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Ausbildungsgespräch führen / Praxisausbildungsgespräch zum Thema Nähe-Distanz

  • Das reflektierende PA Gespräch dient der Reflexion, und Analyse von erlebten Situationen des professionellen Handelns und der Planung von Zukünftigen.
  • Das Gespräch ermöglicht Lernen in einem geschützten Rahmen (Vertrauen, Ausbildung, Wertschätzung, Fehlerkultur). Kooperation, Dialog und Kommunikation stehen im Zentrum.
  • PA und Studierende haben unterschiedliche Voraussetzungen (Wissen, Erfahrungen, Macht, Stellung in Organisation) und unterschiedliche Rollen.
  • Das Gespräch dient dazu, die Studierenden zu unterstützen, zu begleiten und sie anzuregen, ihre eigene authentische Haltung und Ideen zu entwickeln und einzubringen.
  • Es handelt sich um ein vereinbartes Gespräch, das in einem zeitlich definierten Rahmen durchgeführt wird.
  • Das Gespräch ist geplant, von allen beteiligten Seiten vorbereitet und wird durch die PA strukturiert und durch die Studierenden dokumentiert.
  • PA zeigt als Modell seine/ihre Kompetenzen und Wissensbestände und legitimiert die eigenen Interventionen.
  • Das Gespräch hat einen zumindest impliziten Bewertungscharakter.

Die Situation findet zwischen einer Studierenden im ersten Ausbildungsjahr und der PA im Rahmen eines Praxisanleitungsgespräch statt. 

Beide arbeiten in einer stationären Einrichtung im Bereich Wohnen, welche Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren, mit psychischen Erkrankungen behandelt. Die Klinik verfügt über drei Stationen, die je in zwei Gruppen aufgeteilt sind. Auf jeder Gruppe befinden sich je nach Belegung zwischen 5 und 7 Klienten. Die Kinder und Jugendlichen sind zwischen 5 und 18 Jahre alt. Je nach Auftrag (z.B. Abklärung, Krisenintervention, Therapieaufenthalt) variiert der Aufenthalt zwischen einigen Tagen bis zu mehreren Monaten. Auf den Gruppen arbeiten Sozialpädagogen/ Sozialpädagoginnen und Pflegefachpersonen zusammen. Durch konsequente interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen dem Betreuungspersonal, den Fachärzt/innen, den Sozialarbeiter/innen, den Therapeut/innen und den Lehrpersonen, wird eine optimale Diagnostik und Behandlung angestrebt. Der teilweise recht turbulente Stationsalltag erfordert eine hohe Flexibilität der Mitarbeitenden.

Auf jeder Station werden die Auszubildenden von einer/einem PA im Alltag begleitet. In diesem Kontext ist es wichtig, dass die SpiA’s adäquat begleitet und auch über mögliche Gefahren aufgeklärt werden.                                                                                                                                     

Der PA ist aufgefallen, dass die Studierende in der täglichen Arbeit mit einer Patientin Mühe hat, den Umgang mit Nähe und Distanz adäquat zu gestalten. Diese Patientin hat in ihrem Alltag starke Stimmungsschwankungen und Schwierigkeiten ihre Emotionen zu erkennen, zu äussern und zu regulieren. Zudem hat die Patientin Probleme in Beziehungssituationen. Personen, welche die Patientin sympathisch findet, werden von ihr idealisiert und mit hohen Erwartungen besetzt. Es kann dann aber auch schnell dazu kommen, dass die Patientin den Kontakt gänzlich abbricht ohne einen ersichtlichen Grund.  

Die PA möchte diese Thematik in einem Praxisanleitungsgespräch mit der Studierenden ansprechen. Die PA hat der Studierenden die Freiheit gegeben, selbst zu entscheiden, wo das Gespräch stattfinden soll. Die Studierende hat sich dafür entschieden, das Praxisausbildungsgespräch während eines Spazierganges zu besprechen.

Erste Sequenz: Gesprächseinstieg – Feedback

Beobachtungsschilderung:

Die PA äussert die Vermutung, dass die Studierende vieles unternimmt, um die von ihr positiv empfundene Beziehung zu dieser Klientin nicht aufs Spiel zu setzen. Sie verbringt sehr viel Zeit mit der Klientin und ermöglicht ihr dadurch mehr als anderen Klienten. Es wirke so, als habe die Studierende Mühe der Klientin klare Grenzen aufzuzeigen. Es mache den Anschein, als würden sich die anderen Klienten dadurch ausgegrenzt und ungerecht behandelt fühlen.

