die “Annahme des guten Grundes” zugreifen und ist sich bewusst, dass es KL1 mit der Situation nicht gut geht.

Darin lässt sich erkennen, dass es der PSA bereits zum teil gelingt, anstelle der Schuldzuweisung für das antisoziale Verhalten von KL! und einer Fokussierung auf die eigenen, daraus entstehenden Gefühle, den Hilferuf im Verhalten von KL1 ins Zentrum der Betrachtung zu stellen. Darin zeigt sich das Professionelle Handeln der PSA.

Funktionale Äquivalente als konstruktiver Umgang

Aufgrund der neuro-ableistischen Strukturen der zentraleuropäischen Kultur, scheinen KL1 legitime Zugänge zu sozialer Zuwendung verschlossen zu sein. KL1 ist dadurch auf sich selbst zurückgewiesen und wird von seiner überforderten Umwelt nicht oder nur begrenzt emphatisch begleitet. Durch die Begleitung der PSA kommt es möglicherweise vermehrt zu Situationen in denen KL1 doch Zuwendung erfährt. Dies kann in KL1 Hoffnung aufkeimen lassen, doch noch bedingungslos angenommen zu werden. Dennoch greift KL1 weiterhin auf das antisoziale Verhalten zurück, da es ihm in der Vergangenheit nicht gelungen ist, mit konformen Mitteln Zuwendung zu erhalten. Denn gerade im Wettbewerb mit anderen (Kapitalismus & Patriachat!), konnte ihm dies auch nur schwer gelingen.

Die subjektiven positiven Effekte des antisozialen Verhaltens von KL1 bewirken, dass es für die PSA nicht möglich ist, KL1 dieses Verhalten “einfach” auszureden. Dies, weil KL1 das Verhalten nach wie vor braucht, um das psychosoziale Ungleichgewicht, sprich den Wechseln von innerer & äusserer Anspannung zu Entspannung, z.B. durch Anerkennung, herzustellen.

Verletzlichkeit als Grundlage

Die PSA sowie KL1 & KL2 haben durch das Mensch-sein die körperliche sowie soziale Verletzbarkeit gemeinsam. Sie alle sind soziale Wesen und sind damit abhängig und angewiesen auf die anderen Menschen.

Diese Verletzlichkeit kann aus der Perspektive von Böhnisch als die Ausgangslage der Hilflosigkeit und Handlungsunfähigkeit von KL1 und der PSA gesehen werden. Hierbei ist speziell zu erwähnen, das KL1 zusätzlich zur Verletzbarkeit in der gegenseitigen Abhängigkeit zur PSA auch der Verletzbarkeit gegenüber dem gesellschaftlichen System, welches Mechanismen der Desintegration von Neurodiversen Menschen aufweist.

Dieses Wissen um diese zusätzlichen Möglichkeiten des, “der Verletzlichkeit Ausgesetzt sein” von KL1, ist speziell für die PSA in ihrer Rolle relevant, da sich darin die soziale Ungleichheit der Gesellschaft widerspiegelt. Das Bewusstsein, dass KL1 aufgrund verschiedener Wirkungsmechanismen vermehrt solchen Möglichkeiten der Verletzlichkeit ausgesetzt ist, ist für professionelles Handeln der PSA unabdingbar.

Traumapädagogik – Konzept des guten Grundes

Arbeitsfrage

Welchen guten Grund/welche Funktion hatte das Verhalten von KL1?

Trauma und Traumapädagogik

Der Begriff “Trauma” kommt aus der griechischen Sprache und heisst so viel wie “Wunde” oder “Verletzung”. Je nach Wissenschaftsdisziplin besteht ein entsprechendes Traumaverständnis (vgl. König 2020: 55-56).

König (2020: 57) definiert im Buch “Trauma und Bindung in der Kindheit” den Begriff “Trauma” folgenderweise:

Der Begriff Trauma, wie er in diesem Buch verwendet wird, bezeichnet kein statisches Ereignis, sondern das Phänomen Trauma als Prozess, in dem traumatische Erfahrungen (Ereignis/se), subjektives Erleben (Wirkung), Verarbeitungsprozesse sowie mögliche (biopsychosoziale) Folgen als dynamisches Ganzes gedacht und systemisch aufeinander bezogen werden.

Wenn eine Situation als potenziell lebensbedrohlich wahrgenommen wird, findet eine Mobilisierung von Energie statt (siehe Abbildung bei der Amygdala, welche die Warn- und Steuerzentrale ist). Da logisches Denken sowie das Sprachzentrum eingeschränkt sind, braucht es Energie um der Gefahr entweder im Kampf zu begegnen oder ihr durch Flucht aus dem Weg zu gehen. Falls beide Strategien nicht zielführend sind, findet eine Immobilisierung statt, welche sich als Dissoziation äussern kann. Dies kann bei einer Überspannung sowie bei einer Unterspannung auftreten (vgl. ebd.: 66-67).

Abb. 1: Dissoziation als Notfallschaltung – was bei einer Traumatisierung im Gehirn passiert (vgl.: König 2020: 68)

In dieser Betrachtung geht es um die pädagogische/bindungstheoretische Perspektive, sprich der Traumapädagogik. Bei der Traumapädagogik handelt es sich nicht um eine Therapie, sondern um eine pädagogische Unterstützung im Alltag. Die junge Fachrichtung entstand im teil- und stationären Setting der Kinder- und Jugendarbeit in den 90er Jahren. Mittlerweile bestehen diverse Konzepte in der Praxis mit Unterschieden sowie Gemeinsamkeiten (vgl. Weiss et al.: 20).

Die Fachverband Traumapädagogik, ehemalig Bundesarbeitsgemeinschaft (2011: 4-6) definiert die fünf Grundhaltungen der Traumapädagogik wie folgt:

  • Die Annahme des guten Grundes: Alles was ein Mensch zeigt, macht Sinn in seiner Geschichte.
  • Wertschätzung: Es ist gut so, wie du bist.
  • Partizipation: Ich trau dir was zu und überfordere dich nicht.
  • Transparenz: Jeder hat jederzeit ein Recht nach Klarheit
  • Spass und Freude: Viel Freude trägt viel Belastung

Definition Konzept des guten Grundes

Das Konzept des guten Grundes basiert auf der Grundannahme, dass das Verhalten eines Menschen nicht destruktiv motiviert ist. Das Verhalten ergibt aus dem inneren System des Menschen Sinn. Scherwath und Friedrich nehmen dabei Bezug auf drei Axiome, welche das Konzept des guten Grundes verdeutlichen (vgl. Scherwath/Friedrich 2020: 67):

Menschen verhalten sich immer aus ihren Bedürfnissen heraus: Bei Auffälligkeiten handelt es sich dementsprechend nicht um Störungen, sondern um ein besonderes Bedürfnis (vgl. ebd.: 67). Daraus resultierend stellt sich die Frage: “Welche Grundbedürfnisse, die aktuell nicht befriedigt werden oder biografisch mangelhaft versorgt wurden, kommen in der wahrgenommenen Symptomatik zum Ausdruck?”. (ebd.: 67)

Hinter jedem Verhalten steckt eine positive Absicht: Damit ein neues Muster entwickelt werden kann, braucht es Alternativen, sozusagen eine Äquivalente (vgl. ebd.: 68).

Traumaspezifisches Symptomverstehen: Hier stellt sich die Frage, welchen Grund ein Verhalten hat im Zusammenhang mit der Traumatisierung. Welchen Grund steckt zum Beispiel hinter aggressivem oder selbstverletzenden Verhalten? (vgl. ebd.: 70).

Lang et al., wie auch de Hair et al. ergänzen: Menschen mit Traumatisierungen entwickeln ein “Trauma-logisches” Verhalten. Es handelt sich um einen Regulierungsversuch auf andauernde Bedrohung (vgl. Lang et al. 2013: 108). Verhaltensauffälligkeiten resultieren dementsprechend aus normalen Reaktionen auf nicht normale Erlebnisse (vgl. de Hair et al. 2022: 14).

Relationierung

Welchen guten Grund hatte das Verhalten von KL1?

Aus der Schnittstelle der Traumapädagogik und dem Autismus-Spektrum wird ersichtlich, dass nicht normale Ereignisse deutlich erhöhter sind für Menschen des Autismus-Spektrums wie für neurotypische Menschen. Im Kontext vom AS sind für KL1 nicht normale Ereignisse dementsprechend viel gehäufter, welche für andere als normal/alltäglich erlebt werden. Zusätzlich wird diese normale Reaktion darauf als nicht normal bewertet, da sie sich durch Schreie oder aggressivem Verhalten äussern kann.

Der gute Grund hinter diesem aggressiven Verhalten wird weiter erkannt als Selbstregulationsversuch. Aufgeschlüsselt in die drei Axiome wird als Bedürfnis (1. Axiom), der bedingungslose Zugang zum Gegenstand sichtbar. Dieser Zugang ermöglicht Orientierung und Sicherheit durch Konstanz. Weiter wird die positive Absicht (2. Axiom) von KL1 sichtbar, indem er den Gegenstand selbst erreichen wollte. Zum dritten Axiom des traumaspezifischen Symptomverstehen lässt sich festhalten, dass KL1 in seinem Vorhaben gestört wurde und dadurch eine Mobilisierung stattfand. Die mobilisierte Energie richtete sich gegen die PSA, welche zu einer Kampf (”fight” Reaktion) führte mit körperlichem Kontakt (festhalten der Hände des KL1, schlagen, Versuch zu beissen von KL1). Im nächsten Moment führte die Mobilisierung zu einer Flucht (”flight” Reaktion). Resultierend aus der Situation heraus, stellt sich die Frage, ob KL1 bereits Erfahrungen in früheren Situationen hatte, in denen er keinen bedingungslosen Zugang zu einer Konstante hatte oder er von anderen Fach- oder Bezugspersonen festgehalten wurde, sodass sich daraus ein Trauma entwickelte. Dies könnte erklären (unabhängig von AS), wieso die Situation für KL1 eine potenzielle Lebensbedrohung darstellte.