Reflection in Action

  • Emotion SpiA:
    – Die Studierende hat die Befürchtung etwas Falsch gemacht zu haben
    – Angst was die Studierende nun erwartet
    – Anspannung
  • Emotion PA:
    – Unsicherheit, da die PA nicht weiss, wie die Studierende reagieren wird
    – Sorge die falschen Worte zu wählen (evtl. undeutliche Formulierung)
  • Kognition PA:
    – Die PA hat den Auftrag den Lernprozess der Studierenden anzuregen
    – Die PA ist sich bewusst, dass es eine schwierige Situation ist
    – PA möchte der Studierenden Unterstützung anbieten damit sie eine professionelle Haltung entwickeln kann
    – Es ist ein relevantes Thema für die PA und sie möchte das ansprechen
    – Es ist der PA wichtig, das Thema Menschenbild und ihre Haltung zu besprechen 

Zweite Sequenz: Erkennung und Befürchtungen

Die Studierende erkannte die Problematik und meinte, sie möchte ihr Verhalten der Klientin gegenüber ändern, ihr die nötigen Grenzen aufzeigen und die Klientin wie alle anderen behandeln. Es würde ihr aber sehr schwer fallen, da sie befürchtet, dass die Klientin dann die Beziehung zu ihr abbricht.

Reflection in Action

  • Emotion SpiA:
    – Die Studierende fühlt sich verstanden
    – Die Studierende befürchtet, dass die Klientin die Beziehung zu ihr abbrechen wird
  • Emotion PA:
    – Die PA fühlt sich entspannter
    – Die PA fühlt sich verstanden
  • Kognition PA:
    – Es ist der PA wichtig, dass beide vom Gleichen sprechen
    – Die PA macht sich Gedanken, ob sich die Situation ändern wird
    – Die PA möchte die Studierende darin unterstützen, dass sie sich vor einem Beziehungsabbruch nicht fürchten muss
    – Es ist der PA wichtig, dass die Studierende lernt sich abzugrenzen damit sie professionell und handlungsfähig bleibt

Dritte Sequenz: Anleitung zum Reflexionsprozess

Die Studierende wurde von der PA gefragt, was sich ändern würde, wenn sie der Klientin mehr Struktur geben und Grenzen aufzeigen würde. Wie wäre dann die Beziehung zu dieser Klientin? Was könnte die Klientin profitieren und was würde mit der Studierenden passieren, wenn sie sich bewusster abgrenzen würde? 

Reflection in Action

  • Emotion SpiA:
    – Die Studentin fühlt sich mit diesen Fragen abgeholt
    – Sicherheit
  • Emotion PA:
    – PA ist zufrieden mit dem Gesprächsverlauf
    – Die PA fühlt sich wohl in dieser Sequenz 
  • Kognition PA:
    – Die PA wollte mit diesen Fragen einen Denkprozess anregen
    – Der PA war es wichtig, dass sich die Studierende reflektieren konnte
    – Die PA empfindet es als fundamental wichtig, dass sich angehende Sozialpädagogen mit solchen Fragen auseinandersetzen

Vierte Sequenz: Reflexion der SpiA

Die Studierende überlegte sich diese Fragen und sagte, die Klientin würde sich dann wahrscheinlich als selbstwirksamer erleben. Die Klientin könne zusätzlich Vertrauen zu anderen Teamern aufbauen und die Studierende kann bewusst in ihrer Rolle als professionelle Mitarbeiterin bleiben und nicht die Rolle einer Freundin einnehmen. Die Studierende erkannte zudem, dass die Klientin von klaren Grenzen und Strukturen profitieren könnte.

Reflection in Action

  • Emotion SpiA:
    – Die Studentin ist zufrieden mit ihrer Antwort
    – Die Studentin fühlt sich wohl
    – Sie überlegt, wie sie nächstes Mal reagieren wird und fühlt sich anschliessend etwas unsicher
  • Emotion PA:
    – Die PA ist überrascht von dieser differenzierten Antwort
    – Die PA freut sich über diese Aussage der Studierenden 
  • Kognition PA:
    – Die PA erkannte, dass die Studierende die Zusammenhänge erfasst hat
    – Der PA war es wichtig, dass die Studierende Erkenntnisse aus dem Gespräch ziehen kann

Fünfte Sequenz: Abmachung

Die Studierende und die PA haben bei diesem Praxisausbildungsgespräch abgemacht, dass sie die Nähe-Distanz-Thematik präsent haben soll und beim nächsten Praxisausbildungsgespräch die Veränderungen thematisiert werden.

Reflection in Action

  • Emotion SpiA:
    – Die Studierende fühlt sich wohl mit dieser Vorgehensweise
    – Sie fühlt sich verstanden von ihrer PA
    – Die Studierende ist interessiert am weiteren Prozess 
  • Emotion PA:
    – Die PA ist zufrieden mit dieser Abmachung
    – Die PA ist gespannt, welche Veränderungen die Studierende beim nächsten Praxisausbildungsgespräch erkennen kann
  • Kognition PA: 
    – Die PA findet es äusserst wichtig, dass die Studierenden sich mit dem Thema Nähe-Distanz auseinander setzen
    – Die Veränderungen am nächsten Praxisausbildungsgespräch zu analysieren ist essentiell, da so eine Professionalisierung bei der Studierenden stattfinden kann

5.1      Erklärungswissen – Warum handelt die Person (SpiA) in der Situation so?

Sender Empfänger Modell:

Das von Stuart Hall entwickelte Sender Empfänger Modell definiert Kommunikation als Übertragung einer Nachricht von einem Sender A zu einem Empfänger B. Damit der Sender und Empfänger die Nachricht eindeutig verstehen, müssen sie die gleiche Codierung, beziehungsweise Decodierung verwenden.

Die 7 Schritte der Kommunikation des Sender Empfänger Modells:

  • Sender A hat eine Absicht
  • Sender A übersetzt die Absicht in Worte
  • Sender A spricht die Absicht aus
  • Die Nachricht wird übermittelt
  • Empfänger B empfängt die Nachricht – sie hört die Nachricht
  • Empfänger B übersetzt sie
  • Empfänger B interpretiert die Bedeutung 

Jeder dieser 7 Schritte enthalten potentielle Kommunikationsfehler. Sender A und Empfänger B sind gleichermassen daran beteiligt, dass die Kommunikation gelingt. Sender A muss darauf achten, dass ihre Gestik und Mimik kongruent sind mit dem Gesagten und soll sich möglichst klar und unmissverständlich ausdrucken. Empfänger B muss gut zuhören und nachfragen.

Die Unterhaltung zwischen SpiA (Empfänger B) und der PA (Sender A) erfolgt ohne Kommunikationsfehler und kann aus diesem Grund optimal gelöst werden. Die SpiA (Empfänger B) und die PA (Sender A) verwenden die gleiche Codierung, beziehungsweise Decodierung. Die SpiA interpretiert die Nachricht der PA richtig. Die Gestik und Mimik waren demnach kongruent und beide Gesprächsteilnehmerinnen können sich unmissverständlich ausdrucken.

(vgl. Internet:https://www.berufsstrategie.de/bewerbung-karriere-soft-skills/kommunikationsmodelle-sender-empfaenger-modell.php, 05.07.19)

4-Ohren Modell:

Friedemann Schulz von Thun geht bei seinem Kommunikationsmodell, dem Vier-Ohren-Modell, davon aus, dass der Sender einer Nachricht mit vier “Schnäbel” spricht und der Empfänger mit vier “Ohren” hört. Bei einem Gespräch kann eine Nachricht auf vier verschiedene Weisen gesagt, respektive gehört werden, egal ob gewollt oder nicht. Somit kann die Botschaft von beiden Beteiligten unterschiedlich interpretiert werden. Jede Nachricht besteht aus vier Arten von Botschaften: 

  • Sachebene
    Dabei wird die reine Information übermittelt
  • Selbstoffenbarungsebene
    Hinweise zur Persönlichkeit des Senders werden gegeben. Jede Äusserung lässt Rückschlüsse auf Gefühle, Werte und Anschauungen des Senders zu
  • Beziehungsebene
    Lässt erkennen, in welchem Verhältnis die Gesprächspartner zueinander stehen. Diese Beziehung wird sowohl verbal als auch nonverbal durch Tonfall, Gestik und Mimik kommuniziert
  • Appellebene
    Lässt die Wirkung erkennen, die der Sender beim Empfänger erreichen möchte. Auf der Appelebene können Wünsche, Ratschläge und Anweisungen kommuniziert werden

(vgl. Schulz von Thun 2013, S. 51-64)

Die PA versucht bei dem Ausbildungsgespräch die Rückmeldung auf der Sachebene zu kommunizieren. Die SpiA scheint jedoch anfänglich die Inhalte auf der Ebene der Selbstoffenbarung erhalten zu haben. Sie könnte auf Grund des Feedbacks zum Schluss kommen, dass die PA an ihrer Fachkompetenz zweifele („die Praxisausbildnerin ist unzufrieden mit meiner Leistungen“). Als die PA aber mit den Fragen ihren Denkprozess anregte, reflektiert die SpiA die Beziehung zu der Patientin und konnte die Situation vermutlich auf der Sachebene betrachten. Die PA gab ihr am Schluss den Auftrag das Thema Nähe-Distanz präsent zu haben und bei den nächsten Ausbildungsgesprächen zu besprechen. Die wurde von der PA als Appell formuliert und kam scheinbar auch so bei der SpiA an.