Auf der neurologischen Ebene kann festgestellt werden, dass das Denken des KL1 von seinem Sprachzentrum entkoppelt war. Er hatte nicht die Möglichkeit auf das Stopp der PSA zu reagieren. Der Hippocampus, welcher für dem Raum- und Zeitbezug sorgt, kann seine Funktion nicht mehr ausführen. Der KL1 hatte in der akuten Schlüsselsituation keinen Zugriff auf sein Zeit- und Raumgefühl. Es war für ihn nicht möglich abzuwarten, bis KL2 die Leiter verlassen hat. Weiter zeigt die Reaktion durch das Schlagen und Beissen, dass die Amygdala des KL1 hoch aktiviert war. Die stark aktivierte Amygdala führte dazu, das KL1 zuerst ein Kampfverhalten zeigte um danach die Flucht zu ergreifen. Ein Zustand der Lähmung (”freeze” Reaktion) war nicht zu beobachten.

5.2      Interventionswissen – Wie kann ich als professionelle Fachperson handeln?

Low Arousal Ansatz

Arbeitsfrage

Mit welcher Intervention kann KL1 unterstützt werden, sein Verhalten selbstwirksam zu verändern?

Der Low-Arousal-Ansatz bezieht sich auf eine Grundhaltung im Umgang mit Menschen, die herausforderndes Verhalten zeigen. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich herausfordernde Verhaltensweisen wie folgt entwickeln; Wenn Menschen nicht in der Lage sind, ein Gleichgewicht zwischen Anforderungen und Bewältigungsmöglichkeiten herzustellen, entstehen Anspannungssituationen, in denen es zu Verhaltensweisen kommen kann, welche andere Menschen als herausfordernd erleben können (vgl. Sappok 2023: 502).

Hierzu lohnt es sich, zum Verständnis einen Blick auf sich selbst zu richten. Was tue ich, wenn ich mit Anforderungen und Herausforderungen konfrontiert bin, und ich Schwierigkeiten habe, diese zu bewältigen? Welche Möglichkeiten habe ich, die mich unterstützen, mich zu regulieren? Greifen meine Strategien, aus welchen Gründen auch immer, nicht oder nicht ausreichend, und ich bin wütend, frustriert oder gereizt, kann es zu obengenannten Verhalten kommen, welches für andere beteiligte Personen herausfordernd sein kann (vgl. Sappok 2023: 502).

Von diesem Verständnis als Basis ausgehend, richtet sich der Low-Arousal-Ansatz auf Techniken der Prävention und Deeskalation aus. Dies kann auch beinhalten, dass physische Eingriffe, als letztes Mittel angewendet werden, wobei ein spezieller Fokus auf der Nachsorge liegt (vgl. Sappok 2023: 502).

Sappok (2023: 503) nimmt Bezug auf McDonnell, welcher die Grundannahme formuliert, “dass sowohl Häufigkeit als auch Intensität von herausfordernden Verhaltensweisen mit steigendem physiologischen Erregungsniveau zunehmen. Schlüsselaufgabe für Begleitpersonen ist folglich, ein erhöhtes Erregungsniveau, z.B. durch die Anpassung von Anforderungen und Minimierung potentiell erregender Trigger zu reduzieren.”

Umsetzung

In Bezugnahme auf McDonell führt Sappok (2023: 503) folgende drei Möglichkeiten zum Umsetzen des Low Arousal Ansatzes auf:

  • Prävention Um das Entstehen von solchen Verhaltensweisen zu vermindern, liegt ein grosser Fokus darauf, für die Personen ein Setting zu schaffen, in dem ein generell ausgeglichenes Klima vorherrscht, welches ein physiologisch niedriges Erregungsniveau ermöglicht. Um dies zu ermöglichen wird versucht, aversive Reize im physiologischen sowie im sozialen Umfeld zu verringern oder zu vermeiden. Dabei ist es eine grosse Herausforderung ein Gleichgewicht zwischen Anforderung und Entspannung im Alltag zu generieren (vgl. ebd.). Schlüsselmomente zur Prävention, sind Situationen in denen bereits eine Anspannung da ist. Dabei gilt es Anforderungen kurzfristig zu reduzieren und Methoden einzusetzen, die für Ablenkung sorgen. Damit wird das Ziel verfolgt, negative Verhaltensspiralen zu durchbrechen, die sich oftmals wiederholen (vgl. ebd.). Gerade diese Strategien eignen sich sehr, um individuelle Handlungspläne zu erstellen, welche Begleitpersonen dabei unterstützen können, mehr Sicherheit im Umgang mit der Person zu finden. Dabei ist es essentiell den Grad der Anspannung der Person zu berücksichtigen und frühzeitig zu intervenieren (vgl. ebd.).
  • Krisensituationen Speziell in Krisensituationen ist es noch bedeutsamer, den Arousal, also den physiologischen Erregungszustand, zeitnah zu regulieren. Dies soll als oberstes Ziel verfolgt werden. Dafür kann zielführend sein, sowohl verbale Deeskalationsstrategien anzuwenden wie auch achtsam zu sein in Bezug zu möglichen nonverbalen Triggern ausgehend von der Begleitperson (vgl. ebd.).
  • Nachsorge Ein grosses Augenmerk legt der Low Arousal Ansatz, wie bereits erwähnt, auf die Nachsorge anschliessend an intensiven Vorfälle. Damit Begleitpersonen in der Lage sind, eine positive Beziehung aufzubauen und zu kultivieren ist es essentiell, dass der Umgang mit den eigenen Emotionen und Belastungen thematisiert wird. Hierfür können Nachgespräche ein geeignetes Format sein. Diese können die Emotionsregulation unterstützen und die Reflexion von schwierigen Situationen ermöglichen. Beides ist eine wichtige Grundlage um langfristig therapeutische und pädagogisch Arbeit leisten zu können. Um diese Nachsorge gewährleisten zu können, kann es sinnvoll sein, auch die organisationalen Strukturen auf der Basis des Low Arousal Ansatzes anzupassen. Dies kann ebenfalls eine präventive Handlung sein im Umgang mit herausforderndem Verhalten (vgl. ebd.).

Anwendung

Herausfordernde Verhaltensweisen, umfassen laut Sappok (2023: 504) eine grosse Bandbreite von Verhaltensweisen. Diese können über fremd- und selbstverletzendes Verhalten auch Sachbeschädigung, Beschimpfungen sowie distanzloses Verhalten beinhalten. Meist entwickeln sich diese Verhaltensweisen bereits zu Beginn der Kindheit und bleiben nicht selten Lebenslang bestehen. “Ursachen, Funktionen und aufrechterhaltende Faktoren sind in der Regel komplex und multikausal.” (Došen 2010 zit. nach Sappok 2023: 504)

Um einen klaren Fokus auf die langfristige Minimierung von Stress und Anspannungszuständen legen zu können, müssen begleitende Personen zuerst aufmerksam beobachten, welche Auslöser und Funktionen die Verhaltensweisen haben könnten. Aufbauend auf diesen Beobachtungen können Hypothesen gebildet werden, welche wiederum eine Grundlage sein können um exakt und erfolgreich Einfluss zu nehmen. Dies gilt sowohl kurzfristig, in Krisenmomenten wie auch in der Entwicklung von langfristigen Handlungsmöglichkeiten (vgl. McDonnell 2019 zit. nach Sappok 2023: 504).

Der Low-Arousal-Ansatz betrachtet herausfordernde Verhaltensweisen als Ausdruck von grundlegenden Prozessen, die allen Menschen gemeinsam sind. Wenn das generelle Arousal zunimmt, werden Verhaltensweisen verstärkt, welche involvierte Personen als herausfordernd empfinden können. Komplementär dazu, werden selten bis nie herausfordernde Verhaltensweisen bei Menschen verzeichnet, die entspannt sind. Dieser Zusammenhang besteht bei allen Menschen. Da Menschen mit Neurodivergenz hingegen oftmals eine gesteigerte Grundanspannung haben und nur begrenzt selbstständig und wirksam Methoden zur Entspannung aktivieren können, verfügen sie je nach Gegebenheiten über weniger Kompetenzen zur Regulation von Anspannungszuständen (vgl. Sappok 2023: 504).

Für die Praxis bedeutet dies, dass von Begleitpersonen das systematische Erkennen von Hinweisen für Anspannungszustände verlangt wird, sowie weiter eine kritisch-reflektierende Auffassungsweise, welche eine Beschäftigung mit der eigenen Anspannung und eigenen Werten und Normen erfordert (vgl. Hejlskov Elvén 2015 & McDonnell 2019 zit. nach Sappok 2023: 504).

Sappok (2023: 504) formuliert dazu in Bezug zur praktischen Anwendung folgende Fragen: “Welche Verhaltensweisen und Körpersignale zeigt die Person, wenn sie entspannt oder angespannt ist? Wie wirken sich Aktivitäten und Anforderungen auf ihr Erregungsniveau aus? Welche Umfeldbedingungen sorgen möglicherweise für eine erhöhte Grundanspannung und wie können sie verändert werden? Welches Verhalten von Begleitpersonen erweist sich als hilfreich bzw. schwierig im Hinblick auf das Erregungsniveau der Person?”

Zusätzlich zu spezifischen personenbezogenen Kontext und Anforderungsgestaltung kommen beim Low-Arousal Ansatz zusätzlich ethische Fragen nach der Ausgestaltung der Begleitung von Klientel mit herausfordernden Verhaltensweisen speziell in den Fokus: Das Reflektieren der eigenen Anforderungen und Zielsetzung im Kontakt mit Verhaltensweisen beeinflusst massgeblich die Beschaffenheit einer wohlwollenden und wertschätzenden Interaktionsweise. Dabei ist zentral, dass grundsätzlich danach gefragt wird, wie Klientel begleitet werden möchte (vgl. Sappok 2023: 504).