5.2      Interventionswissen – Wie kann ich als professionelle Fachperson handeln?

Personenzentrierte Ansatz:

Um ein Gespräch in dieser Art adäquat führen zu können, ist es von grosser Wichtigkeit kongruent, emphatisch und wertschätzend zu sein. Der personenzentrierter Ansatz von Carl Rogers geht davon aus, dass das Individuum und nicht das Problem im Mittelpunkt steht. Das Problem zu lösen, ist nicht das primäre Ziel, sondern dem Menschen zu helfen Entwicklung zu machen, damit mit dem gegenwärtigen Problem und anderen Stolpersteinen bestmöglich umgehen kann. Der Mensch hat ein natürliches Bedürfnis zur Weiterentwicklung und zur Entfaltung seiner Fähigkeiten. Im Laufe seiner Entwicklung macht der Mensch Erfahrungen. Jede subjektive Wahrnehmung, ob bewusst oder unbewusst, trägt zu den Erfahrungen des Individuums bei.  Ein weiterer Aspekt in Carl Rogers Theorie ist die Beziehungangewiesenheit des Menschen. Das bedeutet, dass sich der Mensch nur in Beziehung konstruktiv entwickeln und Fehlentwicklungen korrigieren kann. C. Rogers beschreibt drei Grundhaltungen, welche der Berater einnehmen sollte, um einen Prozess bei seinem gegenüber anzuregen:

  • Kongruenz (Echtheit, Authentizität, Übereinstimmung mit sich Selbst)
  • Akzeptanz (Akzeptanz, Wertschätzung, Wertung ohne Bewertung)
  • Empathie (einfühlendes Verstehen, Reflektieren von Gefühlen)

(vgl. Internet: https://card2brain.ch/box/sozialpaedagogik_thema_carl_rogers_und_personenzentrierte_haltung, 11.07.19)

Die PA zeigte sich kongruent und emphatisch, in dem mit der Studierenden nach draussen ging und ihr die Freiheit liess, den Ort für das Gespräch selber auszusuchen. Die PA stellte spezifische Fragen in einer wertschätzenden Art. Mit diesen Fragen hatte die Studierende die Möglichkeit, sich besser reflektieren zu können. Da die PA und die Studierende eine Beziehung auf Augenhöhe führen, kann die Studierende die Rückmeldung der PA gut annehmen und Fehlentwicklungen adäquat korrigieren.

Feedback-Regeln:

 Die PA muss Regeln kennen und anwenden können, mit denen Feedback richtig und konstruktiv gegeben werden können. Folgende Grundsätze sind dabei zu berücksichtigen:

  • passender Zeitpunkt und Ort
  • beschreibend
  • Klare Ich-Botschaften
  • Klare Aussagen, keine Verallgemeinerungen oder Übertreibungen
  • Konkrete Beispiele
  • bezieht sich auf Beobachtungen
  • Eigene Erwartungen klar kommunizieren
  • Respektvoller und wertschätzender Umgang

Als Feedbacknehmer muss folgendes berücksichtiget werden:

  • aktiv zuhören und Beobachtungen vom Gegenüber akzeptieren
  • Rückfragen bei Unklarheiten
  • das wichtigste zusammenfassen
  • keine Rechtfertigungen, Verteidigungen oder Erklärungen

Die PA wählte ein passender Ort für die Rückmeldung und ein geeigneter Zeitpunkt für die Übermittlung. Die Beobachtung wurde beschreibend und mit Beispielen untermalt und die PA machte klare Ich-Botschaften. Im Allgemeinen wurden die Feedbackregeln während dem Gespräch angewendet. Die Lernende ging nicht in Verteidigungsposition, sondern hörte aktiv zu und schien die Beobachtung von der PA zu akzeptieren. Dies verhalf zu einem positiven Verlauf des Gespräches.