Ein Kernpunkt für die Arbeit mit Klientel der Sozialen Arbeit besteht damit aus Beziehungsarbeit. Daraus abgeleitet bilden sich spezifische thematische Kriterien, denen Professionelle der Sozialen Arbeit bei der Ausführung von Interventionen in herausfordernden Situationen entsprechen müssen. Essentiell ist dies vor allem auch für physischen Schutz und Abwehrtechniken, die zur Bewältigung von fremd- oder selbstverletzenden Verhaltensweisen von Notsituationen angewendet werden (vgl. McDonnell 2019 zit. nach Sappok 2023: 505).

Sappok (2023: 505) erwähnt hierzu mit Bezugnahme auf McDonnell: “die Organisation Studio 3 hat in der Entwicklung ihrer physischen Techniken neben der nötigen Effektivität auch die Sicherheit aller Beteiligten und die soziale Angemessenheit sowie den emotionalen Gehalt der Massnahmen im Blick. Die beigebrachten Techniken folgen somit den Prinzipien des Low Arousal-Ansatzes, arbeiten nicht mit Schmerzreizen, sondern minimieren die Verletzungsrisiken bei allen Beteiligten und erfüllen dadurch auch eine gewisse soziale Validität.” Als unterstützende ethisches Kontrollinstrument formuliert Sappok (2023: 505) dazu folgende Frage: “Wie wäre es, wenn jemand diese Intervention mit mir, meinem Kind oder einem anderen Angehörigen machen würde?”

Besonders in Krisenmomenten ist von Seiten der Professionellen der Sozialen Arbeit ein Umlernen essentiell. Sappok (2023: 505) wirft dazu die Frage auf, “wie bereit wir sind, Menschen, die sich herausfordernd verhalten, etwas Gutes zu tun, um die Anspannung der Person schnellstmöglich zu reduzieren.“ Umgesetzt kann dies enthalten, einem Menschen, ein favorisierten Snack anzubieten, wenn er sich akut herausfordernd verhält. Aus verschiedenen Perspektiven stellt dies in der pädagogischen Arbeit einen Paradigmenwechsel dar. Auch die eigene Rolle in der Begleitung wird dabei verändert. Professionelle der Sozialen Arbeit sind herausgefordert den Blick von scheinbar pädagogischen, “erzieherischen” Zielen, in bereits durch Anspannung geprägten Situationen hin zur effektiven Deeskalation sowie einer sicheren Bewältigung von Situationen zu bewegen (vgl. Sappok 2023: 505).

Anstelle der Befürchtung, das unangenehme Verhalten mit einer solchen Handlung anzuerkennen oder so befürworten, stellt sich der Auftrag ins Zentrum, möglichst die Anspannung zu minimieren. Dazu gehört auch, die Person zu unterstützen, sich zu regulieren, indem sie die Aufmerksamkeit von der schwierigen Situation weg gelenkt wird, hin zu etwas Angenehmem. In Ausnahmesituationen ist es folglich prinzipiell sinnvoll mit herausfordernden Verhaltensweisen sicher umzugehen und eigene Verunsicherung zu vermeiden. Die Ausrichtung eine allfällige Verhaltensänderung zu bewirken, verschiebt sich auf einen zukünftigen Zeitpunkt, zu welchem sich die involvierten Personen in einem entspannteren Zustand befinden. Diese deutliche zeitliche Trennung zwischen Situationsmanagement und der Entwicklung von neuen Verhaltensweisen hat mehr Einfachheit und Sicherheit zur Folge (vgl. Sappok 2023: 505).

Dies veranschaulicht Sappok (2023: 505) mit Bezug auf Feilbach mit folgendem Bild: “Wenn eine Person gerade ertrinkt, ist es nicht der richtige Zeitpunkt, ihr das Schwimmen beizubringen, sondern ihr einen Rettungsring zuzuwerfen.”

Relationierung

Weil der KL1 in der Situation nicht bedingungslosen Zugang zu seinem wichtigen Gegenstand hat, ist er nicht in der Lage, ein Gleichgewicht zwischen Anforderungen und Bewältigungsmöglichkeiten herzustellen. Daraus entsteht eine Anspannungssituation, in denen er gewaltvolle Verhaltensweisen zeigt, welche von der PSA wie vermutlich auch von KL2 als heraufordernd erlebt werden.

In der Situation hat sich die PSA als letztes Mittel zur Prävention und Deeskalation durch das Festhalten der Hände von KL1 zur Anwendung eines physischen Eingriffs entschieden.

  • Prävention Mit den ausgiebigen räumlichen Gegebenheiten der verschiedenen abgetrennten Räume und des grossen Gartens besteht ein physiologisches Umfeld, in dem ein generell ausgeglichenes Klima grundsätzlich geschaffen werden kann. Ebenfalls ist durch den Betreuungsschlüssel von 2 betreuenden Personen auf 8 Klientel eine weitere Voraussetzung gegeben, um ein physiologisch niedriges Erregungsniveau der anwesenden Personen zu ermöglichen. Durch die Gestaltung der verschiedenen Räume und die Natur im Garten, sowie die kleine Gruppengrösse werden aversive Reize im physiologischen sowie sozialen Umfeld verringert und vermieden. In der akuten Situation ist es der PSA nicht gelungen, die Anforderungen an KL1 kurzfristig zu reduzieren und eine Methode einzusetzen, die für Ablenkung gesorgt hätte.
  • Krisensituationen Die PSA versucht verbal mit einem lauten “Stopp” zu intervenieren. Da dies jedoch weitere Gewalt nicht verhindert, wird es aus der Perspektive des Low-Arousal-Ansatzes nicht als verbale Deeskalationsstrategie interpretiert. Daher ist es der PSA nicht gelungen, in der akuten Krisensituation verbale Deeskalationsstrategien anzuwenden. Ebenfalls war sie in ihrem Verhalten mit der Impulsiven Reaktion des “Händehaltens” nicht achtsam in Bezug zu möglichen nonverbalen Triggern, da die darauffolgende Reaktion von KL1, des “versuchten-Beissens” darauf schliessen lässt, dass ihn das “an-den-Händen-festgehalten-werden” weiter getriggert hat.
  • Nachsorge Die PSA hat mit der Co-Leitung den intensiven Vorfall anschliessend nachbesprochen. Sie hat sich Zeit genommen, in Einzelgesprächen sowie der Erarbeitung dieser Schlüsselsituation die eigenen Emotionen und Belastungen zu thematisieren. Dies hat die Emotionsregulation unterstützt und die Reflexion dieser herausfordernden Situation bestärkt. Damit legt die PSA eine wichtige Grundlage um langfristig pädagogische Arbeit leisten zu können.

Selbstwirksamkeit

Arbeitsfrage

Wie kann Selbstwirksamkeit und Inklusion im AS gefördert werden?

Für neurodivergente Menschen sowie für alle anderen Personen mit Besonderheiten, soll durch Inklusion Gleichwertigkeit ohne Anpassung an das, was als die Normalität betrachtet wird, erreicht werden. Das Ziel der Inklusion ist es, Strukturen zu schaffen, in welchen Menschen mit Besonderheiten respektiert und anerkannt werden und sich entfalten können. Ihre wertvollen Leistungen sollen nicht an Normen und Anpassungen gebunden sein. Um diese Inklusion zu erreichen, ist ein gelungenes Zusammenspiel verschiedener Ebenen und Systemen erforderlich. Darin eingeschlossen werden Eltern, Lehrpersonen und Betreuungs- und Bezugspersonen. Diese Personengruppen können ebenfalls von Coachings profitieren, um ein harmonisches Zusammenleben trotz unterschiedlichen Bedürfnissen zu gestalten. Autistische Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, profitieren von individueller Förderung und Begleitung durch ihren Alltag. Die Förderansätze sollten sich nach persönlichen Ressourcen, altersspezifischen Lernfeldern sowie nach entwicklungsspezifischen Grundlagen richten. Ein wichtiger Unterstützungspunkt ist für betroffene Menschen, Orientierung durch Struktur und Wissen zu gewinnen. Um die Selbstwirksamkeit betroffener Menschen zu fördern, ist es von zentraler Bedeutung, ein sicheres Umfeld zu gestalten. Im Rahmen dieses Umfeldes sollten Stärken und Erfolge unterstrichen und für die Personen erlebbar gemacht werden. Umso mehr Erfolgserlebnisse dabei entstehen, umso höher steigt die Selbstwirksamkeitserwartung der Person. Die Beziehung zwischen betreuender Person und den betroffenen Menschen sollte systematisch aufgebaut und gestärkt werden. Durch das entstandene Vertrauensverhältnis können betroffene Menschen besser in ihren Bedürfnissen unterstützt und gefördert werden. Autistische Menschen sind oft auf Unterstützung im Knüpfen von Sozialkontakten und emotionalen Interaktionen angewiesen. Mit verschiedenen Autismus-spezifischen Methoden, welche für verschiedene Alters- und Lernstufen konzipiert wurden, können unter anderem in den Bereichen Lernen, soziale Interaktion und Selbstregulation Kompetenzen und Strategien erarbeitet werden. Umso grösser das Repertoire an Kompetenzen, umso mehr können Erfolgserlebnisse entstehen und infolge dessen die Selbstwirksamkeitserwartung eines Menschen gestärkt und gefördert werden (vgl. Girsberger 2014: 83-170*).*

Autismus-spezifische Methoden existieren diverse. Dabei soll durch Analysen der PSA der jeweils passende Ansatz für das betroffene Kind eruiert werden. Durch gezielte Interventionen werden Kompetenzen der Kinder ausgebaut, ihre individuellen Ressourcen und ihr Alter werden berücksichtigt mit dem Ziel, problematisches Verhalten zu vermindern. Den Kindern soll eine möglichst hohe Selbstwirksamkeitserwartung und Integration ermöglicht werden. Vertieft eingegangen wird an dieser Stelle auf den Ansatz der Autismus-spezifischen Verhaltenstherapie (AVT). Diese Methode wird zum Training von Sozialverhalten und Kommunikation von autistischen Kindern eingesetzt. Es wird davon ausgegangen, dass Verhaltensprobleme erlernt sind. Demnach können sie durch neue Verhaltensmuster ersetzt werden. Jedes Verhalten wird durch einen vorausgehenden Auslöser und nachfolgenden Konsequenzen beeinflusst. Das Ziel ist es, durch das Verändern und Anpassen der Auslöser und Konsequenzen, dass das Verhalten positiv umstrukturiert wird. Im Fokus soll dabei nicht das Problemverhalten stehen, sondern das gewünschte Verhalten. Dieses wird genau definiert und transparent kommuniziert. Die Ethik darf dabei nicht aus dem Blick geraten, jedes Kind hat einen individuellen Entwicklungsstand und Besonderheiten, welche berücksichtigt werden müssen. Autistische Kinder sollen durch diese Methoden nicht überfordert oder übergangen werden, indem sie zu etwas gezwungen werden, was sie absolut nicht wollen. Ethisch betrachtet, würde dadurch ihre Würde verletzt werden. Das Kind soll durch diese Intervention lernen, soziale Kontakte einzugehen, einen gelungenen Umgang mit Emotionen zu erleben, und Kommunikationskompetenzen zu erwerben oder zu erweitern. Ein möglicher Ansatz ist das Konzept S-P-A-S-S, ein strukturiertes Programm für Kinder mit ausgeprägten Besonderheiten. Es ist ein systemischer Ansatz, bei welchem Bezugspersonen mit einbezogen werden. Im Gruppensetting arbeiten Autistische Kinder mit Fachpersonen an ihren sozialen und emotionalen Kompetenzen. Das Programm ist für Kinder und Jugendliche im Schulalter ausgelegt und wird in verschiedenen Altersgruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe betrifft 8-12 Jährige, die zweite Gruppe spricht 13-16 Jährige an, ein Element besteht aus ca. 30 Einheiten. Die Altersangaben können als Richtwert betrachtet werden, da auf die jeweiligen Ressourcen der betroffenen Person eingegangen werden soll. Autistische Kinder und Jugendliche leiden oft unter Motivationsschwierigkeiten, daher ist das Programm aus einer Mischung von Lernen und Spass zusammengesetzt. In die Lerneinheiten werden diverse Lernmaterialien eingebaut, welche durch alle involvierten Personen in allen Bereichen des Lebens des betroffenen Kindes eingesetzt werden können. Ein Beispiel dafür ist das Wut-Thermometer (Abb.1). Kinder aus dem Autismus Spektrum fällt es oft schwer mit ihren Emotionen umzugehen. Besonders Wut ist ein schwierig einzuordnendes Gefühl. Diese Lernhilfe unterstützt ein Kind darin, seine Emotionen und Gefühle richtig wahrzunehmen. In einem weiteren Schritt wird es dann lernen, mit Emotionen und Gefühlen bewusst umzugehen. Das Wut-Thermometer ist ein kognitives Hilfsmittel, es wird also eine Stärke von autistischen Kindern genutzt, nämlich der Intellekt. Es wird eine Belohnung vereinbart, welche verdient werden kann, wenn es sich selbst erfolgreich beruhigen konnte (vgl. ebd. 2014: 107-110).

Abb. 2: Wut-Thermometer (in: Girsberger 2019: 110)

Für den Bereich der Kommunikation existieren visualisierte Anleitungen, da autistische Menschen neue Informationen besser abspeichern können, wenn sie sie nicht nur mündlich überliefert bekommen. Diese Hilfsmittel sind ebenfalls in Stufen aufgebaut. Initial wird das Zuhören thematisiert, danach wird dargestellt, wie ein Gesprächsablauf aussehen könnte. Das Modell kann dabei beliebig auf das Individuum angepasst werden. In den Anleitungen (Abb. 1+2) werden Abläufe bildlich dargestellt und erklärt. Autistische Menschen können sich so durch Orientierung und Struktur neues Wissen aneignen und verinnerlichen (vgl. ebd. 2014: 111-118).

Abb. 3: Kommunikationskompetenzen (in: Girsberger 2019: 112)
Abb. 4: Kommunikationskompetenzen (in: Girsberger 2019: 118)

Relationierung

In welchen Feldern besteht für KL1 Unterstützungsbedarf durch Autismus-spezifische Methoden? KL1 kann lernen, Emotionen und Gefühle einzuordnen und bewusst mit ihnen umzugehen. KL1 erhält dadurch die Möglichkeit, Wünsche, Emotionen und Gefühle in Worten auszudrücken und muss nicht auf andere Verhaltensweisen wie Anwendung von Gewalt zurückgreifen. Werden Verhaltensregeln bei Interaktionen mit anderen Menschen erklärt und visualisiert, kann KL1 diese im Spiel üben und später in alltäglichen Situationen praktisch anwenden. Verbale Kommunikation ist für KL1 möglich, KL1 verfügt über einen guten Wortschatz. Die Kommunikationskompetenzen von KL1 können durch gezielte Unterstützung noch weiter ausgebaut werden. KL1 kann lernen, Gedanken verbal auszudrücken und dass Bedürfnisse von anderen so wahrgenommen werden können. Die PSA kann KL1 Schritt für Schritt, ressourcenangepasst, anleiten. Sozialkontakte werden so für KL1 einfacher, was zu einer gelungenen Integration in Gruppen und einer erleichterten Inklusion z.B. in das schulische Umfeld führt.

Wie kann die Selbstwirksamkeitserwartung und Inklusion von KL1 gefördert werden? Durch Erlernen neuer Verhaltensmuster und Kompetenzen in Kommunikation und Sozialkontakten, sammelt KL1 positive Erfahrungen. Er erlebt positive Konsequenzen durch sein Handeln und sein Verhalten. Diese Erfahrungen steigern seine Selbstwirksamkeitserwartung. Teilziele werden laufend an die Ressourcen von KL1 angepasst. KL1 kennt Verhaltensregeln in Gruppen, durch das Training mit AVT kann KL1 Emotionen leichter erfassen, zuordnen und verbalisieren. Durch Hilfsmittel hat KL1 eine zusätzliche Unterstützung in Momenten der Unsicherheit. KL1 kann ruhiger und rationaler auf gewisse Reize reagieren, kann mit anderen Kindern friedlich interagieren und findet dadurch leichter Anschluss. Alle die genannten Kompetenzen sind wichtige Faktoren, damit eine Inklusion gelingen kann und zu einem Erfolgserlebnis von KL1 wird.

5.3.      Erfahrungswissen – Welche Erfahrungen haben wir mit neurodivergenten Kindern gemacht?

  • Welche Erfahrungen hat PSA in Akut Situationen mit dem Fokus auf Selbstregulation und Co-Regulation anstelle von pädagogischen Interventionen?

Die PSA hat in verschiedenen Praxisfeldern mit neurodivergenten Kindern folgende Erfahrung gemacht: Die Aktivierung steigt, wenn die PSA in diesem Moment versucht eine Verhaltensänderung zu erreichen. Zum Beispiel, ein Kind zu motivieren aufzuräumen oder weniger laut zu sein. Daraus hat die PSA den Erfahrungswert gewonnen, dass zuerst eine Regulierung der PSA grundlegend ist, um dann eine Co-Regulierung zu initiieren, bevor der zuvor bestehende Konflikt besprochen und angegangen werden kann. Diese Regulierung kann durch ein anderes Spiel stattfinden, idealerweise mit einem Standortwechsel. Die Regulierung über den Körper spielt dabei ein zentrales Element. Beispielsweise kann das Kind eine Runde um das Gebäude rennen, Geräusche oder Töne machen, vielleicht auch schreien. Durch die individuellen Möglichkeiten des Kindes, kann so eine Emotionsregulation stattfinden und das Kind kann die Erfahrung von Selbstwirksamkeit machen. Die PSA befindet sich in der Nähe des Kindes ohne sich dabei korrigierend zu verhalten. Die Präsenz und Akzeptanz der PSA sind zentral. Durch solche Räume für die starken Emotionen des Kindes, konnte in der Erfahrung der PSA, die Beziehung gestärkt werden und einen Boden legen für weitere Konfliktsituationen. In dem mehr regulierten Zustand kann zwischen Kind und PSA ein Gespräch entstehen, indem besprochen wird, wie in weiteren Konfliktsituationen vorgegangen wird.

  • Welche Erfahrungen hat die PSA in Akut Situationen mit “deeskalativen / entspannenden Interventionen” anstelle von “pädagogischen Interventionen” mit dem Ziel einer Verhaltensveränderung?

Der neurodivergente KL reagiert meist mit gesteigerter Aktivierung, wenn der Wechsel von der Tagesschule nach Zuhause ansteht. Dann beginnt der KL alle herumzukommandieren, Unordnung anzurichten und verweigert das Aufräumen. Wiederholt ist es in solchen Situationen zu leichter Gewalt zwischen KL und PSA gekommen. Die PSA hat über die Zeit die Erfahrung gemacht, dass es sinnvoll ist, auf die kommandierenden Anweisungen des KL einzugehen, und mit ihm / für ihn aufzuräumen um eine weitere Eskalation vor dem Abschied zu verhindern. Dies anstelle davon, darauf fokussiert zu sein, dem KL zu zeigen, dass dies ungerecht ist und sein Verhalten dahin versucht zu verändern, dass er selbst hinter sich aufräumt. Dabei hat die PSA vereinzelt die Erfahrung gemacht, dass sich der KL dadurch sogar auf sogenannte “Deals” einlässt. Wenn sie ihm die Rolle des “Kings” zuspricht, sich Aufgaben zuteilen lässt und diese durchführt, lässt sich der KL auf Hinweise / Abmachungen ein, dass er selbst ebenfalls einen kleinen Teil aufräumt.

Die PSA hat gute Erfahrungen mit Humor/Spiel und neurodivergenten KL in aktivierten Situationen gemacht. Zum Beispiel, als sie ein KL in der Intention sehr stark auf einen Gong zu schlagen, nicht unterbrochen hat, sondern ihm vor dem Haus dieses Ziel ermöglicht hat. Sie hat dies als Entspannung für sich, den KL (welcher sich dadurch regulieren konnte) und die Gruppe erlebt. Wenn sich die PSA in Akut Situationen im Spannungsfeld zwischen Autorität und nachgeben (für mehr Entspannung) bewegt hat, hat sie positive Erfahrungen mit dem Fokus auf Entspannung gemacht.