(vgl. Internet: https://organisationsberatung.net/feedbackregeln-feedback-geben/, 11.07.19)

Aktives Zuhören

Durch aktives Zuhören (paraverbale Zuhörsignale, Blickkontakt, kurzes Zusammenfassen des Gesagten) kann der Inhalt eines Gespräches besser verarbeitet werden (vgl. Widulle 2012: S. 104). Voraussetzungen für das aktive zuhören sind, dass man dem Gesprächspartner die volle Aufmerksamkeit schenkt, keine Ergänzungen zum Gesagten macht, die Zusammenhänge der Äusserungen versteht und seine eigene Wahrnehmung kritisch überprüft. Das wichtigste beim aktiven zuhören ist das Wiederholen der sachlichen (paraphrasieren) und der emotionalen (verbalisieren) Aussagen. (vgl. Crisand 1982, S.73)

Die SpiA und die PA hören einander aktiv zu. Sie halten adäquaten Blickkontakt und schenken einander die volle Aufmerksamkeit. Die PA paraphrasiert und verbalisiert die Aussagen der SpiA. So wird der SpiA klar, dass sie befürchtet, dass die Patientin den Kontakt/ Beziehung zu ihr abbrechen könnte, wenn sie sich ihr gegenüber anders verhalten könnte.

5.3      Erfahrungswissen – Woran erinnere ich mich, was kenne ich aus ähnlichen Situationen?

  • Die PA war selbst in einer ähnlichen Situation als ehemalige Praktikantin
  • Im Kontext der Psychiatrie ist es wichtig zu wissen, wie mit Nähe-Distanz umzugehen ist. Zu viel Nähe kann Rollenvermischungen und Loyalitätskonflikte auslösen. Wenn die Studierende zu distanziert ist, ist die Beziehungsgestaltung erschwert
  • Die PA begleitet schon längere Zeit Auszubildende und besitzt somit Erfahrung in Führen von Praxisausbildungsgesprächen

 5.4      Organisations- und Kontextwissen – Welche Rahmenbedingungen beeinflussen mein Handeln?

  • In der psychiatrischen Klinik ist darauf zu achten, dass die Mitarbeiter eine gesunde Nähe-Distanz zum Klientel haben und dass sie eine professionelle Rolle einnehmen. Wenn dem Studierenden das nicht immer gelingt, ist es der Auftrag von der PA, die Studierende darüber aufzuklären
  • Vorgegebene Arbeitsabläufe der Institution beeinflussen das Handeln der PA
  • Das Ausbildungskonzept der Institution hat Einfluss auf das Handel
  • Vorgaben und Erwartungen der Fachhochschule an die Studierende
  • Vorgaben und Erwartungen der Fachhochschule an die Praxisausbildnerin
  • Alle zwei Wochen finden Praxisausbildungsgespräche von jeweils 60 Minuten statt. In diesen Gespräch können unter anderem solche Themen angeschaut werden

5.5      Fähigkeiten – Was muss ich als professionelle Fachperson können?

  • Die PA soll emphatisch und wertschätzend auf sein Gegenüber reagieren können
  • Die professionelle Fachperson muss sein/ ihr eigenes Handeln reflektieren und entsprechend anpassen können – beispielsweise Wortwahl anpassen 
  • Fähigkeit Entwicklungsprozesse bei den Lernenden anzuregen
  • Die PA soll authentisch und ehrlich bleiben
  • Die PA soll Beobachtungen auf den Punkt bringen
  • Die PA sollte diverse Kommunikationstheorien und Kommunikationsmethoden kennen und sinnvoll einsetzen können

5.6      Organisationale, infrastrukturelle, zeitliche, materielle Voraussetzungen – Womit kann ich handeln?

  • Die PA-Gespräche sind zeitlich beschränkt
  • Infrastrukturen können angepasst werden → Möglichkeit raus und Spazieren zu gehen
  • offene Fehler und Feedback-Kultur
  • Die Praxisausbildungsgespräche werden von den Lernenden protokolliert → Die Inhalte können jederzeit abgerufen werden

5.7      Wertewissen – Woraufhin richte ich mein Handeln aus? Welches sind die zentralen Werte in dieser Situation, die ich als handelnde Fachperson berücksichtigen will?