  • Welche Erfahrung hat die PSA mit grenzverletzendem Verhalten innerhalb von Gruppen von Klientinnen?*

Generell hat die PSA wiederholt erlebt, dass sich die Anspannung / der Arousal von einzelnen KL schnell auf die Gruppe überträgt und sich die KL untereinander hinaufschaukeln. Dadurch entstehen aufgeladene Konstellationen und Situationen, in denen sich die Anspannung in Form von Gewalt zwischen den KL entlädt. Wenn die Anspannung zwischen KL einmal gestiegen ist, ist es für die PSA und das Team schwierig, die einzelnen KL überhaupt noch zu erreichen / abzuholen und die Gewalteskalation zu verhindern. Die PSA und das Team hat die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt, bei Anzeichen von Anspannung bei einzelnen KL die Gruppe zu separieren. Dies z.B. in Form davon, einem einzelnen KL anzubieten, spazieren zu gehen und zu schauen, ob noch ein weiterer KL mitkommen möchte. Hierbei ist es elementar, flexibel zu sein in Bezug dazu, welche KL sich gerade abholen lassen, um möglichst reibungslos und effizient die Gruppe aufteilen zu können.

  • Welche Erfahrung hat die PSA mit KL1, wenn dieser bereits eine erhöhte Aktivierung aufweist und mit anderen Klientel interagieren muss?

KL1 äussert sich in Situationen mit erhöhter Aktivierung mit lauter Stimme und drückt seine Emotionen deutlich aus. Er drückt sich durch Schreien aus und beginnt teilweise andere Klient*innen zu schlagen oder zu beissen. In solchen Situationen braucht es eine enge Begleitung der PSA, um einerseits den Schutz aller Beteiligten zu gewährleisten und um eine Co-Regulierung von KL1 zu initiieren.

Relationierung

  • Welche Erfahrungen hat PSA in Akut Situationen mit dem Fokus auf Selbstregulation und Co-Regulation anstelle von pädagogischen Interventionen?

In der Schlüsselsituation konnte die PSA weder Selbst- noch Co-Regulation anwenden, da sie in der Akut Situation den Schutz von KL2 priorisiert hat. Sobald sich KL1 distanziert hat, war ihr klar, dass es einerseits eine Selbst-Regulation sowie eine Co-Regulierung für KL1 braucht. Für die PSA stellt sich die Frage, ob sie die Co-Regulation in diesem Moment leisten kann oder ob die Co-Leitende verfügbar ist. Im Anschluss findet die Co-Regulation über die Co-Leitende statt. Die PSA bespricht sich zu einem späteren Zeitpunkt mit KL1.

  • Welche Erfahrungen hat die PSA in Akut Situationen mit “deeskalativen / entspannenden Interventionen” anstelle von “pädagogischen Interventionen” mit dem Ziel einer Verhaltensveränderung?

Der PSA ist bewusst, dass Humor und spontane Abmachungen (entsprechend dem Bedürfnis der KL) in aktivierten Situationen helfen können, indem die PSA sich auf ein humorvolles Spiel mit KL einlässt und KL gleichzeitig ernst nimmt. In der Schlüsselsituation war dieses Wissen und die Erfahrung nicht präsent und abrufbar. Der Schutz erschien ihr als oberste Priorität.

  • Welche Erfahrung hat die PSA mit grenzverletzendem Verhalten innerhalb von Gruppen von Klientinnen?*

Die PSA hat in der Situation die Separation von KL1 und KL2 vollzogen, aufgrund des Schutzbedarfs.

  • Welche Erfahrung hat die PSA mit KL1 in Situationen in denen er keinen bedingungslosen Zugang zu seinem “wichtigen Gegenstand” hat?

Der PSA war die Dringlichkeit der Intention von KL1 bewusst, kannte aber seine Reaktion bis zu der Schlüsselsituation nicht, da die Gegebenheit zum ersten Mal auftrat.

  • Welche Erfahrung hat die PSA mit KL1, wenn dieser bereits eine erhöhte Aktivierung aufweist und mit anderen Klientel interagieren muss?

Durch andere Situationen ist sich die PSA bewusst, dass KL1 in aktivierten Situationen zum Schlagen und Beissen als Schutzmechanismus greift. Bis zu der Schlüsselsituation hat sich dies nicht gegen die PSA (oder die Co-Leitende) gerichtet.

5.4      Organisations- und Kontextwissen – Welche Rahmenbedingungen beeinflussen mein Handeln?

Arbeitsfrage

Wie beeinflusst das Organisationswissen das Denken, Handeln und Fühlen, Verhalten der PSA? Welches Wissen ist in der Organisation in Bezug auf Selbstwirksamkeit, Neurodiversität und Traumapädagogik etc. bereits vorhanden?

Auftrag des Vereins

Der Verein befasst sich hauptsächlich mit dem Thema der traumainformierten Arbeitsweise. Der Auftrag des Vereins umfasst die Begleitung von Kindern. Dies beinhaltet auch Elterngespräche. Der Verein übernimmt keine therapeutische Funktion, sondern erfüllt seinen Auftrag lediglich in der Begleitung der Kinder.

Grundlagenkonzepte

Der Verein handelt nach traumainformierten Grundlagen. Die zwei Co-Leitenden (eine davon ist die PSA) verfügen über ein breites Wissen über Trauma und Neurodivergenz. Die andere Co-Leitende hat diverse Weiterbildungskurse absolviert zum Thema Trauma, Autismus, Polyvagaltheorie und dem Low Arousal Ansatz. Der Verein stützt sich weiter auf das Konzept “das System der inneren Familie nach Richard C. Schwartz (IFS).

Es besteht ein Projektbeschrieb mit Verweisen zu neurowissenschaftlichen und traumainformierten Grundlagen, auf welche sich die PSA beziehen kann.

Da es sich um einen sehr kleinen Verein handelt, besteht keine Hierarchie und die Kommunikation kann direkt stattfinden zwischen den zwei Co-Leitenden. Diese Intervision wird wöchentlich praktiziert. Weiter bestehen einzelne Kommunikationschannels pro Familie, welche für individuelle Bedürfnisse der Familien (und deren Kinder) genutzt werden.

Relationierung

Durch die kleine Gruppe und das aus zwei Personen bestehende Team kann eine enge Beziehungspflege zu der Klientel gelebt werden. Der kontinuierliche Kontakt ermöglicht eine zeitnahe Klärung von Konflikten sowie Absprache im Team. Diese Struktur ist eine wesentliche Rahmenbedingung für die Schlüsselsituation. Weiter bildet der traumainformierte Fokus und die Vision der Inklusion ein Fundament für die PSA, worauf sie sich stützen kann. Sie hat die Möglichkeit in der Situation zu erkennen, dass eine Selbst-Regulation zentral ist und sie sich den Raum dafür nehmen darf. Sie weiss zusätzlich, dass die Co-Leitende vor Ort ist und als Hilfestellung ansprechbar ist (insofern sie sich nicht selbst in einer Akut Situation befindet). Dies dient als Hilfestellung für den Austausch mit der PSA (Selbst-Regulation), aber auch als Ansprechperson für KL1 (Co-Regulation).

Eine weitere Rahmenbedingung sind die Elterngespräche, welche jeweils zu Beginn, am Ende und zwischen den Tagen geführt werden. Der KL weiss, dass die PSA sowie die Co-Leitende in Kontakt mit seinen Eltern treten werden. Diese Tatsache schafft einerseits Vertrauen, da er die Co-Leitenden als zusätzliche Bezugspersonen erlebt, welche mit den Eltern im nahen Austausch sind. Es kann aber auch Druck auslösen, da er nicht weiss, welche Informationen weiter geleitet werden und welche nicht.

Durch die Reflexion im Team und mit den Eltern findet Entwicklung und Lernen auf allen Ebenen statt. Das Wissen und den Erfahrungswert mit Neurodivergenz (auch durch den persönlichen Erfahrungswert mit Neurodivergenz des Teams) wird laufend aktualisiert und erweitert.

5.5      Fähigkeiten – Was muss ich als professionelle Fachperson können?

Arbeitsfrage

Was muss eine PSA können, um sowohl Schutz als auch Selbstwirksamkeit zu gewährleisten, in Gruppen in denen es zu Gewaltausübungen zwischen neurodiversen Kindern und zwischen diesen und der PSA kommt?

-Präventiv Handeln: Die PSA ist fähig, Stressquellen und Trigger von KL frühzeitig zu erkennen und kann in akut Situationen deeskalativ intervenieren. Durch Minimierung der Reize für die KL kann sie möglichen Krisen präventiv entgegenwirken.

-Verschiedene Bedürfnisse erkennen und berücksichtigen: Durch unterschiedliche Ressourcen, Kompetenzen und Charakteren der KL entstehen individuelle Bedürfnisse. Die PSA ist fähig, diese zu erkennen und kann danach handeln und Angebote schaffen.

-Stärken und Erfolge unterstreichen: Die PSA hat die Fähigkeit, den KL Stärken und Erfolge aufzuzeigen und kann Handlungsalternativen in einem ruhigen und sicheren Setting erklären.

-Schutz vor Gewalt für KL und PSA: Die PSA ist sich ihrer Verantwortung in Bezug auf den Schutz aller beteiligten Personen bewusst, sie verfügt über einen Handlungsplan und ist fähig diesen anzuwenden.

-Zusammenarbeit mit dem Bezugssystem der KL: Die PSA spricht sich mit anderen Bezugspersonen ab und verfügt über die Fähigkeit, Vereinbarungen zu treffen um ein einheitliches und ausgeglichenes Setting für die KL zu schaffen.

-Fähigkeit zur Reflexion: Die PSA ist fähig die bestehende neurotypische Norm zu hinterfragen und besitzt ein Bewusstsein für Neurodiversität. Sie setzt sich aktiv mit Ungleichheit auseinander. **

Relationierung

Durch die Fähigkeit, eine Situation ihren Lauf nehmen zu lassen ohne auf pädagogische Wertvorstellungen zu beharren, kann die PSA1 bereits deeskalierend wirken. In der Schlüsselsituation löst es in KL1 weitere Spannungen aus, weil er daran gehindert wird, das Trampolin zu besteigen. Das Bedürfnis von KL1 ist es, jederzeit uneingeschränkten Zugang zu seinem wichtigen Gegenstand zu haben. Die PSA1 kann KL2 schützen, indem sie ihm von der Leiter herunter hilft. PSA1 kann KL1 den Zutritt auf das Trampolin und zu dem Gegenstand gewähren. PSA1 kann so einen Trigger für KL1 umgehen und setzt KL2 keiner Gefahr aus. PSA1 kann nach der Situation das Gespräch mit KL1 suchen und ihm Handlungsalternativen erklären und ihn so für eine nächste ähnliche Situation anleiten. Dabei verfügt PSA1 über die Fähigkeit, das Gespräch mit KL1 konstruktiv zu gestalten und bereits vorhandene Stärken zu betonen, auch kleine Erfolge werden gefeiert. Die PSA1 kann für KL1 ein einheitliches und ausgeglichenes Setting schaffen, indem PSA1 Vereinbarungen mit anderen Bezugspersonen wie den Eltern oder PSA2 trifft. Für KL1 sind so die Strukturen klar und führen zu Sicherheit. KL1 kann gegenüber Bezugspersonen Vertrauen aufbauen, weil KL1 weiss, dass er Zugang zu seinem Gegenstand bekommt. Bedürfnisse von KL1 werden so berücksichtigt und akzeptiert. PSA1 kann in Zusammenarbeit mit anderen Bezugspersonen eine langfristige Intervention bezüglich des Verhaltens von KL1 planen. Dafür muss PSA1 realistische Kurzzeitziele formulieren und diese gegenüber KL1 transparent kommunizieren und erklären. PSA1 verfügt über die Fähigkeit der Selbstregulation in herausfordernden Situationen, kann diese aushalten und ist dadurch in der Lage, KL1 mit Geduld und Empathie zu begegnen. Die Fähigkeit der PSA1 sich selbst und Situationen mit ihren KL zu reflektieren, führt zu erweitertem Wissen und Verständnis für Neurodiversität und Ungleichheit generell.

5.6      Organisationale, infrastrukturelle, zeitliche, materielle Voraussetzungen – Womit kann ich handeln?

Arbeitsfrage

Womit kann die PSA handeln?

  • Es besteht die Möglichkeit, dass sich PSA1 telefonisch bei der zweiten Mitarbeitenden meldet. Diese kann PSA1 unterstützen, insofern sie in diesem Moment die Kapazität hat. Das Team besteht aus zwei Personen.
  • Der Aussenbereich verfügt über grosszügigen Platz. PSA1 kann dafür sorgen, dass KL2 sicher ist und gleichzeitig KL1 seinen Rückzugsort hat. Weiter bestehen im Innenraum zwei kleine Räume. Einer dieser Räume ist für KL1 ein wichtiger Ort, welcher er als “seine Wohnung” bezeichnet. Die Möglichkeit besteht also, dass KL1 mit der anderen Mitarbeitenden in dem kleinen Zimmer spricht.
  • Es besteht kein beschriebenes Vorgehen (offizieller Handlungsplan) in Gewaltsituationen.
  • Es findet ein wöchentlicher Austausch zwischen der PSA und der Co-Leitenden statt. Die PSA weiss, dass sie Konflikte in diesem Gefäss besprechen kann.

Relationierung

Telefonischer Kontakt konnte aufgrund der hohen Geschwindigkeit in der Situation nicht statt finden. Die Co-Leitende ist jedoch als Ressource vor Ort (beim Eingangsbereich des Hauses) und kann mit KL1 nach der Konfliktsituation das Gespräch suchen.

KL1 konnte sich in einen anderen Teil des Aussenbereichs zurück ziehen und sich dort bei der Mauer niederlassen. Dadurch konnte sein Bedürfnis nach Sicherheit gestillt werden. Die PSA konnte sich nicht auf einen offiziellen Handlungsplan stützen. Durch den wöchentlichen Austausch der Mitarbeitenden bestehen diverse individuelle Handlungsansätze, welche im Alltag angewendet werden. Auf diese kann die PSA1 nach der Akut Situation zu greifen und somit ihr weiteres Vorgehen planen.

5.7      Wertewissen

Arbeitsfragen

Welche Werte sind für die PSA zentral, im Umgang mit Gewalt in Gruppen mit neurodiversen Klientel, damit sie dem Spannungsfeld von Schutz und Selbstwirksamkeit der involvierten Personen gerecht werden kann?

Welche Werte vertritt die Organisation im Konzept und in der Organisationskultur?

Werte des Vereins

Der Verein nimmt auf der eigenen Homepage zu der “Traumainformierten” Arbeitshaltung wie folgt Bezug:

Unsere Erfahrungen an einer Freilern-Schule haben gezeigt: Das Wichtigste ist für die (…) Kinder, dass sie präsente Erwachsene zur Seite haben, welche ihnen Sicherheit vermitteln und sie co-regulieren. Dann sind sie offen und neugierig, sich die Welt zu erschliessen und nachhaltig zu lernen. Um sichere Bindung zu ermöglichen, müssen wir Erwachsene an erster Stelle bei uns selbst ansetzen. In diesem Bewusstsein arbeiten wir daran, die Dramen des Lebens nicht unreflektiert an die Kinder weiterzugeben und die Wiederholungsschleife zu durchbrechen. (Website Verein 2022)

Arbeitsfrage

Welche Werte sind für die PSA zentral, im Umgang mit neurodiversen Klientel?

Werte aus dem Praxishandbuch “Social justice und diversity”

Czollek et al. (2019: 30) beschreiben diskriminierungskritische Diversity wie folgt:

“Das Diskriminierungskritische Diversity ****beschreibt eine Perspektive, die das Augenmerk auf die gesellschaftlichen Realitäten Struktureller Diskriminierung lenkt, die sich im Kontext von Macht- und Herrschaftsverhältnissen entfalten. Im Sinne von Social Justice und Diversity muss die Anerkennung der Vielfalt und radikalen Verschiedenheit von Menschen also immer verbunden sein mit einer Analyse und Kritik Struktureller Diskriminierung. Die Perspektive eines Diskriminierungskritischen Diversity zielt also nicht nur auf die Ablehnung jeder Form von Diskriminierung, sondern auch auf eine aktive Intervention in eine Gegenwart, in der Diskriminierung weiterhin die gesellschaftliche Realität strukturiert. Der Fokus auf Strukturelle Diskriminierung unterstreicht außerdem, dass die Frage nach Diskriminierung über einzelne diskriminierende Ereignisse (sogenannte ‚Alltagsdiskriminierung‘) hinausweist und Teil gesellschaftlich institutionalisierter Praxen und Funktionsweisen ist.”

Werte aus dem Berufskodex von Avenir Social

Der Schweizerische Berufsverband hält im “Berufskodex Soziale Arbeit Schweiz” folgende Werte fest:

Menschenwürde und Menschenrechte

  • Grundsatz der Integration: ”Die Verwirklichung des Menschseins in demokratisch verfassten Gesell­schaften bedarf der integrativen Berücksichtigung und Achtung der physischen, psychischen, spirituellen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Menschen, sowie ihrer natürlichen, sozialen und kulturellen Umwelt.” (Avenir Social 2010: 10)

Soziale Gerechtigkeit

  • Verpflichtung zur Zurückweisung von Diskriminierung: ”Diskriminierung, sei es aufgrund von Fähigkeiten, Alter, Nationalität, Kultur, sozialem oder biologischem Geschlecht, Familienstand, sozioökonomischem Status, politischer Meinung, körperlichen Merkmalen, sexueller Orientierung oder Religion, kann und darf nicht geduldet werden.” (ebd.: 11)
  • Verpflichtung zur Einlösung von Solidarität: ”In besonderem Masse solidarisch zeigt sich, wer sozialen Ausschluss, Un­gerechtigkeit, Stigmatisierung, Unterdrückung oder Ausbeutung anprangert und Gleichgültigkeit gegenüber individueller Not, Intoleranz in den zwischenmenschlichen Beziehungen und Feigheit in der Gesellschaft aktiv entgegenwirkt.” (ebd.: 11)

Relationierung

Die PSA stützt sich in ihrem Arbeitsalltag auf die traumainformierte Arbeitshaltung des Vereins. Der Verein lehnt jede Form von Diskriminierung ab, was sich auch in der Haltung der PSA gegenüber KL1 zeigt. Die PSA reflektiert nach der Situation das Verhalten von KL1 und auch ihre eigene Reaktion darauf. Die PSA bespricht die Situation mit der Co-Leitenden und den Eltern von KL1, um für alle Beteiligten einen guten Umgang mit dem Zwischenfall zu ermöglichen. Ausserdem dient die Situation als Lernfeld, um für ähnlichen Situationen Handlungsoptionen zu erarbeiten und auch in schwierigen Momenten die Selbstwirksamkeitserwartung von KL1 oder anderen KL zu fördern. Die Neurodivergenz von KL1 ist der PSA jederzeit bewusst, sie stützt sich auf das Konzept des guten Grundes und verurteilt das Verhalten von KL1 nicht. Die PSA setzt sich mit möglichen Auslösern und Ursachen für die Handlung mit Gewalt durch KL1 auseinander. Damit bezieht sie auch Teile des Berufskodex von Avenir Social bezüglich Menschenwürde und sozialer Gerechtigkeit in ihr Handlungs- und Denkmuster ein. In der Schlüsselsituation orientiert sich die PSA an ihren eigenen Werten, da für Gewaltsituationen kein offizieller Handlungsplan besteht. Die schnelle Dynamik, welche sich in der Situation präsentiert, wirkt auf die PSA überfordernd. Trotz Überforderung zeigt sich, dass die PSA viele Werte des Berufskodex und des Vereins umsetzt. Durch die sensibilisierte und verantwortungsvolle Art in Denk- und Handlungsvorgängen, bietet die PSA den KL ein sicheres Umfeld, in welchem sie sich selbst bestmöglich ohne Diskriminierung und Ausgrenzung erleben und entwickeln können.