  • Offenheit
  • Vertrauen und Beziehung
  • Ehrlichkeit und Transparenz
  • Respektvoller und wertschätzender Umgang
  • Empathie 
  • Reflexionsfähigkeit
  • Authentizität 
  • Orientierung am Ausbildungskonzept und Leitbild der Organisation
  • Erwartungen im Spannungsfeld Hochschule, Praxisausbildungsplatz, PA und Studierende sind geklärt.
  • Kooperationsbereitschaft zwischen Studierende und PA bleibt bestehen (wertschätzend).
  • Arbeitsbündnis ist hergestellt bzw. bleibt bestehen, ist gefestigt.
  • Reflexionsfähigkeit ist gefördert.
  • Prinzipien der personenzentrierten Gesprächsführung sind realisiert.
  • PA nimmt die Verantwortung als Gestaltende/r der Lernprozesse wahr.
  • Verantwortlichkeiten der Beteiligten sind geklärt.
  • PA nimmt ihre/seine Funktion als Überprüfungsinstanz verschiedenster Prozesse wahr.
  • Bedingungen für die Weiterentwicklung der beruflichen Identität (Habitus) sind gegeben.
  • Theorie-Praxis-Relationierung findet statt.
  • Es wird thematisiert, wie Auszubildende Lernanregungen in ihr professionelles Handeln integrieren können.
  • Indem die Studierende gefragt wurde: was sich ändern würde, wenn sie der Klientin mehr Struktur und Grenzen aufzeigen würde. Wie wäre dann die Beziehung zu dieser Klientin? Was könnte die Klientin profitieren und was würde mit der Studierenden passieren, wenn sie sich bewusster abgrenzen würde, wurde der Reflexionsprozess der Studierende angeregt. 
  • Der personenzentrierte Ansatz nach Rogers wurde in der Gesprächsführung umgesetzt. Die PA zeigte sich emphatisch und wertschätzend, da der PA aufgefallen ist, dass die Studierende in der täglichen Arbeit mit einer Klientin Mühe hat sich abzugrenzen. Und diese Thematik in einem Anleitungsgespräch mit der Studierenden angesprochen hat. Die PA hat sich vorgängig damit auseinandergesetzt.
  • Die Praxisausbildnerin äussert ihre Kritik wertschätzende, subjektiv, konkret, beschreibend und brauchbar – somit konstruktiv. Die Studierende rechtfertigt sich, hat keine Einsicht und geht in eine Abwehrhaltung über – somit nimmt sie die Kritik nicht konstruktiv an. Der Widerstand der Studierenden wird von der Praxisausbildnerin akzeptiert und sie reagiert darauf wertschätzenden und empathisch (s. motivierende Gesprächsführung).

(Um eine Weiterentwicklung des beruflichen Habitus erzielen zu können, hätte man……) 

Die PA hätte alternativ fragen können, ob sie ein kritisches Feedback geben darf und ob die Lernende sich vorstellen kann, um welches Thema sich handelt. Aufgrund der Theorie “Lernen am Modell” hätte dies die Lernende vermutlich integriert und beim nächsten Gespräch mit jemand anderem angewendet.

Die PA hätte eine Identitätslandkarte erstellen können, um so mit der Lernenden schauen können, ob es früher schon ähnliche Situationen gab, bei denen sie Angst von Beziehungsabbrüchen hatte.

Alternativ könnte auch ein Rollenspiel als Handlungsalternative gewählt werden zum Qualitätsstandard “PA nimmt ihre Verantwortung als GestalterIn der Lernprozesse wahr”

Für einen Perspektivenwechsel könnte möglicherweise ein Rollenspiel sinnvoll sein. Durch einen Tausch der Rollen sind beide Gesprächspartner dazu angeregt, sich intensiver mit der Sichtweise des Gegenübers zu befassen. Eventuell würde dies die Praktikantin dabei unterstützen, eigene, realistische Wünsche zu formulieren.

  • Schulz von Thun, Friedemann (2013): Miteinander reden: 1. Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH.
  • Crisand, Ekkehard (1982): Psychologie der Gesprächsführung, Heidelberg: Sauer-Verlag 1982.
  • Widulle, Wolfgang (2012): Gesprächsführung in der Sozialen Arbeit, 2.Auflage, VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Sender-Empfänger-Modell (2019): https://www.berufsstrategie.de/bewerbung-karriere-soft-skills/kommunikationsmodelle-sender-empfaenger-modell.php, 05.07.2019
  • Personenzentrierte Ansatz (2019): https://card2brain.ch/box/sozialpaedagogik_thema_carl_rogers_und_personenzentrierte_haltung, 11.07.19
  • Feedbackregeln (2019): https://organisationsberatung.net/feedbackregeln-feedback-geben/, 11.07.19

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