  • Die gewählten Interventionen stellen bewusste, auf Wissen und Werten basierte Entscheidungen dar
  • Die Vorgaben der Institution zum Umgang mit Gewalt sind bekannt und werden eingehalten
  • Die/der PSA sorgt für den psychischen sowie physischen Schutz aller Beteiligten. Dabei wird die Würde aller Beteiligten zu jedem Zeitpunkt berücksichtigt
  • Das Sicherheitsempfinden aller Beteiligten ist wiederhergestellt bzw. ein Prozess zu dessen Wiederherstellung ist aufgegleist
  • Den Beteiligten ist klar, dass die Konfliktsituation zum Anlass genommen wird, neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Es ist ein Bewusstsein vorhanden, die erlebte Situation als Lernort zu nutzen, künftig anders mit eigenen Bedürfnissen und starken Emotionen umzugehen.
  • Die PSA ist sich des Spannungsfeldes zwischen Schutz und Selbstwirksamkeitserwartung bewusst. Sie besitzt die Handlungsfähigkeit, sich an beiden Aspekten zu orientieren und wählt ihre Intervention anhand ihres Wissens zu den Bereichen AS, Neurodiversität, Konzept des guten Grundes, Selbstwirksamkeitserwartung und traumainformierter Arbeitshaltung sowie ihrer Werte bewusst aus.
  • Die gewählten Interventionen stellen bewusste, auf Wissen und Werten basierte Entscheidungen dar

Der Standard wird teilweise erfüllt, dies durch die Ambivalenz der PSA in der Schlüsselsituation. Die PSA ist sich der Gefahr bewusst, welcher KL2
durch KL1 ausgesetzt ist. Die Handlung der PSA fokussiert bewusst den Schutz von KL2 und den Selbstschutz der PSA. Die Reaktion, KL1 an den Armen festzuhalten passiert intuitiv und ist nur bedingt ein bewusster Entscheid. Die Handlung findet impulsiv statt, die PSA kann nicht auf Erfahrungswerte von KL1 zurückgreifen, da dieser das Angebot erst seit kurzer Zeit nutzt. Ein ausreichender Beziehungsaufbau hat zu diesem Moment noch nicht statt gefunden, wodurch die PSA von der Reaktion von
KL1 überrascht wird und alternative Lösungsansätze nicht abrufen kann. Die PSA hatte nur wenig Vorwissen bezüglich spezifischen Verhaltensweisen und Bedürfnissen von KL1, auch in Bezug auf seine AS Diagnose. Trotzdem
basiert die Intervention auf dem Wissen und den Werten der PSA. Die Haltung der PSA basiert auf der Annahme des guten Grundes, sie betrachtet das Verhalten von KL1 nicht als destruktiv motiviert. Der PSA ist bewusst, dass das Verhalten von KL1 aus seinem inneren System Sinn ergibt. Durch die Erfahrungen der PSA mit traumainformierten Arbeitsweisen, ist sie fähig, in der Situation zu erkennen, dass eine Selbst- Regulation zentral ist, um KL1 bestmöglich zu begleiten und ihn durch Co-
Regulation unterstützen zu können.

  • Die Vorgaben der Institution zum Umgang mit Gewalt sind bekannt und werden eingehalten

Es existiert kein offizieller Handlungsplan bei Gewalt Geschehen, dieser Standard wird nicht erfüllt und sollte weiter entwickelt werden.

  • Die/der PSA sorgt für den psychischen sowie physischen Schutz aller Beteiligten. Dabei wird die Würde aller Beteiligten zu jedem Zeitpunkt berücksichtigt.

Die PSA wahrt den physischen Schutz von KL2, indem sie ihm von der Leiter hilft und ihn somit ausser Reichweite für KL1 bringt. Mit ihrer Intervention, KL1 an den Armen festzuhalten, gewährleistet sie den physischen Schutz für alle beteiligten Personen. Für den Schutz der Würde müssen eigene Grenzen respektiert werden. Diese Grenzen werden in der Situation durch die Anwendung von Gewalt durch KL1 überschritten, darum wird er durch die PSA festgehalten. Die Haltung, mit der die Intervention durchgeführt wird ist zentral für den Schutz der Würde. In der Handlung der PSA ist keine böswillige Absicht, sie schützt damit die Würde von KL2, sich selbst und auch von KL1 bestmöglich. Die PSA betrachtet es in dieser Situation nicht als würdevoller, wenn KL1 andere oder sich selbst gefährdet.
Die Ambivalenz zeigt sich hier dadurch, dass durch die Intervention der PSA eine Grenze von KL1 überschritten wird. KL1 wurde durch das Festhalten wahrscheinlich an Verletzungen der Würde in anderen Situationen, durch andere Betreuungspersonen erinnert. Der Standard wird in Bezug auf den physischen Schutz erreicht. Was den Schutz der Würde
betrifft, so wird dieser ebenfalls als erreicht betrachtet, da die Würde aller Beteiligten berücksichtigt wurde. Der psychische Schutz für KL2 wird durch die PSA erreicht. Allerdings ist der psychische Schutz von KL1 und PSA in der Schlüsselsituation nicht erreicht. Persönliche Grenzen von KL1 werden überschritten, die PSA erlebt in dem Moment eine hohe Aktivierung. Erst
nach der Situation bekommt sie die Gelegenheit zur Selbstregulation. Durch die Nachbesprechung der Situation mit KL1 und PSA, wird der psychische Schutz hergestellt und der Standard erreicht.

  • Das Sicherheitsempfinden aller Beteiligten ist wiederhergestellt bzw. ein Prozess zu dessen Wiederherstellung ist aufgegleist

Die PSA fühlt sich nach der Schlüsselsituation weiter bedroht, weil die Aktivierung durch die Anwendung von Gewalt von KL1 nicht gleich verschwindet. Die weiteren Reaktionen von KL1 sind für die PSA nicht vorhersehbar. Für KL1 verhält es sich gleich, KL1 und die PSA sind noch nicht vertraut miteinander und können sich gegenseitig nicht gut einschätzten. Das Vertrauen zwischen PSA und KL1 muss wieder oder erst aufgebaut werden. Für KL2 ist das Sicherheitsempfinden durch die PSA bereits hergestellt als er im Gras sitzt und weiter spielt. Der Standard wird dadurch erfüllt, dass die Wiederherstellung des Sicherheitsempfinden aufgegleist ist.

  • Den Beteiligten ist klar, dass die Konfliktsituation zum Anlass genommen wird, neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Es ist ein Bewusstsein vorhanden, die erlebte Situation als Lernort zu nutzen, künftig anders mit eigenen Bedürfnissen und starken Emotionen umzugehen.

Dieser Standard wird klar erfüllt, bei KL1 ist bereits in der darauffolgenden Zeit ein Entwicklungsprozess sichtbar. KL1 verhält sich gegenüber PSA und anderen Kindern merklich friedvoller und zwischen KL1 und KL2 besteht eine vertraute Beziehung. Die PSA und KL1 können am Beziehungsaufbau arbeiten und eine Bindung entwickeln. Durch die engere Bindung fühlt sich die PSA sicherer, KL1 kann PSA auch in herausfordernden Situationen
vertrauen. Die Schlüsselsituation wird als Lernort genutzt und zum Anlass genommen, neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln, der Standard ist erfüllt.

  • Die PSA ist sich des Spannungsfeldes zwischen Schutz und Selbstwirksamkeitserwartung bewusst. Sie besitzt die Handlungsfähigkeit, sich an beiden Aspekten zu orientieren und wählt ihre Intervention anhand ihres Wissens und ihrer Werte bewusst aus.

Die PSA bewegt sich täglich in diesem Spannungsfeld, es bildet die Grundlage ihrer Arbeit mit den KL in diesem Setting. Die PSA verfügt über die Fähigkeit, diese Spannungsfelder zu erkennen und darin zu handeln. Die Interventionen gelingen nicht immer gleich gut, jedoch ist sie sich des Spannungsfeldes stets bewusst. In der Schlüsselsituation wird dieser Standard teils erreicht. Die PSA gewichtet den Schutz in diesem Moment mehr als die Selbstwirksamkeitserwartung
von KL1 und reagiert instinktiv. Sie handelt nach ihren Werten und ihrem Wissen, indem sie sich und KL2 vor KL1 schützt. Durch die Intervention der PSA konnte KL1 nicht in seiner Selbstwirksamkeitserwartung bestärkt werden.

Autismus-Spektrum

Welche Handlungsalternativen hat die PSA mit Wissen über Besonderheiten des Austismus-Spektrums?
Mit dem Aneignen von Wissen über das Autismus-Spektrum mit Besonderheiten der Fokussierungen, Impulskontrolle und Körperwahrnehmung ist es für die PSA möglich, in weiteren Situationen mehr Verständnis für KL1 zu entwickeln und bereits vor der Not/Aktivierung des KL1, mögliche Dynamiken und Situationsabläufe im Bewusstsein zu haben. Durch die Anwendung des Low Arousal Ansatzes kann die Beziehung zwischen der PSA und KL2 gestärkt werden.

Selbstwirksamkeitserwartung

Welche Handlungsalternativen hat die PSA, um die Selbstwirksamkeitserwartung von KL1 zu fördern?
KL1 kann seine Selbstwirksamkeitserwartung steigern, indem positive Erfahrungen gesammelt werden können. KL1 kann davon profitieren, wenn die PSA auch in unruhigen Situationen KL1 vertrauensvoll gegenüber tritt. KL1 braucht klare Strukturen, um sich orientieren zu können. Es kann sinnvoll sein, durch ein Coaching alle Betreuungspersonen auf den gleichen Stand zu bringen und Abkommen zu treffen. Nach einem Vorfall kann das Gespräch mit KL1 gesucht werden. Dieses Gespräch sollte erfolgs- und stärkenorientiert sein, für KL1 soll sichtbar werden, welche Ressourcen durch ihn selbst bereits
erarbeitet wurden und wie KL1 sie in weiteren herausfordernden Situation einsetzen kann. Die PSA kann KL1 in diesem für KL1 sicheren und ruhigen Setting alternative Lösungsmöglichkeiten erklären und üben und somit seine Selbstwirksamkeitserwartung erhöhen. Durch solche Gespräche, welche auf die Ressourcen des KL1 zugeschnitten sind, wird das Stresslevel von KL1 gesenkt und die Beziehung zwischen PSA und KL1 gestärkt und vertieft.
Durch welche Handlungsalternativen, kann der Unterstützungsbedarf von KL1 durch PSA erweitert und bestenfalls abgedeckt werden?
KL1 kann bei überfordernden Situationen durch PSA beruhigt werden. PSA kann versuchen, die Umgebungsreize für KL1 klein zu halten und für KL1 Rückzugsorte zu schaffen. KL1 hat einen wichtigen Gegenstand, welcher immer in der Nähe von KL1 sein sollte. Im Spiel vergisst KL1 diesen Gegenstand manchmal. Wenn KL1 bemerkt, dass der Gegenstand sich nicht in seiner Nähe
befindet, löst dies Stress aus. Die PSA kann KL1 unterstützen, indem er sich den Gegenstand z.B. mit einer Schnur um den Hals hängen oder an die Hose binden kann. Die PSA kann dem KL1 auch in kleinen Situationen positive Rückmeldungen auf ein gelungenes Verhalten geben. KL1 kann durch erklärende Hilfsmittel unterstützt werden um schwierige Situationen zu
erkennen und angemessen darauf reagieren zu können.

Lothar Bönisch – Lebensbewältigung

Das Paradoxe an Antisozialen und Selbstdestruktiven Bewältigungsstrategien Die PSA könnte laut Böhnisch, versuchen solche Antisoziale Handlungen von KL1 in Zukunft nicht als einen negativen Akt, sondern als einen hoffnungsvollen Hilferuf zu begreifen. Dies kann der PSA zu Beginn erst einmal fremd erscheinen. Diese Perspektive kann ihr jedoch als Professionelle der Sozialen Arbeit sehr hilfreich sein, damit sie den herausfordernden Bewältigungsstrategien von KL1 einen konstruktiven Umgang finden und diese besser aushalten kann.


Funktionale Äquivalente als konstruktiver Umgang

In Zukunft könnte die PSA daran arbeiten, neue / andere Möglichkeiten zu schaffen, wobei KL1 erfahren kann, dass er nicht auf das antisoziale Verhalten angewiesen ist, um Anerkennung für sein Bedürfnis, nach bedingungslosem Zugang zu seinem “wichtigen Gegenstand” zu erhalten. Wenn KL1 solche neue / andere Erfahrungen gemacht hat, kann die PSA die antisoziale
Bewältigungsstrategie mit dem KL1 gemeinsam thematisieren.

Low Arousal Ansatz
Aufmerksame Beobachtung
Um einen klaren Fokus auf die langfristige Minimierung von Stress und Anspannungszuständen zu legen, können die PSA und die Co-Leitung zuerst aufmerksam beobachten welche Auslöser und Funktionen die Verhaltensweisen haben könnten. Aufbauend auf diesen Beobachtungen können sie Hypothesen bilden. Diese wiederum können als Grundlage dienen um sowohl kurzfristig in Krisenmomenten wie auch in der Entwicklung von langfristigen Handlungsmöglichkeiten exakt und erfolgreich Einfluss zu nehmen. Im Rahmen der Beobachtung können sich die PSA und die Co-Leitung die von Sappok (2023: 504) formulierten Fragen stellen: “Welche Verhaltensweisen und Körpersignale zeigt die Person, wenn sie entspannt oder angespannt ist?

Wie wirken sich Aktivitäten und Anforderungen auf ihr Erregungsniveau aus?
Welche Umfeldbedingungen sorgen möglicherweise für eine erhöhte Grundanspannung und wie können sie verändert werden? Welches Verhalten von Begleitpersonen erweist sich als hilfreich bzw. schwierig im Hinblick auf das Erregungsniveau der Person?”
Weiter wird durch die aufmerksame Beobachtung die Fähigkeit gestärkt, Hinweise für Anspannungszustände systematisch erkennen zu können. Dies ermöglicht der PSA und der Co-Leitung generell den Grad der Anspannung von KL1 erkennen zu können und durch ein Bewusstsein über allfällige früherkennungs-Merkmale ermöglicht ihnen frühzeitig entlang dieser zu
intervenieren.

Reflexion
Die PSA und die Co-Leitung können mit dem Fokus auf das Setting der Institution blicken, welche Möglichkeiten es gibt, weiter aversive Reize im physiologische wie auch im Sozialen Umfeld zu verringern oder zu vermeiden.
Sie können gemeinsam reflektieren, inwiefern es ihnen in der Gestaltung des Alltags von KL1 gelingt, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Anforderung und Entspannung zu generieren.
Die PSA kann gemeinsam mit der Co-Leitung erarbeiten, ob die Anforderungen, die an KL1 gestellt werden angepasst sind an seine Bewältigungsmöglichkeiten der ob es allenfalls einer Anpassung der Anforderungen bedarf. Dies könnte z.B. bedeutet, sich zu Fragen, ob es angemessen ist, dass von KL1 gefordert wird, dass er in der Lage ist, Verbal seine Bedürfnisse auszudrücken. Weiter können sich die PSA & die Co-Leitung darauf fokussieren, inwiefern es möglich ist, innerhalb der Alltagsstruktur von KL1 potentiell erregende Trigger zu reduzieren.
Die PSA kann für sich selbst reflektieren; Was tue ich, wenn ich mit Anforderungen und Herausforderungen konfrontiert bin, und ich Schwierigkeiten habe, diese zu bewältigen? Welche Möglichkeiten habe ich, die mich unterstützen, mich zu regulieren?

Handlungsplan
Aus den Beobachtungen und den Reflektionen können die PSA und die Co- Leitung dann gemeinsam einen individuellen Handlungsplan erstellen welcher sie dabei unterstützt, mehr Sicherheit im Umgang mit KL1 zu finden und somit
die eigene Verunsicherung für zukünftige ähnliche Situationen verringern oder sogar vermeiden.
Ein Handlungsplan könnte beinhalten, welche Deeskalationsstrategien angewendet werden, dass eine Nachsorge stattfindet, wie und wann physiologische Abwehrtechniken angewendet werden. Handlungsalternativen, die sich aus einem solchen Handlungsplan ergeben könnten, gestalten sich wie folgt:
Die PSA könnte in weiteren Situationen versuchen andere verbale Deeskalationsstrategien anzuwenden, wie z.B. mit ruhiger, leiser Stimme Gegenüber KL1 Ausdrücken, was sie gerade Wahrnimmt wie z.B. “ich nehme wahr, du möchtest gerade sehr dringend auf das Trampolin” oder ihm Unterstützung anbieten, “Ich nehme wahr, du bist gerade sehr aufgebracht, kann ich dich unterstützen?”. Zusätzlich kann die PSA versuchen durch Reflexion und Selbstregulation achtsamer zu sein, keine
möglichen nonverbalen Trigger von KL1 anzuwenden.
Zusätzlich wäre es aus der Perspektive des Low-Arousal-Ansatzes relevant, einen speziellen Fokus auf die Nachsorge von Seiten der PSA zu KL1 in Bezug zum physischen Eingriff zu legen. Dies bedeutet, den Vorfall auch nachträglich mit dem KL1 zu besprechen und allfälligen Emotionen diesbezüglich Raum zu geben. Es wäre eine Möglichkeit in den organisationalen Strukturen zu regeln, dass jeweils nach einem intensiven Vorfall eine Nachbesprechung stattfindet. Hierfür könnte auch eine Struktur für das Nachgespräch definiert werden.
Die PSA und die Co-Leitung können sich gemeinsam damit befassen, welche physiologischen Abwehrtechniken in Gewaltsituationen zur Bewältigung von fremd- oder selbst verletzendem Verhalten sinnvoll sind.
Dabei ist die nötige Effektivität wie aber auch die soziale Angemessenheit einer Massnahme zu berücksichtigen. Das minimieren des Verletzungsrisiko sollte dabei stehts im Zentrum stehen. Hierfür könnte es für die PSA und die Co-Leitung auch eine Möglichkeit sein, eine Weiterbildung bei “Studio 3” zu besuchen.

Pädagogischer Paradigmenwechsel
Die PSA hätte KL2 von der Leiter begleiten und KL1 auf die Leiter lassen können. Dann hätte KL1 ungehindert sein wichtigen Gegenstand holen und die Situation möglicherweise effektiv deeskaliert und sicher bewältigt werden können.
Anschliessend, wenn KL1 seinen wichtigen Gegenstand hat, könnte die PSA ihm etwas anbieten das er gerne tut / mag. Die PSA kann ihm z.B. ein favorisiertes Getränk oder gemeinsames Spiel anbieten. Dadurch würde die PSA KL1 nach der herausfordernden Situation hin zu etwas angenehmem ablenken, was KL1 dabei unterstützen könnten sich zu regulieren. Wenn sich der KL1 dadurch dann später in einem entspannteren Zustand befindet, kann die PSA in einem Gespräch eine allfällig zukünftige Verhaltensänderung mit KL1 thematisieren.

Kritisch-reflektierende Auffassungsweise
Die PSA kann bei der systematischen Reflektion versuchen systematisch zu beobachten, welche Hinweise sie für Anspannungszustände erkennt. Dabei ist es relevant, dass sie eine kritisch- reflektierende Auffassungsweise hat, wobei
sie sich auch mit ihrer eigenen Anspannung und dessen Einfluss beschäftigt. Dies hängt eng mit den eigenen Werten und Normen zusammen, die die PSA in ihrem Handeln leiten und inwiefern sie dabei KL1 von Norm und Wert geprägte
Erwartungen und Beurteilungen in Bezug seinen Verhaltensweisen in entsprechenden Situationen entgegen bringt.
Zusätzlich hat die PSA auch immer die Möglichkeit KL1 mit einzubeziehen und nachzufragen, wie KL1 von ihr in solchen Situationen gerne begleitet werden möchte.

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